SN23 bdo-Position Busmaut

Zu den schädlichen Auswirkungen einer Busmaut

Berlin, 27.03.2013

Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e.V. (bdo) ist der Spitzenverband der privaten Omnibusbranche in der Bundesrepublik Deutschland. Er vertritt auf Bundesebene und im internationalen Bereich die gewerbepolitischen und fachlichen Interessen von rund 3.000 Busunternehmern, die sich im Öffentlichen Personennahverkehr, in der Bustouristik und im Busfernlinienverkehr engagieren und unter dem Dach des bdo zusammengeschlossen haben.

Ausgangssituation

Die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission „Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ unter dem Vorsitz von Dr. Karl-Heinz Daehre schlägt in ihrem Abschlussbericht unter dem Aspekt der Nutzerfinanzierung zehn mögliche Finanzierungsinstrumente für Bundes- und Landesstraßen vor, darunter auch die Einführung einer Maut für Omnibusse. Die Kommission prognostiziert dadurch eine Steigerung des Mautaufkommens um 100 bis 300 Millionen Euro jährlich. Gleichzeitig stuft sie die unternehmensbezogenen ökonomischen Auswirkungen der Einführung einer Maut für Busse als gering ein. Dabei verkennt die Daehre-Kommission die hier bereits bestehenden Belastungen, weshalb der bdo die Einführung einer Maut für Busse kategorisch ablehnt.

Im Einzelnen:

1. Wegekostendeckung

Der Omnibus trägt mehr zum Verkehrssystem bei, als er an Kosten verursacht. Im Zuge der sogenannten ökologischen Steuerreform sind Reisebusse gegenüber der Bahn und dem ÖPNV schlechter gestellt worden. Die Kommission berücksichtigt nicht hinreichend, dass die Busbetreiber bereits jetzt durch Mineralöl-, Strom-, Kraftfahrzeug- und Umsatzsteuer einen überproportionalen Beitrag zur Wegekostenfinanzierung in das Verkehrssystem einzahlen. Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) brachten die deutschen Omnibusse der Staatskasse im Jahr 2007 durch die Mineralölsteuer, Kraftfahrzeugsteuer und Parkgebühren Wegeeinnahmen in Höhe von 454 Millionen Euro ein. Der Wegekostendeckungsgrad für die deutschen Kraftomnibusse liegt bei 141 Prozent. Auf Bundesfernstraßen beträgt der Kostendeckungsgrad schon 235 Prozent und auf Bundesautobahnen sogar 312 Prozent. Auf Autobahnen wird somit durch den Busverkehr das Dreifache dessen an Einnahmen generiert, was die Busse an Wegekosten verursachen. Zum Vergleich: Die Wegekostendeckung für PKW liegt bei 208 Prozent; deutsche LKW decken ihre Wegekosten mit noch 99 Prozent nahezu vollständig. Dagegen trägt der Schienenverkehr der Bahn seine Wegekosten laut DIW nur zu 44 Prozent. Der Straßenverkehr finanziert somit den Schienenbahnverkehr. Die Einführung einer Mautpflicht für Busse kann daher mit dem Argument der Ausweitung der Verursachungsgerechtigkeit der Anlastung der Wegekosten, wie von der Daehre-Kommission ins Feld geführt, nicht gerechtfertigt werden.

2. Wettbewerbsverzerrung

Im Gegensatz zum Bus werden Bahn und Flugzeug massiv staatlich gefördert. Dieser Nachteil des Busses darf nicht weiter verstärkt werden. In besonderem Maße profitiert die Bahn als direkter Wettbewerbskonkurrent des Busses von staatlicher Unterstützung. Der Bund bringt jährlich etwa 10 Milliarden Euro für den Schienenverkehr auf, während der Busfernverkehr überhaupt nicht bezuschusst wird. Hinzu kommt dem Schienenverkehr auch eine massive Begünstigung bei der EEG-Umlage zugute (§ 40 EEG), um dessen vermeintlichem Wettbewerbsnachteil gegenüber dem Flugverkehr entgegenzuwirken. Im Hinblick auf die Auswirkungen der EEG-Umlage für mittelständische Branchen bleibt festzuhalten, dass auch das Umweltbundesamt festgestellt hat, dass die Umlage zweifellos für inländische Unternehmen eine Kostenbelastung darstellt, welche die Konkurrenten im Ausland ohne vergleichbare energiepolitische Rahmenbedingungen nicht tragen müssten. Die Subventionierung des Flugverkehrs wird durch das Umweltbundesamt mit mehr als acht Milliarden Euro jährlich angegeben. Der Luftreiseverkehr wird dabei durch die Befreiung von der Mineralöl-, Energie- und Umsatzsteuer gefördert, um deutsche Fluglinien im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu halten. Gemäß des Berichts der Bundesregierung über die Entwicklung der Finanzhilfen des Bundes und der Steuervergünstigungen für die Jahre 2009 bis 2012 (23. Subventionsbericht) wird der innerdeutsche Flugverkehr allein bei den Energiesteuern auf Kerosin mit 680 Millionen Euro entlastet. Für den Schienenverkehr liegt die Energiesteuerentlastung bei 340 Millionen Euro. Diese Zahlen machen deutlich, dass eine derartige „Subventionsspirale“ – einerseits Entlastung des Flugreiseverkehrs für den internationalen Wettbewerb, andererseits Begünstigung des Bahnreiseverkehrs zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Flugverkehr im nationalen Wettbewerb – den Busverkehr bereits jetzt erheblich in dessen Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Verkehrsmitteln benachteiligt. Diese aus dem Zusammenspiel von jeweiligen Begünstigungen für die Marktteilnehmer Flugzeug und Bahn resultierende Benachteiligung des Busreiseverkehrs würde durch die Einführung einer Busmaut verstärkt und zu einer noch tiefergehenden Beeinträchtigung des freien Wettbewerbs führen.

