SN16 bdo SN Finanzierung
bdo zur Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung
Berlin, 08.05.2012
Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e.V. (bdo) ist der Spitzenverband der privaten Omnibusbranche in der Bundesrepublik Deutschland. Er vertritt auf Bundesebene und im internationalen Bereich die gewerbepolitischen und fachlichen Interessen von rund 3.000 Busunternehmern, die sich im Öffentlichen Personennahverkehr, in der Bustouristik und im Busfernlinienverkehr engagieren und unter dem Dach des bdo zusammengeschlossen haben.
1. Das mittelständische Omnibusgewerbe (Zahlen und Fakten)
Der Bus ist nicht nur ein wichtiger Verkehrsanbieter im ÖPNV und ein wichtiges Standbein des deutschen Tourismus, er sichert auch die Arbeitsplätze von rund 144.000 Menschen in Deutschland. Insgesamt sind rund 750.000 Jobs direkt oder indirekt vom Omnibus abhängig.
Knapp 46.000 Arbeitsplätze sind direkt in der Bustouristik verankert. Stärker als die eigentlichen Busunternehmen profitieren in Bezug auf die Arbeitsplätze die Leistungserbringer in den Zielgebieten. Fast 80.000 Beschäftigte erzielen ihr Einkommen in Hotels, Gaststätten und Kultureinrichtungen, welche unmittelbar von den Leistungsbausteinen bei Busreisen abhängen. Weitere 52.000 Arbeitsplätze werden in den Zielgebieten bei Gastronomie und Handel für die von Bustouristen getätigten Zusatzausgaben gesichert. Mit einem Arbeitsplatz in Busunternehmen profitieren damit 4,7 Beschäftigte in anderen Betrieben. Im Jahr 2010 wurden mit Omnibussen 5,6 Milliarden Fahrgäste befördert. 5,5 Milliarden nutzten den Omnibus im Öffentlichen Personennahverkehr. Damit entfiel knapp die Hälfte (48%) aller Verkehrsmittelfahrten im Liniennahverkehr auf Omnibusse. 79 Millionen Passagiere verzeichnete der Gelegenheitsverkehr und 2,8 Millionen Fahrgäste entfielen auf den Linienfernverkehr mit Omnibussen.
Insgesamt wurden mit Omnibussen im Jahr 2010 39 Milliarden Personenkilometer im Busliniennahverkehr zurückgelegt. Der Gelegenheitsnahverkehr wurde mit 0,8 Milliarden Personenkilometern verbucht. Im Omnibuslinienfernverkehr wurde eine Beförderungsleistung von 22 Milliarden Personenkilometern erbracht. Davon waren 5,5 Prozent im Linienfernverkehr (1,2 Milliarden) und 94,5 Prozent (20,8 Milliarden) im Gelegenheitsfernverkehr. Die Beförderungsleistung mit Omnibussen nahm damit im Vergleich zum Vorjahr um 1,4 Prozent ab.
Das private Omnibusgewerbe zählt in Deutschland 4.295 Unternehmen. Trotz der geringen Unternehmensgrößen hat die Busbranche mit ihren historisch gewachsenen Strukturen schon zahlreiche Wirtschaftskrisen überstanden. Dennoch ist ein Trend zur stetigen Abnahme von Busunternehmen erkennbar. Gegenüber dem Jahr 2001 mit einem Höchststand von 6.097 Unternehmen werden mittlerweile 4.295 und somit 1.802 private Omnibusunternehmen weniger ausgewiesen. Dies zeigt die außerordentliche Notwendigkeit einer starken Rückendeckung des mittelständischen Bustouristikgewerbes durch Schaffung ausgewogener gesetzlicher Rahmenbedingungen.
- Der ländliche Raum
Die Mehrzahl der privaten Busunternehmer ist in der Fläche und dem ländlichen Raum tätig. Diese Unternehmen sorgen damit tagtäglich für die Mobilität der Menschen und stärken dadurch die wirtschaftliche Bedeutung dieser Regionen.
