SN73 Gemeinsame Verbändeposition zum digitalen synchronen Unterricht in der theoretischen Fahrschulausbildung

Mit Inkrafttreten der 15. Änderung der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) zum 01. Juni 2022 gibt es in Deutschland erstmals eine Rechtsgrundlage für digitalen synchronen Theorieunterricht in Fahrschulen, der bisher in den einzelnen Bundesländern seit Ausbruch von COVID-19 über Ausnahmegenehmigungen gewährt wurde. Damit ermöglicht der Verordnungsgeber digital synchronen Unterricht in der theoretischen Fahrausbildung unter bestimmten Voraussetzungen in nicht näher bestimmten Ausnahmesituationen, zum Beispiel für den Fall des Fortgangs der Pandemie.

Als digital synchroner Theorieunterricht ist eine rein virtuelle oder hybride Lehr-Lernsituation zu verstehen, die einen direkten Austausch zwischen den Beteiligten zulässt, durch eine dazu befähigte Person synchron durchgeführt wird und sich im Inhalt und Aufbau an den Vorgaben zum Präsenzunterricht nicht wesentlich unterscheidet. Der Bundesrat hat sich in einer der 15. FeV beigefügten Entschließung klar dafür ausgesprochen, den Fahrschulen digital synchronen Unterricht auch über die Pandemie hinaus zu ermöglichen. Er empfiehlt hierfür die Schaffung einheitlicher Qualitätsstandards und Rahmenbedingungen, die durch eine einzuberufende Expertenkommission unter Einbindung der Bundesländer definiert werden sollen.

Mehr Fortschritt wagen – im Sinne der Verkehrssicherheit und der Verbraucher*innen

Die Unterzeichnerinnen unterstützen die Entschließung des Bundesrates, Fahrschulen die Durchführung von digital synchronem Theorieunterricht unter noch zu definierenden Rahmenbedingungen neben dem räsenzunterricht zu ermöglichen. Dabei muss geprüft werden, welche Lehrinhalte für digital synchronen Theorieunterricht gegebenenfalls nicht geeignet sind. Eine wissenschaftlich abgesicherte Implementierung von digital synchronen Unterrichtseinheiten in der theoretischen Fahrausbildung wird nicht nur dem hohen Anspruch eines auf Verkehrssicherheit ausgerichteten Fahrschulunterrichts gerecht, sondern kann sich auch positiv auf die Akzeptanz und Motivation der Fahrschülerinnen im Sinne einer binnendifferenzierten Vorgehensweise auswirken, was den Aufbau einer Kompetenzsteigerung zur sicheren Verkehrsteilnahme unterstützt.

Unter der Voraussetzung der Wahrung einheitlicher noch festzulegender Qualitätsstandards erkennen die Unterzeichnerinnen in einer dauerhaften Genehmigung von digital synchronen Unterrichtseinheiten eine Bereicherung der auf sicheres Verhalten ausgerichteten Fahrausbildung sowie folgende Vorteile für Fahrschulen und Fahrschülerinnen:

• Mehr Möglichkeiten hinsichtlich der didaktischen Ausgestaltung, der Planungssicherheit und der Durchführung des theoretischen Unterrichts für Fahrschulen • Chance zur Anpassung von Unterrichtsformaten an gewandelte Lerngewohnheiten der jüngeren Kundenklientel • größere Flexibilität der Fahrschüler*innen bei der theoretischen Ausbildung in Anpassung an gewandelte Lebens- und Arbeitsverhältnisse • geringere ökologische Belastung bei der Fahrausbildung durch weniger An- und Abreisen zur Wahrnehmung des theoretischen Fahrschulunterrichts • vereinfachter Zugang zur Fahrausbildung, insbesondere im ländlichen Raum mit seinem häufig noch unzureichenden ÖPNV-Angebot oder durch fehlende Fahrausbildungsstätten in der Umgebung

Darüber hinaus regen die Unterzeichnerinnen an, sowohl bei der Aus- und Weiterbildung von Berufskraftfahrerinnen als auch bei der ahrlehrerausbildung verstärkt Elemente digitalen synchronen Unterrichts einzuführen. Diese Berufsgruppen leiden unter einem großen achkräftemangel. Digital synchroner Unterricht kann auch dazu beitragen, die knappen vorhandenen Ressourcen effektiver zu nutzen und Arbeitnehmer*innen wie Unternehmen zu entlasten.

Daher sollte insbesondere in der Fahrlehrerausbildung der berufliche Nachwuchs künftig unter professioneller Anleitung Kompetenzen der Didaktik digitaler Bildung aufbauen und entwickeln können. Eine konzeptionelle Aufnahme digital synchroner Unterrichtsformate in die Lehrpläne der Fahrlehrerausbildung erscheint insofern erstrebenswert.

Die für digital synchrone Unterrichtseinheiten in der theoretischen Ausbildung noch festzulegenden Qualitätskriterien sollten aus Sicht der nterzeichner*innen an Anlage 2 der Fahrlehrer-Ausbildungsverordnung (FahrlAusbV) ausgerichtet sein und sich hinsichtlich der Teilnehmerzahlbegrenzung an den Vorgaben des Fahrlehrerrechts oder den Klassenteilern an öffentlichen Schulen orientieren.

Erfahrungen evaluieren

Die Unterzeichner*innen möchten ebenso dazu anregen, die während der Pandemie gewonnenen Erfahrungen umfassend sowie zeitnah zu evaluieren und die Ergebnisse für Empfehlungen zur didaktischen Gestaltung von digital synchronen Unterrichtseinheiten zu nutzen. Dies erscheint auch geboten, da bisherige Konzeptionen zur Ausgestaltung des zukünftigen ahrschulunterrichts die Schlussfolgerungen aus der Pandemie noch nicht integrieren (konnten), beziehungsweise noch nicht auf synchron digitale Unterrichtsformate ausgerichtet sind.

Die Unterzeichner*innen möchten Bund und Ländern, beziehungsweise deren Ministerien und Fachabteilungen ihre uneingeschränkte Bereitschaft zur Mitarbeit bei der Entwicklung von Rahmenbedingungen und Qualitätskriterien für digital synchrone Unterrichtsformate in der Fahrausbildung, insbesondere bei der vom Bundesrat angeregten Expertenkommission, signalisieren. Eine schnelle sowie auf umfassender Expertise aufbauende Realisierung des gefassten Bundesratsbeschlusses scheint sowohl aus Sicht einer modernen Verkehrserziehung als auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland sowie das vorhandene Mobilitätssystem wünschenswert.

Gezeichnet: Allgemeiner Deutscher Automobil-Club (ADAC) e. V. Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V. Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (bdo) e. V. Verband Innovativer Fahrschulen Deutschland (VIFD) e. V.