SN53 Stellungnahme PBefG Bundestag
Stellungnahme des bdo zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (BR-Drucksache 28/21) vom 01.01.21 zum „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personenbeförderungsrechts“
Grundsätzliches
Das Personenbeförderungsrecht ist die zentrale Vorschrift für den ÖPNV in Deutschland. Die vergangenen No-vellen haben gezeigt, dass auch nur kleine Änderungen an diesem sehr ausgewogenen aber auch komplexen Gesetz erhebliche Auswirkungen auf die Verkehrsunternehmen und Kommunen; damit letztlich auf die gesamte Struktur und Qualität des ÖPNV haben können. Vor diesem Hintergrund begrüßt der bdo die Einsetzung der Findungskommission durch das BMVI. So zeigt dieses besondere gewählte Verfahren das Bewusstsein über die Komplexität von Chancen aber auch Risiken, die mit einer Novelle einhergehen.
Auch wenn der bdo im Hinblick auf die Genehmigung und Finanzierung von eigenwirtschaftlichen Verkehren seit der letzten Novelle des PBefG Änderungsbedarf sieht, akzeptiert er die Beschlusslage der Findungskommission, sich in dieser Novelle auf Änderungen von digitalen Geschäftsmodellen im Bereich der gewerblichen Personen-beförderung mit Personenkraftwagen zu beschränken. Die nachfolgenden Anmerkungen beziehen sich daher auf Bedenken des bdo im Hinblick auf diese Grenzziehung, werden also nur dann geäußert, wenn die Interessen von privaten im Wettbewerb befindlichen Busunternehmen betroffen sind. Im ersten Teil der Stellungnahme äußert sich der bdo zu Neuregelungen des Referentenentwurfs. In Teil II weisen wir auf für den Fernbus relevante Punkte hin, die nicht im Referentenentwurf enthalten sind, aber trotzdem geregelt werden müssten.
II. Stellungnahme zum Referentenentwurf
Artikel 1 Nr. 2 (§ 1a neu): Umweltverträglichkeit
Bei dem an verschiedenen Stellen neu eingefügten Begriff „Umweltverträglichkeit“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtbegriff, der alles Erdenkliche beinhalten könnte. Der bdo unterstützt die Ziele des Umwelt- und Klimaschutzes. Es muss aber sichergestellt werden, dass diese wichtigen Ziele auch mithilfe von eigenwirt-schaftlichen Verkehren erreicht werden können. Der bdo verweist hier an das Anschreiben zur Anhörung, indem es heißt: “Hinweisen möchten wir darauf, dass die Findungskommission hinsichtlich des Auftrags aus dem Koali-tionsvertrag, im PBefG klarzustellen, dass über die Nahverkehrspläne soziale Standards zum Schutz der Beschäf-tigten sowie qualitative und ökologische Standards auch für eigenwirtschaftliche Verkehre gelten, keinen Be-schluss gefasst hat. Die Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundestag haben entschieden, diesen Auftrag in der 19. Legislaturperiode nicht weiterzuverfolgen.“ Dieser Beschlusslage wird die Verwendung eines solchen weit auslegbaren unbestimmten Rechtsbegriffs nicht gerecht. Der Begriff ist daher sowohl hier, wie auch als „Folge-fehler“ in den anderen Vorschriften zu streichen, mindestens jedoch genau zu definieren. Bei dieser Definition ist klarzustellen, dass bei eigenwirtschaftlichen Verkehren die hierdurch entstehenden Mehrkosten zwingend so auszugleichen sind, dass die Eigenwirtschaftlichkeit sowohl im Betrieb, als auch bei der Wiederbeantragung hier-durch nicht beeinträchtigt wird.
Artikel 1 Nr. 3 (§ 2 Abs. 1a neu): Genehmigungspflicht für Subunternehmer
Die Vorgaben führen zu einer Genehmigungspflicht nach dem PBefG für alle Subunternehmer, die eine entgelt-liche Beförderung von Personen mit Kraftomnibussen durchführen. Eine rein vertragliche Sicherstellung der Vor-gaben der Verordnung Nr. 1370/2009 (subjektive Genehmigungsvoraussetzungen) durch die Subunternehmer-verträge wäre damit nicht mehr ausreichend. Der bdo bewerten dies positiv. Es führt dazu, dass nur die Busun-ternehmen Subunternehmerleistungen erbringen dürfen/können, die eine PBefG-Genehmigung haben und da-mit auch die subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen (insb. Sicherung und Leistungsfähigkeit des Unterneh-mens) erfüllen; auf der anderen Seite entsteht jedoch ein zusätzlicher bürokratischer Aufwand.
