SN25 Stellungnahme-Bodewig-kommission

bdo zu den Fragen der Kommission „Nachhaltige Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“

Berlin, 23.08.2013

Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e.V. (bdo) ist der Spitzenverband der privaten Omnibusbranche in der Bundesrepublik Deutschland. Er vertritt auf Bundesebene und im internationalen Bereich die gewerbepolitischen und fachlichen Interessen von rund 3.000 Busunternehmern, die sich im Öffentlichen Personennahverkehr, in der Bustouristik und im Busfernlinienverkehr engagieren und unter dem Dach des bdo zusammengeschlossen haben.

Eine gut entwickelte und zuverlässig funktionierende Infrastruktur ist eine der Grundvoraussetzungen für Mobilität. Vertrauen entsteht nur durch Transparenz und nachvollziehbare Entscheidungen. Dazu gehört ebenso, dass wenn der Fernlinienverkehr für Busse liberalisiert wird, auch die entsprechende Infrastruktur zur Verfügung gestellt wird. Bund, Länder und Kommunen dürfen sich nicht aus der Verantwortung ziehen, wenn es um den Bau sicherer, für alle Reisenden komfortable Busstationen geht, die günstig gelegen sind und ein problemloses Umsteigen in den ortsansässigen ÖPNV oder Bahnverkehr garantieren. Gesellschaftliche Akzeptanz entsteht eher weniger, wenn nur A aber nicht B gesagt wird.

Für mehr Transparenz zur Vertrauensbildung würde aus Sicht des bdo die Ermittlung des Bedarfs und Zustands sorgen. Wenn die Öffentlichkeit klare Kennzahlen zu Zustand aber auch Qualität wie Sicherheit erhalten würde, wäre ein dauerhaftes gesellschaftliches Bewusstsein die Folge. Zudem ist eine Prioritätensetzung wünschenswert. Investitionen in den Erhalt von Infrastruktur, um weitere Substanzschäden einzudämmen, stehen dabei oben. Neu- und Ausbaumaßnahmen sind vorrangig für Verkehrsknotenpunkte und Achsen von übergeordnetem Interesse wichtig. Sogenannte Prestigeobjekte werden im gesellschaftlichen Bewusstsein eher zurückhaltend aufgenommen.

Eine nachvollziehbare Zweckbindung der Einnahmen kann auch die Transparenz für die Nutzer erhöhen. Es fällt dem mittelständischen Busgewerbe schwer zu verstehen, dass einem DIW-Gutachten zufolge der Bus im Fernverkehr (Autobahn) schon mehr als 300 Prozent seiner Infrastrukturkosten deckt. Weite Teile des Schienenverkehrs erreichen trotz Trassenentgeltes in Bezug auf die Infrastruktur aber nur einen Kostendeckungsgrad unter 100 Prozent. Solche Ungleichgewichte sind für die interessierte Öffentlichkeit sicherlich schwer nachvollziehbar. Deshalb ist es hilfreich, Maßnahmen zur sicheren Zweckbindung zu treffen. Wenig Verständnis kann in diesem Lichte dafür gewonnen werden, wenn die Bustouristik im Fernverkehr über die geleisteten Steuern (vor allem Mineralölsteuer und Ökosteuer) die Infrastruktur des ICE-Verkehrs subventioniert.

Abschließend könnte aus bdo-Sicht ein Infrastrukturfonds die Transparenz für die Nutzer erhöhen, solange die entsprechenden Maßnahmen und Projekte auch deutlich aufgezeigt werden. Hierbei ist auch die Abgrenzung der einzelnen Verkehrsträger zu beachten und darzustellen.

2) Welche Strukturen und Mechanismen sind für Sie wünschenswert, um mehr Effizienz bei der Infrastrukturbereitstellung (Erhalt und Betrieb, Nachholbedarf, Aus- und Neubau) zu erreichen? • Projektbezogene Mittelbereitstellung • Überjähriger Mitteleinsatz • Zweckgebundenheit und Zugriffsrecht der Mittel • Pekuniäre Anreizmechanismen

Zweckbindung schafft Vertrauensbildung, wenn die Straße die Straße finanziert. Ein überjähriger Mitteleinsatz sorgt für Übersicht. Der überjährige Mitteleinsatz wird aus Sicht der Branche dazu führen, dass Infrastrukturprojekte planungs- und ergebnissicherer werden. Bei Großprojekten sollte deshalb von Anfang an die Höhe der Kosten klar sein, damit nicht scheibchenweise immer mehr Kosten dazukommen. Die Planungssicherheit für eine Durchfinanzierung bedarf also auch einer konkreten Zielgröße. Pekuniäre Anreizmechanismen sind aus Sicht des Mittelstands zudem brauchbare Instrumente.

