SN49 Stellungnahme des bdo zum Referentenentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personenbeförderungsrechts“
Stellungnahme des bdo zum Referentenentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personenbeförderungsrechts“
Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) bedankt sich für die eingeräumte Möglichkeit, zum oben genannten Referentenentwurf Stellung nehmen zu dürfen.
I. Grundsätzliches
Das Personenbeförderungsrecht ist die zentrale Vorschrift für den ÖPNV in Deutschland. Die vergan-genen Novellen haben gezeigt, dass auch nur kleine Änderungen an diesem sehr ausgewogenen aber auch komplexen Gesetz erhebliche Auswirkungen auf die Verkehrsunternehmen und Kommunen; damit letztlich auf die gesamte Struktur und Qualität des ÖPNV haben können. Vor diesem Hintergrund be-grüßt der bdo die Einsetzung der Findungskommission durch das BMVI. So zeigt dieses besondere gewählte Verfahren das Bewusstsein über die Komplexität von Chancen aber auch Risiken, die mit einer Novelle einhergehen.
Auch wenn der bdo im Hinblick auf die Genehmigung und Finanzierung von eigenwirtschaftlichen Ver-kehren seit der letzten Novelle des PBefG Änderungsbedarf sieht, akzeptiert er die Beschlusslage der Findungskommission, sich in dieser Novelle auf Änderungen von digitalen Geschäftsmodellen im Be-reich der gewerblichen Personenbeförderung mit Personenkraftwagen zu beschränken. Die nachfol-genden Anmerkungen beziehen sich daher auf Bedenken des bdo im Hinblick auf diese Grenzziehung, werden also nur dann geäußert, wenn die Interessen von privaten im Wettbewerb befindlichen Busun-ternehmen betroffen sind. Im ersten Teil der Stellungnahme äußert sich der bdo zu Neuregelungen des Referentenentwurfs. In Teil II weisen wir auf für den Fernbus relevante Punkte hin, die nicht im Refe-rentenentwurf enthalten sind, aber trotzdem geregelt werden müssten.
II. Stellungnahme zum Referentenentwurf
Artikel 1 Nr. 2 (§ 1a neu): Umweltverträglichkeit
Bei dem an verschiedenen Stellen neu eingefügten Begriff „Umweltverträglichkeit“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtbegriff, der alles Erdenkliche beinhalten könnte. Der bdo unterstützt die Ziele des Umwelt- und Klimaschutzes. Es muss aber sichergestellt werden, dass diese wichtigen Ziele auch mithilfe von eigenwirtschaftlichen Verkehren erreicht werden können. Der bdo verweist hier an das An-schreiben zur Anhörung, indem es heißt: “Hinweisen möchten wir darauf, dass die Findungskommission hinsichtlich des Auftrags aus dem Koalitionsvertrag, im PBefG klarzustellen, dass über die Nahverkehrs-pläne soziale Standards zum Schutz der Beschäftigten sowie qualitative und ökologische Standards auch für eigenwirtschaftliche Verkehre gelten, keinen Beschluss gefasst hat. Die Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundestag haben entschieden, diesen Auftrag in der 19. Legislaturperiode nicht weiter-zuverfolgen.“ Dieser Beschlusslage wird die Verwendung eines solchen weit auslegbaren unbestimmten Rechtsbegriffs nicht gerecht. Der Begriff ist daher sowohl hier, wie auch als „Folgefehler“ in den anderen Vorschriften zu streichen, mindestens jedoch genau zu definieren. Bei dieser Definition ist klarzustellen, dass bei eigenwirtschaftlichen Verkehren die hierdurch entstehenden Mehrkosten zwingend so auszugleichen sind, dass die Eigenwirtschaftlichkeit sowohl im Betrieb, als auch bei der Wiederbeantragung hierdurch nicht beeinträchtigt wird.