Der Passus „muss eine Genehmigung nach diesem Gesetz besitzen, die die eingesetzten Fahrzeuge umfasst“ könnte in der Form missverstanden werden, dass eine fahrzeugbezogene Genehmigung erforderlich ist. Nach den Erläuterungen zum Referentenentwurf möchte man unseres Erachtens nur zum Ausdruck bringen, dass bei der Prüfung der subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen (insb. finanzielle Leistungsfähigkeit) alle für die Er-bringung der Subunternehmerleistung erforderlichen Fahrzeuge berücksichtigt werden müssen. Es darf jedoch nicht dazu führen, dass es eine Pflicht gibt, jeden einzelnen Bus auf der Konzession vorher zu registrieren. Dies würde den Unternehmen die nötige Flexibilität nehmen, wenn z.B. aufgrund eines Ausfalls kurzfristig ein Ersatz-bus auf der Linie eingesetzt werden muss.
Artikel 1 Nr. 4 (§ 3a neu): Mobilitätsdaten
Mit Paragraphen § 3a -3d werden private Busunternehmen (auch wenn sie keine On Demand Dienste anbieten können oder wollen) verpflichtet, hoch sensible und wettbewerbsrelevante Echtzeitdaten zu Ausfällen, Störungen sowie Verspätungen nebst den voraussichtlichen Abfahrts- und Ankunftszeiten sowie der tatsächlichen oder prognostizierten Auslastung sowie Daten zu den Bezahl und Buchungsmöglichkeiten sowie den tatsächlich ab-gerechneten Kosten zu liefern. Bei Verstößen sollen Bußgelder drohen.
Eine Regelung in dieser Form lehnt der bdo aus den folgenden Gründen entschieden ab:
1. Technische Unmöglichkeit, bürokratischer Aufwand, unverhältnismäßige Kosten
Die meisten privaten und mittelständischen Unternehmen sind allein technisch nicht in der Lage, diese Vorgaben zu erfüllen. Sollten die Unternehmen in dieser Weise bußgeldbewährt verpflichtet werden, Daten bereit zu stellen, müssten sie in erheblichen Umfang in entsprechende Technik investieren. Zudem würde sich auch bei Vorhalt entsprechender Technik durch die Pflege und Durchführung der Datenbereitstellung ein erheblicher büro-kratischer Aufwand ergeben, den gerade kleine und mittlere Unternehmen nicht darstellen können. Eine solche Vorgabe ist damit unverhältnismäßig. Über die Darstellung von Verspätungsinformationen hinaus ist auch kein Mehrwert für die Fahrgäste zu erkennen, der diesen Aufwand rechtfertigen könnte, insbesondere bei eigenwirt-schaftlich tätigen privaten und mittelständischen Unternehmen.
2. Unzulässiger Eingriff in die unternehmerische Gewerbefreiheit, Benachteiligung im europäischen Wettbewerb, drohende weitere Kommunalisierung
Im Gegensatz zu kommunalen Unternehmen, die im Eigentum des Staates stehen und daher außerhalb des Wettbewerbs von Direktvergaben profitieren und im Rahmen des öffentlichen Dienstleistungsauftrages auch mit ent-sprechenden finanziellen Mitteln versehen werden, müssen private Busunternehmen sich in einem sehr schwierigen Wettbewerbsumfeld behaupten. In diesen europaweit vorgegebenen Ausschreibungs- und Genehmigungswettbewerben im klassischen ÖPNV werden mittelständische Busunternehmen nicht mehr bestehen können, wenn inländische und ausländische Wettbewerber wichtige und sensible Daten und Betriebsgeheimnisse kos-tenlos und umfangreich erhalten. Der bdo sieht in einer solchen Regelung einen unzulässigen Eingriff in seine verfassungsmäßig garantierten Rechte. Auch ginge eine solche Regelung weit über europäische Vorgaben zur PSI-Richtlinie, die private Unternehmen auch aus den zuvor geschilderten Gründen ausnimmt, hinaus. Der deutsche Gesetzgeber würde daher deutsche Busunternehmen massiv im europäischen Wettbewerb benachteiligen. Seit der letzten PBefG Novelle hat eine Kommunalisierung in erheblichem Ausmaß stattgefunden. Private Unter-nehmen sind aus dem Markt gedrängt sowie kommunale Strukturen durch die Aufgabenträger