SN05 Grünbuch Mehrwertsteuer

Grünbuch zur Zukunft der Mehrwertsteuer der Europäischen Union

Berlin, 11.05.2011

Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e.V. (bdo) ist der Spitzenverband der privaten Omnibusbranche in der Bundesrepublik Deutschland. Er vertritt auf Bundesebene und im internationalen Bereich die gewerbepolitischen und fachlichen Interessen von rund 3.000 Busunternehmern, die sich im Öffentlichen Personennahverkehr, in der Bustouristik und im Busfernlinienverkehr engagieren und unter dem Dach des bdo zusammengeschlossen haben.

**I.  Hintergrund**

Als Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) e.V. vertreten wir die Interessen von rund 3.000 privaten Busunternehmern in Deutschland. Die Mehrheit dieser Unternehmer führt Verkehre in das europäische Ausland durch und ist täglich mit den Regelungen zur grenzüberschreitenden Besteuerung konfrontiert. Das Labyrinth der 27 unterschiedlichen Mehrwertsteuersysteme der einzelnen EU-Mitgliedstaaten führt zunehmend zu Verwirrung und Problemen, die sich aus dem bürokratischen Aufwand, ebenso wie aus den entstehenden Kosten ableiten. Der derzeitige Aufwand zur Erfüllung der Mehrwertsteuerpflicht resultiert in erschwerten Bedingungen, die sich negativ auf die Entwicklung des grenzüberschreitenden Busverkehrs auswirken.

Hinzu kommt, dass das derzeitige Mehrwertsteuersystem, mit seinen fehlenden Binnenmarktkomponenten, mit den Businessmodellen im Globalisierungszeitalter nicht kompatibel ist. Der bisherige Ansatz hat seine Grenzen erreicht und vorgenommene punktuelle Veränderungen hatten meist ein noch komplizierteres Verfahren zufolge. Es ist an der Zeit für ein einfaches, robustes und effizientes Mehrwertsteuersystem, welches die Stärkung einer länderübergreifenden Anwendbarkeit mit der Reduzierung anfallender Kosten zur Erfüllung der Mehrwertsteuerpflicht vereint.

Die vom bdo und seinen Landesverbänden erarbeiteten Vorschläge, die im Folgenden aufgeführt sind, konzentrieren sich auf zentrale Kernforderungen, die für die Harmonisierung im Bereich der grenzüberschreitenden Beförderung ausschlaggebend sind.

II. Vorschläge des bdo zur Vereinfachung des Mehrwertsteuersystems

1. Frage 21. – 23.: Bürokratischer Aufwand

Der bürokratische Aufwand zur Erfüllung der Mehrwertsteuerpflicht im grenzüberschreitenden Beförderungsverkehr ist stetig gestiegen. Besonders die ausschließlich in Amtssprache vorhandenen zu bearbeitenden Formulare stellen enorme Probleme dar. Die unterschiedlichen Bearbeitungsweisen der Finanzämter in den Mitgliedsstaaten der EU bedeuten auch 27 verschiedene Vorgehensweisen mit denen sich der Unternehmer auseinandersetzen muss. Ohne das Konsultieren eines Steuerberaters ist dies kaum noch zu bewältigen.

Vorschlag des bdo:

Vergabe einer Ident-Nummer, welche im Land der Registrierung vergeben wird, so dass sich der Erwerb von Steuernummern in den einzelnen Staat erübrigt. • Versteuerung im Herkunftsland (Sitzortbesteuerung mit Kilometeraufteilung) ** Um den bürokratischen Aufwand zu verkleinern, soll die Versteuerung im Herkunftsland erfolgen, d. h. die gefahrenen Kilometer im jeweiligen Bestimmungsland unterliegen dem dortigen Steuersatz und werden nachfolgend im Herkunftsland besteuert. Unter Angabe der Ident-Nummer ist das Unternehmen in den einzelnen Staaten zuordenbar. • Die Erstellung einer EU-weiten **Standard MwSt-Erklärung, die in allen Amtssprachen verfügbar ist. • IT-Tool zur Registrierung/Aufzeichnung der Unternehmen, so dass den einzelnen Staaten Einsicht in den Umfang der grenzüberschreitenden Personenbeförderungsleistungen gewährleistet ist.

2. Frage 19.: Einheitlicher Steuersatz vs. Ermäßigungen

Personenbeförderungsleistungen werden derzeit unterschiedlich versteuert – Flugzeug, Bahn und Bus. Dies führt zu Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der Busunternehmer. Besonders im Reisebusverkehr ist diese Entwicklung verstärkt, da der Preis oftmals das Hauptentscheidungskriterium für oder gegen ein Verkehrsmittel ist. Gleiche Besteuerung und gleiche Mehrwertsteuersätze für alle Verkehrsmittel europaweit sind daher notwendig. Zur Förderung des umweltfreundlichen Kollektivverkehrs ist eine Angleichung unabdingbar.