In der Frage der Zweckgebundenheit ist auf eine Dynamisierung der Regionalisierungsmittel hinzuweisen. Sie dürfen nicht mehr vorrangig der Schiene zur Verfügung gestellt werden, sondern müssen der Feinerschließung des ländlichen Raums gewidmet werden. Damit der ländliche Raum ein attraktiver Lebensraum bleibt, muss auch in Zukunft die Finanzierung des ÖPNV nachhaltig gesichert sein. Marode Straßen und Brücken sind nicht nur ein tagtägliches Ärgernis für alle Straßenverkehrsteilnehmer, sie gefährden die Verkehrssicherheit und führen zu einer Mehrbelastung der Umwelt, da gerade schwere Nutzfahrzeuge auf oftmals deutlich längere Umfahrungsstrecken ausweichen müssen.

Die Politik darf vor dem Instandhaltungsstau der deutschen Straßeninfrastruktur nicht länger die Augen verschließen. Um die Wettbewerbsfähigkeit des Busses mit der Schiene und den Airlines nicht weiter zu belasten, ist es dringend geboten, nun die notwendigen Finanzmittel bereitzustellen. Hierbei hält der bdo getrennte Finanzierungskreisläufe für das Mittel der Wahl: Straße finanziert Straße und Schiene finanziert Schiene. Dieses Prinzip garantiert, dass jeder Verkehrsträger seine Stärken ausspielen kann und nicht Mittel eines hocheffizienten Systems in den Dauerbaustellen eines weniger effizienten Systems verschwinden. Eine Ausdehnung der Nutzerfinanzierung ist aus bdo-Sicht weder nötig noch im Vergleich der Verkehrsträger angezeigt.

3) Halten Sie die aktuelle Haushaltslinie für Infrastrukturfinanzierung für ausreichend?

Insbesondere vor dem Hintergrund der Substanz der Brücken ist in den kommenden Jahren mit deutlich steigendem Erhaltungsbedarf zu rechnen. Zudem sind steigende Kosten durch Baupreissteigerungen zu erwarten und zu berücksichtigen. Durchaus nachvollziehbar ist deshalb die Zahl von zusätzlich 7,2 Milliarden Euro jährlich in den nächsten 15 Jahren für die Investitionen in Infrastruktur, die an verschiedenen Stellen zu lesen war.

Tatsächlich wurde die öffentliche Finanzierung in den vergangenen Jahren allerdings stark zurückgenommen. Den Busunternehmen zustehende finanzielle Ausgleichsleistungen, wie §§ 148 ff. SGB IX und § 45a PBefG wurden durch das Haushaltsbegleitgesetz 2006 stark gekürzt. Diese hatten und haben Auswirkungen auf die Finanzierungsbasis des ÖPNV-Angebots insbesondere im ländlichen Raum.

Einer Untersuchung des Finanzierungsbedarf des ÖPNV bis 2025 im Auftrag des VDV, des Deutschen Städtetages sowie zahlreicher Länder ist zu entnehmen, dass sich der konsumtive Finanzierungsbedarf von 8,58 Milliarden Euro im Jahr 2007 um real etwa 6,8 auf 9,16 Milliarden Euro im Jahr 2025 erhöhen und damit um etwa 580 Millionen Euro ansteigen wird. Im Bereich Bus steigt der Finanzbedarf von 1,73 Milliarden Euro im Jahr 2007 um 30,1 Prozent auf real 2,25 Milliarden Euro im Jahr 2025. Wegen des festgestellten Finanzbedarfs setzt der bdo sich für eine verlässliche Finanzierungsgrundlage ein, auf der die mittelständischen Unternehmen ihre notwendigen Investitionen tätigen können. Wichtigstes Ziel ist hierbei die Stärkung des ländlichen Raums als Wirtschaftsmotor der gesamten Bundesrepublik.

Die Forderungen des bdo hierzu sind u.a.: Zweckbindung und Dynamisierung der Entflechtungsmittel, Dotierung der Regionalisierungsmittel für den Zeitraum 2015 bis 2030 entsprechend des festgestellten Bedarfs und Dynamisierung der Mittel auf mindestens 2,5 Prozent wegen der erheblichen Kostenentwicklungen.

Bei der Verteilung der Mittel ist dem ländlichen Raum besonderes Augenmerk zu geben. Um der demografischen Entwicklung entgegen zu wirken, dürfen die Regionalisierungsmittel nicht mehr vorrangig der Schiene zur Verfügung gestellt werden, sondern der Feinerschließung des ländlichen Raums gewidmet werden.