3. Verbraucherbenachteiligung

Das umwelt- und sozialverträgliche Verkehrsmittel Omnibus wird für den Verbraucher verteuert. Mit der Möglichkeit, Reisende sicher nahezu von Haustür zu Haustür zu befördern, erfüllt der Bus auf klimaschonende und preiswerte Weise höchste Ansprüche an Mobilität und Flexibilität für Menschen jeden Alters. Mit der Einführung einer Maut würden sich Busreisen spürbar verteuern. Der von der Daehre-Kommission vorgelegte Bericht geht unzutreffender Weise davon aus, dass die Einführung einer Busmaut lediglich eine geringfügige soziale Wirkung entfalten werde. Richtigerweise ist jedoch davon auszugehen, dass der Verbraucher durch eine Maut direkt betroffen wird. Ihm würde somit hinsichtlich seiner Möglichkeiten bei der Auswahl der Beförderungsart eine umweltschonende und kostengünstige Reisealternative genommen. Preisbewusste Reisekunden könnten aufgrund der gestiegenen Kosten ganz von einem Urlaub absehen. Im Gegensatz zu den Passagieren im Schienen- und Flugverkehr würde eine Busmaut gerade die Gruppe der preissensiblen Reisenden wie Rentner, Schüler und Studenten in besonderem Maße treffen. Eine stärkere Belastung des für die Busbranche typischen Verbraucherkreises wäre somit unsozial und verbraucherfeindlich.

4. Umweltbelastung

Der Bus ist Rekordhalter in Sachen Klimaverträglichkeit. Verglichen mit Bahn, Pkw und Flugzeug weist der Reisebus sowohl beim Kraftstoffverbrauch als auch beim Schadstoffausstoß die günstigste Bilanz auf. Der durchschnittliche Verbrauch eines Reisebusses liegt bei einer realistischen Auslastung von 60 Prozent bei nur 1,4 Liter Diesel pro 100 gefahrenen Kilometern und Fahrgast. Voll ausgelastet liegt der Wert sogar bei nur 0,9 Litern. Wo beim Bus ein Liter Kraftstoff ausreicht, benötigt die Bahn für die gleiche Beförderungsleistung umgerechnet 2,3 Liter Diesel. Im Flugreiseverkehr liegt der Verbrauch unter Berücksichtigung aller klimawirksamen Effekte schon bei 4,8 Liter Diesel, während für den Pkw sogar ein Wert von 6,0 Litern zu Buche schlägt. Auch in Punkto Schadstoffemission liegt der Reisebus mit einem Kohlendioxidausstoß von 3,0 kg je Person auf 100 Kilometern deutlich vor der Bahn (4,5 kg), dem Pkw (14,2 kg) und dem Flugzeug (22,8 kg). Mit der Weiterentwicklung moderner Dieselmotoren bis zur Einführung aktueller Euro-6-Antriebsaggregate konnten die Schadstoffemissionen weiter reduziert werden. Auch hinsichtlich der Reduzierung der anderen Emissionswerte des Omnibusses belegen die EU-Richtlinien, dass der Bus seit 1990 alle Abgaswerte auf einen Bruchteil reduzieren konnte. Demnach emittiert ein EURO III-Bus nur noch 19 Prozent Kohlendioxid, 28 Prozent Kohlenwasserstoff, 35 Prozent Stickstoffoxide und 28 Prozent an Feinstäuben – verglichen mit den im Jahr 1990 reisenden Bussen.

Der Bus als umweltverträglichstes Straßenverkehrsmittel würde mit den Belastungen durch eine Busmaut gegenüber umweltschädlicheren Beförderungsmitteln weiter benachteiligt. Insbesondere würde der Busverkehr durch unmittelbar steigende Fahrpreise gegenüber Low-Cost-Airlines oder dem motorisierten Individualverkehr unattraktiver werden. Reisekunden würden verstärkt zu diesen Verkehrsmitteln abwandern mit der Folge, dass die Belastungen für die Umwelt ansteigen. Die Maut würde sich damit umweltschädlich auswirken.