Artikel 1 Nr. 3 (§ 2 Abs. 1a neu): Genehmigungspflicht für Subunternehmer
Die Vorgaben führen zu einer Genehmigungspflicht nach dem PBefG für alle Subunternehmer, die eine entgeltliche Beförderung von Personen mit Kraftomnibussen durchführen. Eine rein vertragliche Sicher-stellung der Vorgaben der Verordnung Nr. 1370/2009 (subjektive Genehmigungsvoraussetzungen) durch die Subunternehmerverträge wäre damit nicht mehr ausreichend. Der bdo bewerten dies positiv. Es führt dazu, dass nur die Busunternehmen Subunternehmerleistungen erbringen dürfen/können, die eine PBefG-Genehmigung haben und damit auch die subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen (insb. Sicherung und Leistungsfähigkeit des Unternehmens) erfüllen; auf der anderen Seite entsteht jedoch ein zusätzlicher bürokratischer Aufwand.
Der Passus „muss eine Genehmigung nach diesem Gesetz besitzen, die die eingesetzten Fahrzeuge umfasst“ könnte in der Form missverstanden werden, dass eine fahrzeugbezogene Genehmigung er-forderlich ist. Nach den Erläuterungen zum Referentenentwurf möchte man unseres Erachtens nur zum Ausdruck bringen, dass bei der Prüfung der subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen (insb. finanzi-elle Leistungsfähigkeit) alle für die Erbringung der Subunternehmerleistung erforderlichen Fahrzeuge berücksichtigt werden müssen. Es darf jedoch nicht dazu führen, dass es eine Pflicht gibt, jeden einzel-nen Bus auf der Konzession vorher zu registrieren. Dies würde den Unternehmen die nötige Flexibilität nehmen, wenn z.B. aufgrund eines Ausfalls kurzfristig ein Ersatzbus auf der Linie eingesetzt werden muss.
Artikel 1 Nr. 4 (§ 3a neu): Mobilitätsdaten
Mit § 3a (neu) in Verbindung mit Artikel 6 (Mobilitätsdatenverordnung) werden private Busunternehmen (auch wenn sie keine On Demand Dienste anbieten können oder wollen) verpflichtet, hoch sensible und wettbewerbselevante Echtzeitdaten zu Ausfällen, Störungen sowie Verspätungen nebst den vo-raussichtlichen Abfahrts- und Ankunftszeiten sowie der tatsächlichen oder prognostizierten Auslastung sowie Daten zu den Bezahl und Buchungsmöglichkeiten sowie den tatsächlich abgerechneten Kosten zu liefern. Bei Verstößen sollen Bußgelder drohen. Eine Regelung in dieser Form lehnt der bdo aus den folgenden Gründen entschieden ab:
1. Technische Unmöglichkeit, bürokratischer Aufwand, unverhältnismäßige Kosten
Die meisten privaten und mittelständischen Unternehmen sind allein technisch nicht in der Lage, diese Vorgaben zu erfüllen. Sollten die Unternehmen in dieser Weise bußgeldbewährt verpflichtet werden, Daten bereit zu stellen, müssten sie in erheblichen Umfang in entsprechende Technik investieren. Zu-dem würde sich auch bei Vorhalt entsprechender Technik durch die Pflege und Durchführung der Da-tenbereitstellung ein erheblicher bürokratischer Aufwand ergeben, den gerade kleine und mittlere Un-ternehmen nicht darstellen können. Eine solche Vorgabe ist damit unverhältnismäßig. Über die Darstel-lung von Verspätungsinformationen hinaus ist auch kein Mehrwert für die Fahrgäste zu erkennen, der diesen Aufwand rechtfertigen könnte, insbesondere bei eigenwirtschaftlich tätigen privaten und mittel-ständischen Unternehmen.