Die wirtschaftliche Stabilität ländlicher Regionen ist die Grundlage für ihre Entwicklung und die Handlungsspielräume der Akteure vor Ort. Gleichzeitig ist sie Voraussetzungen für die Attraktivität des ländlichen Raums als Lebens-, Arbeits-, Erholungs- und Naturraum. Ihr kommt damit eine erhebliche kulturelle und gesamtgesellschaftliche Bedeutung zu.
Ausbildungsverkehre nehmen in der Fläche einen wesentlichen Schwerpunkt ein. Qualitativ hochwertige Bildungsangebote tragen wesentlich dazu bei, dass die Potenziale einer Region genutzt werden können, eine wettbewerbsfähige Wirtschaft erhalten bleibt, das gesellschaftliche und kulturelle Leben bereichert wird und Lebensqualität entsteht. Bildungsangebote beeinflussen immer auch Standortentscheidungen mit. Die Sicherstellung eines differenzierten und nachfragegerechten Bildungsangebots bildet deshalb eine zentrale Herausforderung im ländlichen Raum. Ländliche Räume werden dann erfolgreich sein, wenn es gelingt, eine nachhaltige regionale Wirtschaft aufzubauen und ihre Stärken zu nutzen. Hierzu gehört auch die Sicherung der Produktivität von Fachkräften durch eine hochwertige Schulausbildung. Die Mobilität dieser Personengruppe außerhalb des MIV ist damit unerlässlich. Ein leistungsfähiges Verkehrssystem ist hierfür Voraussetzung. Die Sicherung von Mobilität durch eine effiziente und sichere Verkehrsinfrastruktur und ein ausreichendes Verkehrsangebot gehört daher zu den wichtigsten Aufgaben. Kleinere Städte und Gemeinden im ländlichen Raum sind wichtige Versorgungszentren öffentlicher Dienstleistungen und wirtschaftliche, soziale und kulturelle Mittelpunkte einer Region. Immer mehr sind sie von starkem Bevölkerungsrückgang und Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur betroffen. Es muss diesem Trend entgegen gewirkt werden, will man die Tragfähigkeit der Infrastruktur öffentlicher Daseinsvorsorge in bisheriger Form weiter gewährleisten.
Vor diesem Hintergrund begrüßt der bdo die Demografiestrategie der Bundesregierung und ihre darin enthaltene Aussage: „ Die Finanzzuweisungen des Bundes sind trotz der Konsolidierungserfordernisse der Länder so einzusetzen, dass ein ausreichendes Nahverkehrsangebot möglich ist.“
3. Der Finanzierungsbedarf (Schwerpunkt ländlicher Raum)
Die Einführung der Regionalisierung 1996 und die Mitfinanzierung des ÖPNV aus öffentlichen Kassen sind wesentliche Faktoren für den erreichten hohen Standard. Vergleicht man die Pkw- und ÖPNV-Nutzung, so ergibt sich im Durchschnitt eine deutliche Überlegenheit des ÖPNV bei der Umweltverträglichkeit. Die durch den UNO-Weltklimarat (IPPC) veröffentlichten Erkenntnisse zur Entwicklung des Klimas werden daher noch stärker auf die Mobilität durch ÖPNV-Angebote weisen.
Tatsächlich wurde die öffentliche Finanzierung in den vergangenen Jahren allerdings stark zurück genommen. So wurden z.B. die Regionalisierungsmittel des Bundes durch das Haushaltsbegleitgesetz 2006 stark gekürzt und die Bundesfinanzhilfen des GVFG durch die Föderalismusreform I zum Auslaufmodell erklärt. Weitere Mittelkürzungen, etwa bei den Ausgleichsleistungen für die rabattierte Beförderung von Auszubildenden und bei den Erstattungsleistungen für die Freifahrt schwerbehinderter Menschen waren ebenso zu verzeichnen. Diese hatten und haben Auswirkungen auf die Finanzierungsbasis des ÖPNV-Angebots insbesondere im ländlichen Raum.
Hinzu kommt, dass zahlreiche Bundesländer von der Abweichungsklausel zu § 45 a PBefG (§ 64a PBefG) durch Verlagerung der Mittel auf die Kommunen Gebrauch gemacht haben. Zahlreiche Unternehmen verloren hierdurch ihren Rechtsanspruch auf diese Fahrgeldsurrogate und erhalten aufgrund fehlender Zweckbindungen diese notwendigen Ersatzmittel nicht mehr vollständig.
