SN78 bdo Stellungnahme zur Änderung des Verkehrsstatistikgesetzes und des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Verkehrsstatistikgesetzes und des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes

Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (bdo) ist der Spitzenverband der deutschen Busbranche und vertritt die Interessen der privaten und mittelständischen Unternehmen aus dem Bereich Personennahverkehr, Bustouristik und Fernlinienverkehr gegenüber Politik und Öffentlichkeit.

Zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) nimmt der bdo Stellung wie folgt:

I. Ausgangslage

Der bdo begrüßt die in dem Referentenentwurf vorgesehenen Gesetzesänderungen. Da im Zuge der Umsetzung auch das Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz (BKrFQG) überarbeitet wird, schlägt der bdo vor, in dieser Novelle gleichzeitig auch die dringend erforderliche Reform der Berufskraftfahrerausbildung umzusetzen.

II. Stellungnahme

1. Artikel 1: Änderung des Verkehrsstatistikgesetzes Die in dem Referentenentwurf vorgesehenen Gesetzesänderungen sind ausdrücklich zu begrüßen. Durch die für die Busbetriebe relevanten Änderungen der § 16 und § 17 VerkStatG würde der Zeit- und Kostenaufwand für die Busbetriebe und die Behörden erheblich reduziert, ohne die aus der Statistik gewonnenen Daten und Erkenntnisse zu entwerten. Eine so fortschrittliche Entbürokratisierung ist auch für weitere Gesetzesvorschriften wünschenswert.

2. Artikel 2: Änderung des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes

a. § 27 Abs. 1 BKrFQG: Zügige Anerkennung ukrainischer Berufskraftfahrerqualifikation Die Bundesregierung hat sich mit dem Bund-Länder-Beschuss vom 07. April 2022 für einen zügigen Zugang geflüchteter Ukrainer:innen zum deutschen Arbeitsmarkt ausgesprochen. Der Entscheid zu dieser schnell wirksamen Unterstützung der Geflüchteten ist zu begrüßen. Viele hilfsbereite Busbetriebe haben bereits ukrainische Flüchtlinge eingestellt. Bisher ist es jedoch nicht möglich, ukrainische Busfahrer:innen einzusetzen, da die ukrainische Berufskraftfahrerqualifikation in Deutschland nicht anerkannt ist. Zwar hat die Europäische Union zwischenzeitlich eine Rechtsgrundlage für die Anerkennung geschaffen, die nationale Umsetzung der Verordnung (EU) 2022/1280 in Deutschland steht jedoch nach wie vor aus. Dass mit dieser Änderung der BKrFQG nun die Rechtsgrundlage für die nationale Umsetzung geschaffen wird, ist ein Fortschritt. Nun gilt es die EU-Vorgaben für die Anerkennung zügig national umzusetzen, damit das ukrainische Busfahrpersonal baldmöglichst in Deutschland arbeiten kann. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die ukrainischen Busfahrer:innen bereits ausgebildete und berufserfahrene Fahrer:innen sind. Die Ausbildungs- und Prüfungsanforderungen für die Anerkennung in Deutschland dürfen daher keine bürokratischen Zugangshürden schaffen und müssen den Grundvoraussetzungen der Verordnung (EU) 2022/1280 entsprechen.

b. § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, § 18 Abs. 4 und § 19 BKrFQG: Integration der Berufskraftfahrerqualifikation in die Fahrausbildung Die Busbranche leidet unter einem enormen Mangel an Fahrpersonal. Derzeit fehlen über 6.000 Busfahrerinnen und Busfahrer. Allein durch die altersbedingten Personalabgänge steigt der Bedarf bis 2030 auf 36.000 Fahrer:innen. Durch die geplante Verkehrswende wird dieser Bedarf zusätzlich, auf insgesamt 76.000 Busfahrer:innen bis 2030 steigen.

Der Grund für diesen Fahrpersonalmangel ist die komplizierte Umsetzung der europäischen Berufskraftfahrer-Richtlinie: In Deutschland werden die Fahrausbildung und die für die Personenbeförderung erforderliche Berufskraftfahrerqualifikation getrennt unterrichtet und geprüft. Obwohl sich die Ausbildungsinhalte überschneiden, müssen Busfahrer:innen daher zwei Unterrichtseinheiten mit vielen Pflichtstunden sowie zwei Theorie- und zwei Praxisprüfungen absolvieren. Die Ausbildung in Deutschland ist daher deutlich teurer und zeitaufwändiger als im EU-Ausland: Die Ausbildungskosten betragen 8.000 bis 10.000 Euro und es fallen bis zu 244 Pflichtstunden an. Zum Vergleich: Dieselbe Ausbildung dauert in Österreich 38 Stunden und kostet deutlich unter 4.000 Euro.

Die Fahrausbildung und die Berufskraftfahrerqualifikation müssen deshalb zusammen unterrichtet und zusammen geprüft werden − wie im europäischen Ausland. Alle Prüfungsinhalte könnten im Fahrschulunterricht vermittelt und zusammen geprüft werden. Die Zusammenführung der Lerninhalte wäre unkompliziert zu bewerkstelligen, weil bereits jetzt thematische Überschneidungen zwischen der Fahrschul- und der Berufskraftfahrerausbildung bestehen, bspw. das Verhalten im Straßenverkehr und bei Notfällen, die Fahrtauglichkeit oder umweltbewusstes Fahrverhalten. Mit einer „2 in 1“-Ausbildung wären Busfahrer:innen nach einer Unterrichtseinheit, einer Theorie- und einer Praxisprüfung einsatzbereit. Die qualitativ hochwertigen Standards blieben weiterhin sichergestellt, weil weiterhin die EU-rechtlich erforderlichen Prüfungshinhalte vermittelt und dieselben Prüfungsinhalte geprüft werden. Weitere Details zu diesen Reformvorschlägen erläutert das bdo-Positionspapier „Reform der Berufskraftfahrer-Ausbildung „2 in 1“.