4) Wie schätzen Sie die Notwendigkeit sowie die politischen und praktischen Möglichkeiten einer Ausdehnung von Nutzerfinanzierung ein? Welche Aufgabe kann/soll (Erhalt und Betrieb, Nachholbedarf, Aus- und Neubau) bei welchem Verkehrsträger damit finanziert werden?

Der bdo Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer lehnt eine Ausweitung der Nutzerfinanzierung aus den auch zuvor dargelegten Gründen für die Busbranche ab.

5) Welche Instrumente der Nutzerfinanzierung sind hier aus Ihrer Sicht besonders geeignet und würden am ehesten auf Akzeptanz seitens der Nutzer stoßen?

Die Einführung einer Busmaut ist kein geeignetes Mittel zur Verkehrsinfrastrukturfinanzierung. Grundsätzlich ist bei einer Forderung nach stärkerer Nutzerfinanzierung zu bedenken, dass dieser einkommensspezifische Grenzen gesetzt sind. Die Verbraucherpreise steigen zurzeit stärker als das Haushaltsnettoeinkommen. Die privaten Haushalte schränken ihre Ausgaben für den Verkehr nach den Ermittlungen der Einkommens- und Verbraucherstichprobe 2008 von 247 Euro im Monat auf 204 Euro im Monat ein. Die Einführung einer Busmaut würde erhebliche Auswirkungen auf den gesamten Reisebusmarkt und Fernlinienverkehr haben und diesen in eine enorme Schieflage bringen. Neben dem ÖPNV wäre der gesamte Reise-, Ausflugs- und Gelegenheitsverkehr von den Belastungen betroffen. Durch diese Vorschläge werden nahezu alle ca. 4500 privaten Busunternehmen in Deutschland in ihrer Existenz bedroht. Die gesamte mittelständische Busbranche stünde damit vor dem Aus. Eine höhere Umweltbelastung erfolgt durch die Verlagerung vom Bus auf den PKW, da die Verlagerung auf die Schiene durch die günstigen Sondertickets der Deutschen Bahn AG ohnehin schon erfolgt ist.

Zudem würde eine Maut zu weiterer Wettbewerbsverzerrung zu Lasten des Omnibusses führen. Bereits heute zahlen deutsche Omnibusunternehmer für die Nutzung der Bundesautobahnen durch ihre Fahrzeuge mehr als das Dreifache dessen, was sie an Wegekosten verursachen. Kein Verkehrsträger hingegen erhält eine vergleichbare staatliche Unterstützung wie die Bahn. Jährlich muss der Bund ca. 10 Milliarden Euro für den Schienenverkehr aufbringen. Demgegenüber wird der Busfernverkehr in keiner Weise vom Staat bezuschusst. Im Gegenteil: Der umweltfreundliche Reisebusverkehr wird durch Mineralöl- und Stromsteuer, Kraftfahrzeug- und Umsatzsteuer voll belastet. Die Subventionierung des Flugverkehrs hat das Umweltbundesamt mit über 8 Milliarden Euro pro Jahr beziffert (u.a. Mineralöl- und Mehrwertsteuerbefreiung). Dem im August 2011 vorgelegten 23. Subventionsbericht der Bundesregierung ist zu entnehmen, dass der innerdeutsche Flugverkehr mit 640 Millionen Euro und der Schienenverkehr mit 110 Millionen Euro alleine bei der Energiesteuer entlastet werden. Diese Zahlen führen jedem Betrachter klar vor Augen, dass die Forderung nach der Einführung einer Busmaut aus Wettbewerbsgründen weder nachvollziehbar noch gerechtfertigt ist.

Der Bus ist ein sicheres und sauberes Verkehrsmittel, welches vor allem von preissensiblen Fahrgästen genutzt wird. Hierzu zählen häufig einkommensschwache Personen, die sich schlicht nicht leisten können mit dem Flieger oder der Bahn zu reisen. Um auch dieser Personengruppe Mobilität und damit Teilhabe zur gewährleisten, hat sich noch vor einigem Monaten im Zuge der Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes ein interfraktioneller Kompromiss in Zusammenarbeit mit den Ländern abgebildet, der ausdrücklich und bewusst von einer Busmaut abgesehen hat

In Anbetracht der wirtschaftlichen Gefahren, die eine Einführung der Busmaut für die gesamte mittelständische Busbranche birgt und der sozialen Benachteiligung von preissensiblen Verbrauchern kann wenige Monate nach dieser wichtigen und richtigen Kompromissentscheidung nichts anderes gelten, ohne dass massivster Vertrauensverlust gegenüber den Verantwortlichen entstehen würde.