SN59 Auf den Punkt CO2-Preis: Busunternehmen kompensieren

SN59 Auf den Punkt CO2-Preis: Busunternehmen kompensieren

Das Pariser Klimaabkommen gibt den Rahmen vor. Bis 2050 müssen die Treibhausgasemissionen auf nahezu null reduziert werden. Kein anderer Sektor ist jedoch weiter von seinen Emissionsminderungszielen entfernt als der Verkehr. Er hat eine Bringschuld. Entsprechend begrüßt der Bundesver-band Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) die Einführung eines CO2-Preises als Maßnahme, um die Emissionen des Straßenverkehrs zu senken.

Allerdings treffen die steigenden Benzin- und Dieselpreise auch den Bussektor. Egal ob im ÖPNV, Fernlinien- und Gelegenheitsverkehr: Reisen mit dem Bus wird verteuert – und das in einer Zeit, in der die Zahl der Fahrgäste und Busreisenden sinkt und die die Unternehmen Corona-bedingt um ihr Überleben kämpfen. Im Gelegenheitsverkehr betragen die jährlichen Mehrkosten pro Bus etwa 1.400 Euro, im Fernverkehr über 5.000 Euro und im ÖPNV zwischen 2.000-4.000 Euro (Stadt- oder Überland-verkehr). Über 60% der Busunternehmen erwarten durch den CO2-Preis deutliche bis schwerwiegende Folgen und auch sinkende Fahrgastzahlen. Die Mehrkosten treffen die Busmittelständler umso mehr, da die Antriebswende erhebliche Investitionen erfordert. Höheren Kosten stehen sinkende Einnahmen ge-genüber.

Es müssen daher unbedingt Maßnahmen ergriffen werden, um die Preissteigerungen beim Diesel für Busse zu kompensieren. Am unkompliziertesten wäre eine Anpassung des Energiesteuerge-setzes (EnergieStG). Nur so kann die Attraktivität des klimafreundlichen Buses gegenüber dem Pkw gesteigert werden. Denn ohne Bus wird die Verkehrswende nicht gelingen.

Antriebswende im ÖPNV nicht ausbremsen.

Die Antriebswende im öffentlichen Busverkehr ist im vollen Gange und ein klares politisches Ziel. Nicht zuletzt die Clean Vehicles Richtlinie gibt hier den Rahmen vor. Allerdings werden Elektrobusse oder Systeme mit Brennstoffzellenantrieb auf absehbare Zeit mit erheblichen Mehrkosten gegenüber konventionellen Antrieben verbunden sein. Zwar wird hier von der öffentlichen Hand gefördert, nichtsdestotrotz besteht immer noch eine Deckungslücke von mindestens 20 Prozent. Bei einem Preisunterschied von rund 300.000 Euro pro Fahrzeug bedeutet dies ungedeckte Mehrkosten von mindestens 60.000 Euro – ohne Infrastrukturkosten, notwendige Batterie-Wechsel oder Schulungen des Personals. Durch den CO2-Preis entstehen den Unternehmen nun weitere Kosten, die für die Antriebswende dringend benötigtes Kapital binden und dort fehlen. Denn eins ist vollkommen: Fahrpreiserhöhungen stehen nicht zur Debatte.

Diesel auf der Langstrecke (noch) alternativlos.

Natürlich werden sich im Fern- und Gelegenheitsverkehr mit Bussen mittelfristig alternative An-triebe durchsetzen. Die zu erwartenden CO2-Minderungsziele der EU für Reisebusse werden hier den entsprechenden Rahmen setzen. Bis es soweit ist, sind jedoch zusätzliche Maßnahmen erforderlich, um den Bus gegenüber dem Pkw-Verkehr zu stärken. Eine Kompensation des CO2-Preises für Busse wäre ein wesentlicher Baustein und dringend nötig. Von allen öffentlichen Verkehrsmitteln auf der Langstrecke ist die Energiesteuerbelastung pro Personenkilometer bei Fern- und Reisebussen am höchsten.