2. Unzulässiger Eingriff in die unternehmerische Gewerbefreiheit, Benachteiligung im europäischen Wettbewerb, drohende weitere Kommunalisierung
Im Gegensatz zu kommunalen Unternehmen, die im Eigentum des Staates stehen und daher außerhalb des Wettbewerbs von Direktvergaben profitieren und im Rahmen des öffentlichen Dienstleistungsauf-trages auch mit entsprechenden finanziellen Mitteln versehen werden, müssen private Busunternehmen sich in einem sehr schwierigen Wettbewerbsumfeld behaupten. In diesen europaweit vorgegebenen Ausschreibungs- und Genehmigungswettbewerben im klassischen ÖPNV werden mittelständische Busunternehmen nicht mehr bestehen können, wenn inländische und ausländische Wettbewerber wich-tige und sensible Daten und Betriebsgeheimnisse kostenlos und umfangreich erhalten. Der bdo sieht in einer solchen Regelung einen unzulässigen Eingriff in seine verfassungsmäßig garantierten Rechte. Auch ginge eine solche Regelung weit über europäische Vorgaben zur PSI-Richtlinie, die private Un-ternehmen auch aus den zuvor geschilderten Gründen ausnimmt, hinaus. Der deutsche Gesetzgeber würde daher deutsche Busunternehmen massiv im europäischen Wettbewerb benachteiligen. Seit der letzten PBefG Novelle hat eine Kommunalisierung in erheblichem Ausmaß stattgefunden. Private Un-ternehmen sind aus dem Markt gedrängt sowie kommunale Strukturen durch die Aufgabenträger ge-schaffen und ausgeweitet worden. Die Weitergabe von Betriebsgeheimnissen an Aufgabenträger könnte diesen Effekt beschleunigen. Sofern von ÖPNV Betreibern für ihre Fahrgäste Pünktlichkeitsda-ten im klassischen ÖPNV, egal ob freiwillig oder verpflichtend, geliefert werden, ist verpflichtend festzu-schreiben, dass diese Daten nur für die aktuelle Fahrgastinformation genutzt werden dürfen und eine Speicherung unzulässig ist. Dieser Service wird heute schon von vielen Verkehrsunternehmen auf ei-gene Kosten ihren Fahrgästen zur Verfügung gestellt und darf jetzt nicht zum Missbrauch gegen private mittelständischen Verkehrsunternehmen genutzt werden.
3. Kein Grund für die Einbeziehung des klassischen ÖPNV
Der bdo erkennt, dass die Bereitstellung von Daten essenziell für den Ausbau digitaler Poolingverkehre ist. Es ist aber auch erkennbar, dass Deutschland im Bereich der digitalen Infrastruktur, wie z.B. digitales Haltestellenmanagement usw. so weit zurück liegt, dass die Bereitstellung von Unternehmensdaten ins Leere gehen würde. Zudem gibt es bereits steuergeldfinanzierte Projekte, die an Schnittstellenproble-matiken und Vernetzungen von Unternehmen und Infrastruktur arbeiten. Der bdo kann daher nicht er-kennen, warum mit der Novelle des PBefG eine doppelte und kostenintensive neue Plattform parallel angestrebt wird.
4. Komplexität des Datenthemas erfordert eigenständiges Regelungssystem
Der bdo verkennt nicht die Unerlässlichkeit einer zukunftsorientierten nationalen Regelung zum Um-gang und zur Bereitstellung von Daten. Dieses Thema ist jedoch so komplex und kann so negative Auswirkungen auf bestehende ÖV Anbieter im Wettbewerb haben, dass wir vorschlagen, die Bereitstel-lung von Daten in diesem Gesetzgebungsverfahren auf die Unternehmen zu beschränken, die On De-mand Dienste anbieten wollen. Für alle anderen Bereiche im ÖPNV, SPNV sowie dem Fernverkehr auf Schiene und Straße sollte der deutsche Gesetzgeber sich die Zeit für ein eigenständiges Gesetzge-bungsverfahren unter Einbeziehung aller Stakeholder geben.
Artikel 1 Nr. 8 (§ 11 Absatz 3 Satz 1 neu): Örtliche Zuständigkeit der Genehmi-gungsbehörde
Bei dieser Formulierung wird nicht deutlich, wie genau die Mehrzahl der Linien bestimmt. Handelt es sich um die Anzahl der Einzellinien im Verhältnis zu allen Linien und spielt auch die Streckenlänge einer Rolle?