Auch die für einen hochwertigen ÖPNV in der Fläche notwendige Fahrzeugförderung wurde von vielen Bundesländern eingeschränkt, bzw. sogar gänzlich eingestellt. Dies hat erhebliche negative Auswirkungen auf das Verkehrsangebot mittelständischer Unternehmen in den Regionen. Das Alter der im ÖPNV auf dem Lande eingesetzten Linienbusse ist in den betroffenen Bundesländern zum Teil dramatisch gestiegen, in einzelnen Bundesländern ist das Durchschnittsalter über 10 Jahre.
Die in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegenen Treibstoffkosten werden perspektivisch - sollte hier nicht durch die Politik wirksam entgegen gewirkt werden - zu einer weiteren Ausdünnung der Verkehrsangebote vor allem in der Fläche führen. Hinzu kommt, dass die Omnibusse mit jeder Eurostufe mehr einen deutlichen Mehrverbrauch an Kraftstoff haben, von Euro 0 auf Euro 5 beträgt der Mehrverbrauch etwa 24 %. Zusammen mit den gestiegenen Kraftstoffpreisen bedeutet dies mindestens 50 % Kostensteigerung bei den Energiekosten.
Einer Untersuchung des Finanzierungsbedarf des ÖPNV bis 2025 im Auftrag des VDV, des Deutschen Städtetages sowie zahlreicher Länder ist zu entnehmen, dass sich der konsumtive Finanzierungsbedarf von 8,58 Mrd € im Jahr 2007 um real etwa 6,8 auf 9,16 Mrd. € im Jahr 2025 erhöhen wird und damit um etwa 580 Mio/€ ansteigen wird. Im Bereich Bus steigt der Finanzbedarf von 1,73 Mrd.€ im Jahr 2007 um 30,1 % auf real 2,25 Mrd.€ im Jahr 2025. Dies ist nach Auffassung der Gutachter auf folgende Gründe zurück zu führen: - Aus Gründen der Daseinsvorsorge Beibehaltung eines angemessenen Verkehrsangebots in der Fläche auch bei starker Nachfrageminderung - Zusätzlicher Finanzierungsbedarf für die Optimierung der Busnetzes (Flexible Bedienformen)
4. Die Finanzierungsgrundlagen
Wegen des festgestellten Finanzbedarfs setzt der bdo sich für eine verlässliche Finanzierungsgrundlage ein, auf der die mittelständischen Unternehmen ihre notwendigen Investitionen tätigen können. Wichtigstes Ziel ist hierbei die Stärkung des ländlichen Raums als Wirtschaftsmotor der gesamten Bundesrepublik.
Die Forderungen des bdo hierzu sind:
- Festlegung und Dynamisierung der Entflechtungsmittel für den Zeitraum 2014 bis 2019.
- Zweckbindung der Entflechtungsmittel an die Verkehrsinfrastruktur.
- Dotierung der Regionalisierungsmittel für den Zeitraum 2015 bis 2030 entsprechend des festgestellten Bedarfs. Dynamisierung der Mittel auf mindestens 2,5 % wegen der erheblichen Kostenentwicklungen.
- Bei der Verteilung der Mittel ist dem ländlichen Raum besonderes Augenmerk zu geben. Um der demografischen Entwicklung entgegen zu wirken, dürfen die Regionalisierungsmittel nicht mehr vorrangig der Schiene zur Verfügung gestellt werden, sondern der Feinerschließung des ländlichen Raums gewidmet werden.
- Bei der Mittelzuwendung der Länder an die Städte und Kommunen ist ein so hoher Demografie Faktor einzuführen, dass die Landkreise in die Lage gebracht werden, eine wesentliche Verbesserung der Wohnquartiere im ländlichen Raum durch die Feinerschließung der Bevölkerung zu erzielen.
- Darüber hinaus ist eine bedarfsgerechte Ersatzfinanzierungsquelle für das wegfallende Entflechtungsgesetz und GVFG vorzusehen.