Auch wenn die Unterstützung eines Verkehrsmittels mit Verbrennungsmotor auf den ersten Blick nicht sinnvoll erscheint, wäre sie aus klimapolitischen Gesichtspunkten beim Bus folgerichtig. Bereits heute sind Diesel-Reisebusse die klimafreundlichsten öffentlichen Verkehrsmittel. Auf der Langstrecke gibt es auf absehbare Zeit keine Alternative zum Diesel. Die Busunternehmen können daher – anders als Pkw-Fahrer*innen – derzeit (noch) nicht auf grünere Technik umsteigen.

Änderung des Energiesteuergesetzes für Kompensation nutzen.

Eine Möglichkeit zur Kompensation der Kostensteigerungen durch den CO2-Preis wäre, Reise- und Fernbusse wie im ÖPNV eingesetzte Busse beim Kraftstoffverbrauch steuerlich zu entlasten und die bestehenden Rabatte im Nahverkehr auszuweiten. Derzeit können sich ÖPNV-Unternehmen fünf Eurocent pro verbrauchtem Liter Diesel von den Hauptzollämtern erstatten lassen (§56 Energie-StG). Die Kosten für 2.400 Unternehmen belaufen sich pro Jahr auf etwa 71 Millionen Euro. Nach bdo-Hochrechnungen dürfte die oben ausgeführte Entlastung beim Fern- und Gelegenheitsverkehrs weniger als 15 Millionen Euro jährlich kosten. Mit Blick auf die Auswirkungen des CO2-Preises auf den öffentli-chen Verkehr mit Bussen schlägt der bdo daher folgende Maßnahmen vor:

  • Mit Inkrafttreten des CO2-Preises Einführung eines Rabatts von fünf Eurocent pro Liter auch für den Fern- und Gelegenheitsverkehr.
  • Gleichzeitige Anhebung des ÖPNV-Rabattes.
  • Schrittweiser Anstieg des Rabatts für alle Busse (ÖPNV, Fernlinie und Gelegenheitsverkehr) in Anlehnung an die Entwicklung des CO2-Preises.
  • Evaluation des Rabatts für Fern- und Gelegenheitsverkehr mit Hinblick auf die Verfügbarkeit von Reisebussen mit alternativen Antrieben. Bei Verfügbarkeit von markttauglichen Modellen, die wirtschaftlich zu betreiben sind, wird der Rabatt dann phasenweise beendet.
  • Einführung von Fördermaßnahmen zum Kauf neuer, noch umweltfreundlicherer Busse sowie zum Infrastrukturausbau, um die Transition zu alternativen Antrieben zu unterstützen.

Mit diesen Maßnahmen würde die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs mit Bussen gegenüber dem Pkw entschieden gestärkt. Durch die absehbar, nur temporär Unterstützung wird sicherge-stellt, dass die Antriebswende auch im Busbereich zum Erfolg geführt wird.

Den Bus als wesentlichen Baustein der Verkehrswende unterstützen.

Bereits 2019 war ein katastrophales Jahr für den öffentlichen Verkehr mit Bussen. Die Zahl der Reisenden im Fern- und Gelegenheitsverkehr mit Bussen ging um rund 3 Millionen Reisende zurück. Auch im ÖPNV mit Bussen sank die Zahl der Fahrgäste um über 13 Millionen. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben 2020 zu weiteren dramatischen Einbrüchen bei den Fahrtgastzahlen in allen Bereichen geführt. Auch 2021 werden erheblich weniger Reisende mit Bussen mobil sein als in den Jahren zuvor. Das Bundesamt für Güterverkehr geht sogar davon aus, dass selbst 2024 die Vor-Corona-Fahrgastzahlen im Busbereich noch nicht wieder erreicht werden. Für das Gelingen der Verkehrswende braucht es alle Verkehrsmittel des Umweltverbunds. Busse sind das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs. Kein anderes Verkehrsmittel ermöglicht mehr Menschen Mobi-lität und damit gesellschaftliche Teilhabe. Zwar ist es richtig, den Schienenverkehr auszubauen und für seine Rolle als Rückgrat der Verkehrswende vorzubereiten, aber nur mit dem Bus kann den Menschen zeitnah, kostengünstig und flexibel ein Angebot gemacht werden, vom MIV auf den ÖV zu wechseln. Entsprechend müssen alle Instrumente genutzt werden, um den Busverkehr zu stärken.

Eine Senkung der Betriebskosten ist dringend erforderlich. Für mehr nachhaltige Mobilität mit Bussen brauch es eine Kompensation für den CO2-Preis.