SN34 bdo-Stellungnahme Wanderlager

Zum bayrischen Antrag zur Änderung der Gewerbeordnung, u.a. Vertriebsverbot von Pauschalreisen bei Wanderlagern („Kaffeefahrten“)

Berlin, 21.08.2015

Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e.V. (bdo) ist der Spitzenverband der privaten Omnibusbranche in der Bundesrepublik Deutschland. Er vertritt auf Bundesebene und im internationalen Bereich die gewerbepolitischen und fachlichen Interessen von rund 3.000 Busunternehmern, die sich im Öffentlichen Personennahverkehr, in der Bustouristik und im Busfernlinienverkehr engagieren und unter dem Dach des bdo zusammengeschlossen haben.

Ausgangssituation

In dem Gesetzesantrag des Freistaats Bayern wird mit Blick auf sogenannte „Kaffeefahrten“ von einem verbraucherpolitischen Missstand gesprochen und auf Schätzungen verwiesen, die von etwa 4,5 bis 5 Millionen Teilnehmern und einem Jahresumsatz von 500 Millionen EUR ausgehen, wobei eingeräumt wird, dass genaue Zahlen mangels statistischer Erhebungen nicht vorliegen. Keinesfalls billigt der bdo Geschäftspraktiken, bei denen Verbrauchern mit aggressiven und irreführenden Verkaufsmethoden Vertragsabschlüsse aufgezwungen werden. Insoweit erkennen wir Bestrebungen, derartigen Veranstaltungen entgegentreten zu wollen, an. Allerdings halten wir es nicht für gesichert, dass in dem oben genannten Umfang auf unseriöse Art und Weise Verkaufsveranstaltungen durchgeführt werden. Wir sind der Auffassung, dass Medienrecherchen allein keine ausreichende Grundlage für eine Gesetzesinitiative darstellen sollten. Insoweit halten wir die konsequente Ausschöpfung der bereits bestehenden Mittel des Ordnungsrechts für verhältnismäßig und ausreichend. Ferner sind wir der Meinung, dass sich auch der Verbraucherschutz am Leitbild des mündigen und aufgeklärten Bürgers orientieren sollte.

1. Verbot des Vertriebs von Pauschalreisen gemäß § 56a Abs. 1b Nr. 4 GewO des Entwurfs
Hinsichtlich des geplanten Verbots des Vertriebs von Pauschalreisen möchten wir darauf hinweisen, dass es gängige Praxis vieler Busunternehmen mit angeschlossenem Reisebüro ist, ihren Kunden, darunter häufig Stammkunden, aktuelle Reiseangebote oder ihren neuen Reisekatalog im Rahmen von Haus- oder Reisemessen und damit außerhalb der eigenen Geschäftsräume anzubieten. Dazu werden teilweise Buspendeldienste angeboten. Bei diesen Fahrten können auch Buchungen vorgenommen werden. Derartige Veranstaltungen sind mit Kaffeefahrten nicht vergleichbar. Diese in unseren Augen unkritische Vorgehensweise, welche für Busunternehmer ein wichtiges Marketinginstrument zum Bewerben des eigenen Unternehmens darstellt, sehen wir nach der beabsichtigten Fassung von § 56a Abs. 1b Nr. 4 GewO gefährdet. Wir gehen davon aus, dass es nicht im Sinne des Gesetzgebers ist, derartige Veranstaltungen zu unterbinden und dies auch nicht beabsichtigt ist. Nach Meinung des bdo kann es auch nicht die Aufgabe des Gesetzgebers sein, die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung von Unternehmen in dieser Form einzuschränken. Im Gegensatz zu unseriösen Kaffeefahrten, für die im Übrigen auch keine gesicherten Zahlen über den Vertrieb speziell von Reisen vorliegen, ist bei den von uns beschriebenen Verkaufsveranstaltungen ein ausreichender Verbraucherschutz gewahrt. Zum einen ist den Teilnehmern der Veranstalter der Verkaufsveranstaltung bekannt und die Möglichkeit der problemlosen Kontaktaufnahme daher stets gegeben. Zum anderen besteht für den Reisekunden ein Rücktrittsrecht nach § 651i BGB. Aus den genannten Gründen lehnen wir die (uneingeschränkte) Einbeziehung von Reisen im Sinne des § 651a Abs. 1 BGB in dem Entwurf zu § 56a Abs. 1b Nr. 4 GewO ab.

2. Bußgeldtatbestand, § 145 Abs. 3a GewO
Der Vorschlag zur Neufassung des § 145 GewO sieht unter Abs. 3a vor, dass ordnungswidrig handelt, wer eine nicht ordnungsgemäß angezeigte Veranstaltung eines Wanderlagers fördert. Dies würde auch Busunternehmer betreffen, die Fahrten im Auftrag von Werbeveranstaltern durchführen. Der Transport der Teilnehmer durch ein Beförderungsunternehmen wird in der Begründung ausdrücklich genannt. Diese Vorschrift würde zu einer faktischen Kontrollpflicht des Busunternehmers in Bezug auf den Werbeveranstalter und dessen ordnungsgemäße Anmeldung der Veranstaltung führen. Dies erscheint praxisfern, da der Busunternehmer über keinerlei Kontrollrechte gegenüber seinen Vertragspartnern verfügt und somit unklar bleibt, wie er im Vorfeld überprüfen soll, welche Waren oder Dienstleistungen von dem Werbeveranstalter angeboten werden. Der Busunternehmer agiert in solchen Fällen lediglich als Beförderer und hat keinerlei Einfluss auf die Angebotsgestaltung des Werbeveranstalters.

Vor dem Hintergrund einer Haftungserweiterung auf Beförderungsunternehmen ist auch die drastische Anhebung des Bußgeldrahmens kritisch zu bewerten. Wir halten es für nicht maßvoll einerseits die Haftung auf einen völlig neuen Adressatenkreis (den Förderer einer nicht ordnungsgemäß angemeldeten Werbeveranstaltung) auszuweiten und im gleichen Schritt die Bußgelder zu verzehnfachen! Hier lässt der Gesetzgeber Entscheidendes bei gleichzeitig drastischer Verschärfung der Sanktionierungen offen. In der Begründung ist davon die Rede, dass eine Person „sehenden Auges Unterstützungshandlungen erbringt“. Wie dies gerichtlich überprüft werden kann, erschließt sich uns nicht.

Fazit

Der Entwurf verbietet in seiner gegenwärtigen Fassung auch seriöse Verkaufsveranstaltungen von Busunternehmen, die für diese als Marketingmaßnahme von elementarer Bedeutung sind und gängige Praxis darstellen. Da in diesen Fällen der Verbraucherschutz gewährleistet ist, kann es nicht vom Gesetzgeber gewollt sein, die wirtschaftliche Gestaltungsfreiheit von Busunternehmern zu beschneiden. Der Entwurf muss dahingehend überarbeitet werden, dass die beschriebenen Werbeveranstaltungen von Busunternehmen weiterhin stattfinden können.