5. Benachteiligung des Wirtschafts- und Tourismusstandorts Deutschland

In der deutschen Tourismuswirtschaft und im öffentlichen Nahverkehr spielt die Busbranche eine wichtige Rolle. Der Omnibusmarkt umfasst nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes 4 295 private Omnibusunternehmen mit rund 76 000 Bussen. Der Omnibus sichert 750 000 Menschen in Deutschland ihre Arbeitsplätze, darunter über 144 000 direkt bei Omnibusunternehmen beschäftigte Mitarbeiter. Für die deutsche Automobilindustrie ist der Omnibusmarkt mit rund 10 000 jährlich produzierten Omnibussen ein bedeutendes Produktsegment, der die weltweite Führungsposition der deutschen Omnibushersteller auf rund 15 000 Beschäftigten sichert. Der Omnibus ist nach dem Kraftwagen das wichtigste Beförderungsmittel im Personenverkehr. Im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs übertreffen die Verkehrsleistungen des Omnibusses diejenigen der anderen Verkehrsträger mit 39 Mrd. Personenkilometern bei weitem. Der Omnibusverkehr ist insbesondere in den Randlagen der großen Städte, den Mittelzentren und der Fläche der Hauptleistungsträger im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Die Bustourismusbranche verzeichnet im Jahr bundesweit Umsätze von 10,5 Milliarden Euro und sichert 200.000 Arbeitsplätze in ganz Deutschland. Das deutsche Beherbergungsgewerbe profitiert mit 30 Millionen Übernachtungen vom Bustourismus. Bei Übernachtungsreisen zahlen Buskunden pro Reisetag rund 100 Euro zuzüglich Zusatzausgaben in Höhe von 28,30 Euro. Diese Zusatzausgaben fließen zu 28,7 % in den örtlichen Einzelhandel. Im Falle der Erhebung einer Busmaut ist hier mit deutlichen Umsatzrückgängen bis hin zum Verlust von Arbeitsplätzen zu rechnen, da interessierte Kunden entweder ganz von Reisen absehen oder zu Low-Cost-Airlines abwandern werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass einige Reiseziele und Sehenswürdigkeiten in Deutschland überhaupt nur mit dem Bus oder dem Pkw zu erreichen sind. Das heimische Tourismusgewerbe, wie Hotellerie und Gastronomie hätte deutliche finanzielle Rückgänge zu verzeichnen.

6. Benachteiligung des Mittelstands

Die häufig familiengeführten privaten Omnibusunternehmen würden durch die finanzielle Mehrbelastung einer Busmaut unmittelbar benachteiligt. Hier geht die Daehre-Kommission fälschlicherweise davon aus, dass die Einführung einer Busmaut bei den Unternehmern lediglich zu geringen Mehrkosten führen werde. Im Gegensatz zu den hochsubventionierten anderen Verkehrsbetreibern haben Busunternehmer jedoch nicht die Möglichkeit, Mehrbelastungen mittels Quersubvention auszugleichen. Ihnen bleibt nur der Weg über Fahrpreiserhöhungen. Dies würde in der besonders preissensiblen Busbranche zu Umsatzrückgängen führen. Reisende würden zunehmend günstige Angebote der Bahn („Schönes-Wochende-Ticket“) oder von Low-Cost-Airlines in Anspruch nehmen. Die Investitionskraft der überwiegend mittelständischen Busunternehmen würde empfindlich geschwächt. Durch die EEG-Umlage ist der Mittelstand bereits jetzt stark belastet, während stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes und Schienenbahnen teilweise von der EEG-Umlage befreit sind. Der Mittelstand trägt somit neben dem Endverbraucher bereits gegenwärtig überproportional die Lasten der Energiewende, während große Unternehmen begünstigt werden. Es steht zu befürchten, dass angesichts der schon allgemein angespannten wirtschaftlichen Situation und der im Gelegenheitsverkehr zu erzielenden geringen Margen viele Busunternehmen durch die Einführung einer Busmaut aus dem Markt austreten werden, was unweigerlich den Verlust von Arbeitsplätzen zur Folge hätte. Der private Mittelstand mit seinen 4 295 Busunternehmen würde durch die Einführung einer Busmaut nachhaltig geschädigt.

Fazit: Wer eine Busmaut befürwortet, spricht sich gegen ein sparsames, umwelt- und verbraucherfreundliches sowie besonders sicheres Verkehrsmittel aus.

Ein Bus ersetzt zudem 30 PKW und ermöglicht damit staufreien und reibungslosen Verkehr. Somit gilt: Je mehr Menschen den Bus nutzen, desto besser für die Umwelt.