Artikel 1 Nr. 9d (§ 12 Abs. 1 neu): Antragstellung Fernbusliniengenehmigung
Im Referentenentwurf findet sich die Formulierung „(…) Zusätzlich soll der Antrag bei einem Personen-fernverkehr geeignete Unterlagen enthalten, aus denen sich ergibt, dass die zuständigen Stellen vor Ort den beantragten Haltestellen zugestimmt haben.“ Diese Verpflichtung stellt die bisherige Genehmi-gungspraxis auf den Kopf, führt einen unnötigen Erlaubnisvorbehalt bei den Haltestellen ein und birgt die Gefahr, den Genehmigungsprozess mindestens zu verlängern oder ihn sogar unmöglich zu machen.
Schon heute haben Gemeinden die Möglichkeit auf die Haltestellenplanung im Fernbusverkehr einzu-wirken. Sie werden im Genehmigungsverfahren von der entsprechenden Genehmigungsbehörde ange-hört. Die Gemeinden haben nach § 14 Abs 4 Satz 2 die Möglichkeit, sich binnen zwei Wochen schriftlich zu äußern. Sollten Fernbusunternehmen und Gemeinden unterschiedliche Positionen bezüglich der Haltestellen haben, wird dies grundsätzlich im Konsens gelöst. Die Fernbusunternehmen haben kein Interesse daran, gegen die Gemeinden Haltestellen durchzusetzen. Für einen reibungslosen Verkehr ist es unerlässlich, dass alle Partner an einem Strang ziehen. Wenn jedoch eine Gemeinde die Frist zur Stellungnahme verstreichen lässt, gilt die Genehmigung als erteilt (Genehmigungsfiktion bzw. fiktiver Verwaltungsakt). Durch den neu eingeführten Satz in § 12 Abs. 1 könnte diese bisherige Genehmi-gungsfiktion ins Leere laufen und bei unterschiedlicher Auslegung des neuen § 12 Abs.1 aus einer Soll-Bestimmung eine Verpflichtung entstehen. Das Verfahren könnte dadurch in der Folge zu verlängerten und erweiterten Anhörungsverfahren mit einer Vielzahl von Beteiligten führen, insbesondere wenn ihm Rahmen des neues Verfahrens Haltestellenbetreiber höchstwahrscheinlich doppelt angehört würden – durch den Fernbuslinienbetreiber und die Genehmigungsbehörde.
Die Praxis zeigt aber, dass insbesondere kleine Kommunen dies aufgrund der Vielzahl der Aufgaben kaum leisten können. Es steht somit zu befürchten, dass für die Zustimmungen von Gemeinden in der Praxis deutlich mehr Zeit benötigt wird als die aktuell maximal zwei Wochen – insbesondere, wenn der Vorgang für jeden einzelnen (Änderungs-)Antrag wiederholt werden muss. Dies könnte dazu führen, dass sich das gesamte Genehmigungsverfahren stark verzögert. Zudem ist damit zu rechnen, dass Genehmigungsbehörden trotz eingereichter Unterlagen weiterhin zusätzlich eine reguläre Anhörung durchführen. Dies würde doppelten bürokratischen Aufwand bedeuten: Zunächst durch den Fernbus-betreiber, dann noch einmal durch die Behörde. Auch die Haltestellenbetreiber wären durch die zweifa-che Abfrage doppelt belastet. Diese Änderung ist daher abzulehnen.
Artikel 1 Nr. 9 (§ 12 Abs. 3a neu): Antragstellung
Der bdo weist darauf hin, dass die neu hinzugekommene Vorgabe, nach der einem Antrag auf Linien-bedarfsverkehr vom Antragsteller „eine Übersichtskarte, in der das beantragte Gebiet und alle in dem Gebiet bereits vorhandenen Verkehre“ abgebildet sind, in der Form nicht möglich ist, da dieser in aller Regel darüber keine Kenntnis hat.