Vorschlag des bdo:

• Eine Steuersatzstruktur die darauf basiert, dass ähnliche Produkte und Leistungen gleichen Steuersätzen unterliegen um Wettbewerbsverzerrungen auszuschließen und Überschaubarkeit zu schaffen. • Nullbesteuerung im Bereich der Daseinsvorsorge für lebensnotwendige Güter (Strom, Gas und Wasser) und Dienstleistungen, wie z. Bsp. die Personenbeförderung im öffentlichen Nahverkehr und Mobilität im Rahmen der medizinischen Versorgung. • Die einzelnen Staaten bleiben weiter für die Höhe der Mehrwertsteuersätze verantwortlich. Zur Harmonisierung wird jedoch von der Europäischen Kommission ein Rahmen vorgegeben, in dem sich der jeweilige Steuersatz wiederfinden lassen muss.

3. Frage 24.: Kleinunternehmen

In den einzelnen Ländern der EU sind jeweils eine MwSt.-Registrierung, regelmäßige MwSt.-Erklärungen und MwSt.-Zahlungen erforderlich. Die Bewältigung zur Erfüllung dieser Mehrwertsteuerpflichten bedeutet vor allem für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) eine enorme Belastung, weil es für diese zu kostspielig sein kann, für die zunehmend komplexer werdenden Mehrwertsteuerbestimmungen die Hilfe von Fachleuten in Anspruch zu nehmen. Bezug nehmend auf den „Small Business Act für Europa“ bedarf es einer gesonderten Regelung für KMU. Dieser impliziert den politischen Willen, die zentrale Rolle der KMU für die Wirtschaft der EU anzuerkennen und erstmals einen umfassenden politischen Rahmen für die EU und ihre Mitgliedstaaten zu schaffen.

Vorschlag des bdo:

• Mehrwertsteuerregelungen sollten vereinfachte Regelungen für KMU bieten – einschließlich einer MwSt.-Ausnahmeregelung bis zu einer gewissen Schwelle. Dazu bedarf es einer Pauschalregelung, die grenzüberschreitend Anwendung findet.

4. Frage 32.: Überprüfung der Erhebung

Bislang müssen Steuerpflichtige sich selbst veranlagen und werden im Anschluss durch die Steuerverwaltung geprüft. Durch die Nutzung moderner Technologien kann dieser Prozess existenziell vereinfacht werden. Es bedarf einer Lösung, die die Vermittlung der Informationen an die Steuerbehörde beschleunigt und eine effizientere und weniger aufwendige, elektronische Rechnungsstellung gewährt.

Vorschlag des bdo:

Eine zentrale Datenbank, die die Rechnungsangaben in Echtzeit übermittelt.

5. Zusammenfassung

Die Harmonisierung des MwSt-Systems der Europäischen Union sollte die Versteuerung der innergemeinschaftlichen Umsätze im Herkunftsland festlegen. Durch Aufzeichnung der Kilometeranzahl wird folgend im Land der Unternehmung nach dem Steuersatz des Bestimmungslandes besteuert. Um damit verbundene Kritikpunkte auszuräumen sind die Verantwortung der Unternehmer und das Plädieren an Ehrlichkeit festzuhalten, welches ein solches System politisch akzeptabel macht.

Die Einführung eines EU-weit geltenden einheitlichen Formulars zur Erfüllung der MwSt-Pflichten ist mit der im Registrierungsland vergebenen Ident-Nummer zu versehen, um die Beantragung einer Steuernummer in den einzelnen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union auszuschließen. Die bisher einzig in Landessprache vorhandenen Regelungen, werden in allen Sprachen verfügbar auf einen IT-Tool eingestellt. Des Weiteren ist zur Reduzierung des Verwaltungsaufwands eine Clearingstelle pro Staat als relevante Lösung zu sehen.

Eine Direktbesteuerung wird als nicht praktikabel angesehen und sollte keinesfalls Anwendung finden. Ebenso kritisch wird der Prozess der Zertifizierung gewertet.

Die Harmonisierung des MwSt-Systems der Europäischen Union ist für die zukünftig positive Entwicklung der Wirtschaft unumgänglich. Die Stärkung des Binnenmarkts, sowie die Verdeutlichung, der Bedeutung eines gemeinschaftlichen Europas mit Vorteilen für die in ihm tätigen Unternehmer müssen im Mittelpunkt der Zukunft der Mehrwertsteuer und im Fokus des