- Der Bund muss wieder die Verantwortung dafür übernehmen, dass Fahrgeldsurrogate, wie z.B. die des § 45 a PBefG den Unternehmen konsequent und in voller Höhe, gesichert durch entsprechendem Rechtsanspruch zur Verfügung gestellt werden.
- Die GVFG Fahrzeugförderung muss auch aus Gründen fairen Wettbewerbs wieder Finanzierungsinstrument unter gleichen Rahmenbedingungen in allen Bundesländern werden.
- Die Kürzungen bei § 45 a PBefG und 145 ff. SGB IX müssen wieder zurück genommen werden.
- Wegen der hohen Treibstoffkosten muss die Mineralölsteuer vollständig zurück erstattet werden.
- Der durch die gesetzliche Einführung der Eurostufen entstehende Mehrverbrauch an Kraftstoff ist den Unternehmen auszugleichen.
5. Finanzierungsquellen
Die Einführung einer Busmaut ist kein geeignetes Mittel zur Deckung des Finanzbedarfs. Grundsätzlich ist bei einer Forderung nach stärkerer Nutzerfinanzierung zu bedenken, dass dieser einkommensspezifische Grenzen gesetzt sind. Die Verbraucherpreise steigen zurzeit stärker als das Haushaltsnettoeinkommen. Die privaten Haushalte schränken ihre Ausgaben für den Verkehr nach den Ermittlungen der Einkommens- und Verbraucherstichprobe 2008 von 247 € im Monat auf 204 € im Monat ein.
Die Einführung einer Busmaut würde erhebliche Auswirkungen auf den gesamten Reisebusmarkt haben und diesen in eine enorme Schieflage bringen. Neben dem ÖPNV wäre der gesamte Reise-, Ausflugs- und Gelegenheitsverkehr von den Belastungen betroffen. Durch diese Vorschläge werden nahezu alle ca. 4.500 privaten Busunternehmen in Deutschland in ihrer Existenz bedroht. Die gesamte mittelständische Busbranche stünde damit vor dem „Aus“. Eine höhere Umweltbelastung erfolgt durch die Verlagerung vom Bus auf den PKW, da die Verlagerung auf die Schiene durch die günstigen Sondertickets ohnehin schon erfolgt ist.
Zudem würde eine Maut zu weiterer Wettbewerbsverzerrung zu Lasten des Omnibusses führen.
Bereits heute zahlen deutsche Omnibusunternehmer für die Nutzung der Bundesautobahnen durch ihre Fahrzeuge mehr als das Dreifache dessen, was sie an Wegekosten verursachen. Laut der Wegekostenberechnung 2009 des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) brachten die deutschen Omnibusse im Jahr 2007 dem Staat Wegeeinnahmen in Form von Mineralölsteuer, Kraftfahrzeugsteuer und Parkgebühren in Höhe von 454 Mio. Euro. Für die Benutzung der Bundesautobahnen liegt der Wegekostendeckungsgrad für deutsche Busse bei 312 Prozent. Sogar ausländische Busse weisen hier einen Kostendeckungsgrad von 134 Prozent auf. Der Fernverkehr der Bahn deckt hingegen laut DIW seine Wegekosten nur zu 56 Prozent. Somit finanziert auch der Straßenverkehr mit dem Omnibus die Schienen in Deutschland. Kein Verkehrsträger erhält eine vergleichbare staatliche Unterstützung wie die Bahn. Jährlich muss der Bund ca. 10 Milliarden Euro für den Schienenverkehr aufbringen. Demgegenüber wird der Busfernverkehr in keiner Weise vom Staat bezuschusst. Im Gegenteil: Der umweltfreundliche Reisebusverkehr wird durch Mineralöl- und Stromsteuer, Kraftfahrzeug- und Umsatzsteuer voll belastet. Die Subventionierung des Flugverkehrs hat das Umweltbundesamt mit über acht Milliarden Euro pro Jahr beziffert (u.a. Mineralöl- und Mehrwertsteuerbefreiung). Dem im August 2011 vorgelegten 23. Subventionsbericht der Bundesregierung ist zu entnehmen, dass der innerdeutsche Flugverkehr mit 640 Mio. Euro und der Schienenverkehr mit 110 Mio. Euro alleine bei der Energiesteuer entlastet werden. Diese Zahlen führen jedem Betrachter klar vor Augen, dass die Forderung nach der Einführung einer Busmaut aus Wettbewerbsgründen weder nachvollziehbar noch gerechtfertigt ist.