Zu Artikel 1 Nr. 10 (§ 13 Absatz 5a neu): Versagungsgründe und Verkehrseffizienz
Mit dieser Formulierung wird der öffentlichen Hand eine neue Steuerungsmöglichkeit gegeben. Im Zu-sammenhang mit der Versagung einer Genehmigung für den gebündelten Bedarfsverkehr wird der neue unbestimmte Begriff „Verkehrseffizienz“ eingeführt. Es wird letztendlich Aufgabe der Rechtsprechung sein, den Begriff zu konkretisieren. Dies birgt Jahre der Rechtsunsicherheit. Aus unserer Sicht erscheint daher die Formulierung aus vorherigen Entwurfsfassungen „keine wesentliche Verbesserung der Verkehrsbedienung eintritt, weil die vorhandenen gebündelten Bedarfsverkehre diese Verkehrsaufgaben bereits wahrnehmen“ zielführender.
Es erschließt sich für den bdo nicht, warum ein solcher Versagungsgrund nur für gebündelte Bedarfs-verkehre nach § 50 (neu), jedoch nicht für die ebenfalls mit § 44 neu eingeführten Linienbedarfsverkehre gelten solle. Auch bei diesen muss schließlich klar geregelt sein, dass zusätzlichen Verkehre nicht ge-nehmigungsfähig sind, wenn sie zu keiner wesentlichen Verbesserung der Verkehrsbedienung führen.
Wir schlagen daher folgende Formulierung in 5b (neu) vor: „Bei einem Linienbedarfsverkehr kann die Genehmigung versagt werden, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträchtigt wer-den, dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs die Verkehrseffizienz im beantragten Bedien-gebiet nicht mehr sichergestellt ist. Hierbei ist für den Bezirk der Genehmigungsbehörde die Festset-zung zur zulässigen Höchstzahl der genehmigungsfähigen Fahrzeuge der zuständigen Behörde zu be-rücksichtigen.“
Artikel 1 Nr. 15b (§ 23 Absatz 3 neu): Mobilitätshilfen
Hier fehlt eine genaue Definition der Mobilitätshilfen. Der bdo regt eine entsprechende Klarstellung an zur Bezugnahme auf die einschlägige Verordnung Nr. 181/2011. Nach Art. 17 der Verordnung Nr. 181/2011 umfasst die in § 23 Absatz 3 neu angesprochene Haftung des Verkehrsunternehmens den Verlust oder die Beschädigung von Rollstühlen und anderen Mobilitätshilfen oder Hilfsgeräten.
Artikel 1 Nr. 18 (§ 40 neu): Fahrplanänderung
Der bdo begrüßt außerordentlich die Erleichterungen bei geringfügigen Fahrplanänderungen. Künftig werden baustellenbedingte Fahrplanänderungen, die nicht länger als 6 Monate gelten, als geringfügig eingestuft. Für solche Änderungen ist es nicht mehr erforderlich, dass die Zustimmung der Genehmi-gungsbehörde eingeholt werden muss. Dies bedeutet eine erhebliche bürokratische Entlastung. Grund-sätzlich sollte generell dazu übergegangen werden, dass die Anzeige von Fahrplänen sowie Änderun-gen ausreicht und eine Genehmigung nicht erforderlich ist.
Artikel 1 Nr. 20 (§ 42b neu): Rollstuhlplätze
Der bdo weist dringend darauf hin, dass die Zahl der Stellplätze für Rollstuhlnutzer auf einen Stellplatz im Fahrzeug beschränkt werden muss. Es ist im internationalen Standard völlig unüblich und in der Praxis auch nicht erforderlich, mehr als einen Stellplatz vorzuhalten. In der erweiterten Regelung allein für den Linienfernverkehr in und aus Deutschland kommt zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber bei der „Freigabe“ des Linienfernverkehrs mit Bussen im Grunde genommen dieser „neuen“ Verkehrsform ab-lehnend gegenüberstand. Im Verhältnis zum Fernverkehr auf der Schiene sollte der Busverkehr es von vornherein schwerer haben. In der Praxis hat diese Regelung zu unwirtschaftlichen Nachrüstungen und Einzelanfertigungen geführt, weil es keine Fahrzeuge gibt, die zwei Rollstuhlplatze serienmäßig vorse-hen. Deutsche Fernbusanbieter haben damit einen wettbewerblichen Nachteil.