Das Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz (BKrFQG) ist wie folgt zu ändern:

  • In § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 BKrFQG werden nach den Wörtern „bei einer Industrie- oder Handelskammer“ die Wörter „oder einer Fahrschule“ eingefügt.

  • In § 2 Abs. 2 BKrFQG werden nach den Wörtern „bei einer Industrie- oder Handelskammer“ die Wörter „oder einer Fahrschule“ eingefügt.

  • In § 18 Abs. 4 BKrFQG werden jeweils nach den Wörtern „bei einer Industrie- oder Handelskammer“ die Wörter „oder einer Fahrschule“ eingefügt.

  • In § 19 BKrFQG werden nach den Wörtern „bei einer Industrie- oder Handelskammer“ die Wörter „oder einer Fahrschule“ eingefügt.

c. § 1 Abs. 3 und § 2 Abs. 7 BKrFQV: Integration der Berufskraftfahrerqualifikation in die Fahrausbildung Im Zuge der unter II. 2. b. vorgeschlagenen „2 in 1“-Reform ist auch die Berufskraftfahrerqualifikationsverordnung (BKrFQV) anzupassen:

  • § 1 Abs. 3 BKrFQV wird wie folgt gefasst:

„Die Prüfung wird bei der für den Wohnsitz des Prüfungsteilnehmers zuständigen Industrie und Handelskammer oder einer Fahrschule abgelegt. Die Industrie- und Handelskammern und die Fahrschulen können für den praktischen Teil amtlich anerkannte Sachverständige oder Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr hinzuziehen. Die Industrie- und Handelskammern und die Fahrschulen müssen für den praktischen Teil in Satz 2 bezeichnete Sachverständige oder Prüfer hinzuziehen, soweit sie nicht über eigenes Personal mit gleichwertiger Qualifikation verfügen. Bei Bedarf müssen die zuständigen Industrie- und Handelskammern und die Fahrschulen mindestens einmal im Vierteljahr einen Prüfungstermin festsetzen. Der Prüfungsteilnehmer kann mit seiner Zustimmung an eine andere Industrie- und Handelskammer oder Fahrschule verwiesen werden, wenn innerhalb eines Vierteljahres weniger als drei Prüfungsteilnehmer zur Prüfung anstehen oder dem Prüfungsteilnehmer andernfalls wirtschaftliche Nachteile entstehen.“

  • § 2 Abs. 7 BKrFQV wird wie folgt gefasst:

„Die Prüfung wird bei der für den Wohnsitz des Prüfungsteilnehmers zuständigen Industrie und Handelskammer oder einer Fahrschule abgelegt. Bei Bedarf müssen die zuständige Industrie- und Handelskammer und die Fahrschulen mindestens einmal im Vierteljahr einen Prüfungstermin festsetzen. Der Prüfungsteilnehmer kann mit seiner Zustimmung an eine andere Industrie- und Handelskammer oder Fahrschule verwiesen werden, wenn innerhalb eines Vierteljahres weniger als drei Prüfungsteilnehmer zur Prüfung anstehen oder dem Prüfungsteilnehmer andernfalls wirtschaftliche Nachteile entstehen.“

d. § 1 Abs. 6 und § 2 Abs. 10 BKrFQV (neu): Beseitigung der Sprachbarrieren bei der Berufskraftfahrerqualifikation Bei der Anwerbung ausländischer Busfahrer:innen ist besonders problematisch, dass die Berufskraftfahrerqualifikation derzeit nur in deutscher Sprache absolviert werden kann. Viele ausländischen Fachkräfte haben trotz der erforderlichen Deutsch-Kenntnisse Schwierigkeiten bei der Beantwortung der Prüfungsfragen, was teilweise auf die anspruchsvollen Formulierungen zurückzuführen ist. Daher muss das Sprachniveau auf ein verständlicheres, dem alltäglichen beruflichen Sprachgebrauch von Busfahrer:innen angepasst werden. Zudem muss die Berufskraftfahrerqualifikation auch in Fremdsprachen abgelegt werden können. Neben Englisch als internationale Sprache müssen auch die bei den Prüfungskandidat:innen häufig vertretenen Sprachen, insbesondere aus dem osteuropäischen Sprachraum, angeboten werden. Für die übrigen Fremdsprachler muss es wie in Österreich möglich sein, einen Dolmetscher zu der Prüfung mitzunehmen.

Die Berufskraftfahrerqualifikationsverordnung (BKrFQV) ist wie folgt anzupassen:

  • § 1 BKrFQV wird um folgenden Abs. 6 ergänzt:

„Die Prüfung über die Grundqualifikation kann in deutscher und englischer Sprache absolviert werden. Die Industrie- und Handelskammer und die Fahrschulen sind befugt, die Prüfungen in weiteren Fremdsprachen durchzuführen. Die Prüfungsteilnehmer sind befugt, während der Prüfung einen Dolmetscher beizuziehen und sich die Prüfungsfragen übersetzen zu lassen.“

  • § 2 BKrFQV wird um folgenden Abs. 10 ergänzt:

„Die Prüfung über die beschleunigte Grundqualifikation kann in deutscher und englischer Sprache absolviert werden. Die Industrie- und Handelskammer und die Fahrschulen sind befugt, die Prüfungen in weiteren Fremdsprachen durchzuführen. Die Prüfungsteilnehmer sind befugt, während der Prüfung einen Dolmetscher beizuziehen und sich die Prüfungsfragen übersetzen zu lassen.“