Eine Maut schadet dem Verbraucher
Praktisch von Haustür zu Haustür bieten Omnibusbetreiber Menschen jeden Alters und sozialer Schichten eine flexible, bequeme, preiswerte und klimaschonende Möglichkeit, um in den Urlaub zu kommen. Den Verbrauchern könnte auch im Fernlinienverkehr diese günstige und umweltfreundliche Reisealternative eröffnet werden. Dies würde allerdings durch die Einführung einer Busmaut und der damit einhergehenden künstlichen Verteuerung verhindert. Bei Anwendung des aktuellen Mautsatzes für Lkw würde sich z.B. eine Klassenfahrt von Aschaffenburg nach Bad Reichenhall (hin und zurück ca. 1000 km) um 160,- Euro verteuern. Die Fahrgäste von Busreisen sind keine Geschäftsreisenden wie bei der Bahn, sondern ältere Menschen (Rentner) oder junge Menschen (Schulkinder, Studenten, Auszubildende), die preisbewusst verreisen wollen und müssen. In Deutschland wären über 80 Mio. Busfahrgäste betroffen.
Eine Maut benachteiligt den Mittelstand
Die überwiegend familiengeführten privaten Omnibusunternehmen in Deutschland würde eine Busmaut erheblich belasten. Im Gegensatz zum hochsubventionierten Schienenverkehr haben private Busunternehmen keine Möglichkeiten, die Mehrbelastungen mittels Quersubventionen auszugleichen. Die aus der Maut resultierende finanzielle Mehrbelastung wäre vergleichbar mit einer Verdopplung der Mineralölsteuer. Diese schlägt selbst bei modernen Fahrzeugen mit umweltfreundlichen Motoren mit etwa 17,- Euro zu Buche. Die Maut für den größten Teil der derzeit eingesetzten Reisebusse läge nach den aktuellen Lkw-Mautsätzen zwischen 16,90 Euro und 19,00 Euro. Fahrpreiserhöhungen würden im höchst preissensiblen Bussegment zu Fahrgastverlusten und Umsatzrückgängen führen, die mittelständische private Betriebe in den Ruin treiben. Die hochsubventionierten Sondertickets wie „Schönes Wochenende“, „quer durchs Land“, und die Landestickets der einzelnen Bundesländer haben ohnehin schon zu erheblichen Einnahmeverlusten beim privaten Omnibusgewerbe geführt. Mit diesen Tickets fahren Kleingruppen mit 5 Personen für 5,60 € bis 13,20 € einen ganzen Tag mit der Bahn, egal wohin, egal wie weit. Hier wird mit Steuergeldern der Reisebus aus dem Markt gedrängt.
Eine Maut verhindert Umweltschutz
Im Vergleich zu Bahn, Pkw und Flugzeug hat der Reisebus sowohl beim Kraftstoffverbrauch als auch beim Schadstoffausstoß die besten Werte: Der Durchschnittsverbrauch eines Reisebusses liegt je nach Auslastung zwischen 0,5 und 0,9 Liter Diesel pro 100 Kilometer und Fahrgast. Dagegen verbraucht die Bahn im Fernverkehr auf 100 Kilometer umgerechnet 2,5 Liter Diesel pro Person. Das Flugzeug liegt unter Berücksichtigung aller klimawirksamen Effekte bei 5,6 Liter Diesel und der Pkw (gKat) bei 6,0 Litern. Mit 3,1 kg Kohlendioxidausstoß je Person haben Reisebusse im Vergleich zu Bahn, Pkw und Flugzeug mit Abstand auch den geringsten Abgasausstoß. Die Bahn im Fernverkehr kommt hier auf 4,6 kg CO2 pro Person und 100 Kilometer, das Auto auf 13,8 kg. Das Flugzeug liegt unter Berücksichtigung aller klimawirksamen Effekte bei 35,6 kg CO2 pro Person und 100 Kilometer. Eine Busmaut würde unmittelbar zu höheren Fahrpreisen führen und den Busverkehr z.B. auch gegenüber dem Billigflieger und dem Pkw unattraktiver machen und somit die Abwanderung auf umweltschädlichere Verkehrsmittel fördern.