Artikel 1 Nr. 21 (§ 44 neu): Linienbedarfsverkehr
Im Vergleich zur letzten Entwurfsfassung wurde der Begriff des Linienbedarfsverkehrs erweitert; Linien-bedarfsverkehr im Sinne des § 44 neu liegt nun nicht mehr nur vor, wenn der Verkehr ausschließlich mit Personenkraftwagen durchgeführt wird. Der Linienbedarfsverkehr muss in den Nahverkehrstarif ein-gebunden sein. Ein pauschaler Zuschlag hat den Zweck, ein „Abheben“ vom klassischen ÖPNV in Form eines „Komfortzuschlags“ zu erreichen. Unklar ist jedoch, ob der Zuschlag erhoben werden muss (siehe Gesetzestext „wird erhoben“) oder nur kann (siehe Gesetzesbegründung). Der bdo begrüßt die Schaf-fung derartiger Bedarfsverkehre ausdrücklich, da flexible Formen einen wichtigen qualitativen Gewinn des ÖPNV insbesondere außerhalb der Ballungsräume darstellen können. Es muss allerdings dringend sichergestellt werden, dass es zu keiner Konkurrenz zum „normalen“ Linienverkehr kommt. Hierfür verweisen wir sowohl auf die detaillierte Gesetzesbegründung (S. 33f), die klare Vorgaben an neue flexible Angebote, die bestehende Angebote im ÖPNV ergänzen und verdichten oder unter bestimmten Bedin-gungen sogar ersetzen können, macht, als auch auf den neu hinzugefügten § 13 Abs. 5a (Versagungs-gründe gebündelter Bedarfsverkehre). Die Etablierung von Linienbedarfsverkehren obliegt den Aufga-benträgern im Rahmen der Nahverkehrspläne. Sie sollte – insbesondere in den Fällen, in denen beste-hende ÖPNV-Angebote ersetzt werden – nur auf Basis belastbarer Daten erfolgen und die öffentlichen Verkehrsinteressen in ausreichender Form berücksichtigen.
Artikel 1 Nr. 33 (§ 64c neu): Barrierefreiheit
Es ist zu begrüßen, dass die möglichst weitgehende Barrierefreiheit erst ab einer Anzahl von 20 Fahr-zeugen im Unternehmen gilt. 5 % der betriebenen Fahrzeuge im Taxi- und im gebündelten Bedarfsver-kehr eines Unternehmers sollen möglichst weitgehend barrierefrei sein. Welche Vorgabe gilt, wenn 5 % des Fuhrparks keine „ganzen“ Fahrzeugeinheiten ergeben (z.B. 5 % von 25 Fahrzeugen = 1,25)?