Eine Maut schadet dem Wirtschafts- und Tourismusstandort Deutschland
Der umweltfreundliche Bustourismus generiert laut einer Studie des Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr an der Universität München (dwif) pro Jahr bundesweit einen Umsatz von 10,5 Mrd. Euro und sichert allein in Deutschland rund 205.000 Arbeitsplätze. Das Beherbergungsgewerbe zählt 30 Mio. Übernachtungen durch den Bustourismus in Deutschland. Buskunden zahlen bei Übernachtungsreisen im Inland pro Reisetag ca. 100 Euro, hinzukommen pro Tag Zusatzausgaben in Höhe von 28,30 Euro. Der größte Anteil (57%) der Zusatzausgaben wird im Gastgewerbe ausgegeben, 28,7% fließen in den örtlichen Einzelhandel. Eine Mautpflicht für Fern- und Reisebusse würde das gesamte deutsche Tourismusgewerbe, wie Hotellerie und Gastronomie, treffen. Wird das Reisen mit dem Bus für sein preissensibles Klientel derart verteuert, würde dies zu deutlichen Umsatzrückgängen führen und eine Schwächung des Wirtschafts- und Tourismusstandorts Deutschland bedeuten. Insbesondere der ländliche Raum wird touristisch durch den Bus erschlossen. Die Bewohner des ländlichen Raumes sind außerordentlich reisebusaffin. Die Gastronomie, sowie die Sehenswürdigkeiten im ländlichen Raum sind darauf angewiesen, dass sie vom Reisebus angefahren werden, da als Alternative in der Regel sonst nur der PKW bleibt. Ohne den Reisebus droht der ländliche Raum touristisch ins Abseits zu geraten.
Eine Maut führt zu weiterer Schwächung des ländlichen Raums
Die Mehrzahl der mittelständischen Omnibusunternehmen im ländlichen Raum betreiben sowohl ÖPNV wie auch Gelegenheitsverkehr. Schwächt man den touristischen Bereich dieser Unternehmen durch die Einführung einer Busmaut, hat dies gleichsam negative Auswirkungen auf den ÖPNV in den Regionen. Immer weniger Mittelständler werden damit in Zukunft überhaupt noch in der Lage sein, dort ein ausreichendes Verkehrsangebot aufrecht zu erhalten. Damit bliebe für die Fahrgäste nur noch der Weg über ein entsprechendes ehrenamtliches Bürgerengagement (sog. Bürgerbusse). Es kann nicht staatliches Ziel sein eine gewerbliche Tätigkeit, die erhebliche Beiträge zu den Sozialversicherungssystemen und Steuereinnahmen leistet in den Bereich des Ehrenamtes zu drängen, das davon lebt, dass er gerade diese Kosten nicht hat.
Auch würde hierdurch ein Verkehrssystem „zweiter Klasse“ eingeführt. Aus gutem Grund werden an die fachliche, persönliche und finanzielle Zuverlässigkeit eines Omnibusunternehmers hohe Anforderungen gestellt. EU weite Regelungen zum Berufs- und Marktzugang von Omnibusunternehmern werden aktuell national umgesetzt. Dies gilt auch für EU weit geltende Sozialvorschriften und Lenk-und Ruhezeitenregelungen und die obligatorische Aus- und Weiterbildung von Berufskraftfahrern. All diese wichtigen Voraussetzungen dienen in erster Linie der Verkehrssicherheit. Bei den sog. Bürgerbussen gelten diese gesetzlichen Vorgaben nicht. Es herrscht damit eine „verkehrssicherheitsrechtliche Grauzone“. Dies sollte aus Sicht des bdo nicht die Zukunft des ländlichen Raums sein. So darf an die Beförderung der ländlichen Bevölkerung kein anderer Sicherheitsmaßstab angesetzt werden, als an die Beförderung der städtischen Bevölkerung. Dies sollte unser gemeinsames Ziel sein.