§ 16 Absatz 2 PBefG: Geltungsdauer von Genehmigungen verlängern
Vor dem Hintergrund des Klimaschutzes und der hiermit in Zusammenhang stehenden Clean Vehicles Directive regt der bdo dringend an, die Geltungsdauer der Genehmigung für den Linienverkehr (§ 16 Abs. 2 PBefG) auf 15 Jahre hoch zu setzen. Gemäß Artikel 4 Absatz 4 der VO 1370 sind Laufzeitver-längerungen öffentlicher Dienstleistungsverträge um 50 Prozent zulässig, wenn entsprechende Investi-tionen (z.B. Ladeinfrastruktur auf den Betriebshöfen) getätigt werden müssen. Im Busbereich wären somit 15 Jahre Laufzeit möglich. In Anbetracht der langen Amortisationsdauer notwendiger Investitionen halten wir es für unabdingbar, die Geltungsdauer der Genehmigung für Linienverkehr mit Kraftomnibus-sen zu verlängern. Die verlängerte Genehmigungsdauer muss dabei genauso und erst recht für eigen-wirtschaftliche Genehmigungen gelten, auch wenn bzw. weil es mit E-Bussen noch schwieriger sein wird, ohne spezifischen Zuschuss den Verkehr darzustellen. Das ist aber sichergestellt, denn mit der Formulierung „unter den Voraussetzungen des Artikels 4“ (§ 16 Abs. Satz 3 PBefG) ist nicht vorausge-setzt, dass der (länger laufenden) Genehmigung ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag zugrunde liegen muss.
III. Weiterer Änderungsbedarf aus Sicht des Fernbusverkehrs
Die Öffnung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) für Fernbusverkehre bei der letzten Novelle hat die Erfolgsgeschichte Fernbus erst möglich gemacht. Es bedarf aber weiterer Anpassungen, um noch bestehende, meist bürokratische Hürden zu beseitigen. Die Novelle des PBefG bietet jetzt die Gelegenheit, den umweltfreundlichsten motorisierten Verkehrsträger durch verbesserte gesetzliche Rahmenbedingungen zu stärken.
Verfahren vereinfachen und digitalisieren
Der Beantragungsprozess von Personenfernverkehren nach § 42a PBefG existiert aktuell nahezu aus-schließlich in Papierform. Auch die Genehmigungsurkunden sind im Original in Schriftform auf jedem eingesetzten Bus mitzuführen. Die aktuellen Regelungen verursachen sowohl bei den Genehmigungs-behörden als auch bei den Antragstellern einen enormen bürokratischen Aufwand. Eine Digitale Lösung z.B. mit Tablets auf Bussen sowie ein bundeseinheitlicher digitaler Antragsprozess für Linienfernverkehr würde sowohl die Behörden als auch die Beförderungsunternehmen enorm entlasten. Eine Änderung des § 5 PBefG und/oder die Schaffung einer Regelung zur Digitalisierung des Antragsprozesses und der Linienkonzessionen wären hier die Lösung.
Schaffung einer bundeseinheitlichen Genehmigungsstelle
Gemäß § 11 Abs. 1 PBefG wird die Liniengenehmigung von einer Behörde erteilt, die von der Landes-regierung bestimmt wurde. In der Praxis führt dies dazu, dass die zuständigen Genehmigungsbehörden in vielen Bundesländern variieren. Dies kompliziert die Genehmigungsverfahren für Antragsteller und Behörden unnötig, da die Verfahren dadurch besonders kleinteilig und zerklüftet werden (unterschiedli-che Ansprechpartner, verschiedene Verwaltungsebenen, unterschiedliche Zuständigkeiten). Mit einer bundeseinheitlichen Genehmigungsstelle würde nicht nur eine einheitliche Plattform für den Antragstel-ler geschaffen, sondern es wäre auch sichergestellt, dass die Regelungen für das Antragsverfahren einheitlich und korrekt angewendet werden. Erforderlich wäre hier eine Änderung des § 11 Abs. 1 PBefG zur Schaffung einer bundeseinheitlichen Genehmigungsstelle.
Alternativ wären auch eine Konkretisierung der Vorschriften sowie eine bundeseinheitliche Praxis und Auslegung der PBefG-Genehmigungsvorschriften für Linienfernverkehr sinnvoll. Denn aufgrund von Un-schärfen hinsichtlich der Genehmigungsvorschriften des PBefG für Linienfernverkehre existieren in der Praxis zwischen den verschiedenen Bundesländern diverse Unterschiede im Liniengenehmigungsver-fahren. Durch eine bundeseinheitliche Praxis und Auslegung könnten Genehmigungsverfahren für An-tragsteller und Behörden vereinfacht und beschleunigt werden.