geschaffen und ausgeweitet worden. Die Weitergabe von Betriebsgeheimnissen an Aufgabenträger könnte diesen Effekt beschleunigen. Sofern von ÖPNV Betreibern für ihre Fahrgäste Pünktlichkeitsdaten im klassischen ÖPNV, egal ob freiwillig oder verpflichtend, geliefert werden, ist verpflichtend festzuschreiben, dass diese Daten nur für die aktuelle Fahrgastinformation genutzt werden dürfen und eine Speicherung unzulässig ist. Dieser Service wird heute schon von vielen Verkehrsunternehmen auf eigene Kosten ihren Fahrgästen zur Verfügung gestellt und darf jetzt nicht zum Missbrauch gegen private mittelständischen Verkehrsunternehmen genutzt werden. Auch im Fernlinienverkehr wäre die zwingende Weitergabe von Auslastungs- und Liniendaten oder Preisen etc. ein schwerwiegender Eingriff in den Markt. Der Aufbau von deutschland- oder europaweiten Linienverkehren, das Pricing und alle mit dem Betrieb eines Fernbusunternehmens zusammenhängenden Abläufe basieren auf mühsam erworbenem Know-how. Die Pflicht, die geforderten dynamischen Daten zur Verfügung zu stellen, wäre eine unverhältnismäßige Wettbewerbsverzerrung.
3. Kein Grund für die Einbeziehung des klassischen ÖPNV
Der bdo erkennt, dass die Bereitstellung von Daten essenziell für den Ausbau digitaler Poolingverkehre ist. Es ist aber auch erkennbar, dass Deutschland im Bereich der digitalen Infrastruktur, wie z.B. digitales Haltestellenmanagement usw. so weit zurück liegt, dass die Bereitstellung von Unternehmensdaten ins Leere gehen würde. Zudem gibt es bereits steuergeldfinanzierte Projekte, die an Schnittstellenproblematiken und Vernetzungen von Unternehmen und Infrastruktur arbeiten. Der bdo kann daher nicht erkennen, warum mit der Novelle des PBefG eine doppelte und kostenintensive neue Plattform parallel angestrebt wird.
4. Kein Grund für die Einbeziehung des klassischen Gelegenheitsverkehrs mit Bussen (Anmietverkehre und Touristik)
Die Verpflichtung von Anbietern im Gelegenheitsverkehr dynamische und statische Daten weiterzugeben, zielt eindeutig auf Taxi-, Mietwagenverkehre und auf Verkehre nach dem neuen § 50 PBefG. Betroffen wären aber auch die vielen tausend Busmittelständler, die Anmietverkehr und touristische Busreisen anbieten. Die einzigen Kategorien sind „Anbieter“, „Unternehmer“ und „Vermittler“. Es wird damit nicht zwischen einem öffentlichen Verkehr, zu dem Jedermann Zugang hat und einem touristischen Busreiseverkehr für feste Gruppen „mit geschlossenen Türen“ differenziert. Dieser klassische Busreiseverkehr zu touristischen Zwecken findet keinen Zustieg durch Fahrgäste außerhalb der Buchungen und ist daher auch nicht in eine öffentliche Datenplattform ein-zubinden. Die Erfassung statischer und dynamischer Daten im Bus-Gelegenheitsverkehr ist vollkommen unver-hältnismäßig und ohne jeden Mehrwert für die Nutzerinnen. Darüber hinaus stellt sie die Anbieterinnen von Anmietverkehren und Busreisen vor gewaltige Hindernisse. Wenn viele Unternehmen im ÖPNV derzeit noch nicht in der Lage sind, dynamische Informationen bereitzustellen, obwohl die geeigneten übergeordneten Infrastrukturen bereitstehen, ist völlig, offen, wie der klassische Mittelständler ohne jede Vernetzung an eine zentrale Instanz die erforderlichen Informationen bereitstellen soll. Ganz davon abgesehen, dass die Routen, Auslastung etc. natürlich auch im Bus-Gelegenheitsverkehr hochsensible Geschäftsdaten sind, die keinesfalls Wettbewerbern bekannt werden dürfen. Es muss eindeutig geregelt werden, dass klassische Anmiet- und Bustouristikverkehre weder statische noch dynamische Informationen zur Verfügung stellen müssen.
5. Komplexität des Datenthemas erfordert eigenständiges Regelungssystem
Der bdo verkennt nicht die Unerlässlichkeit einer zukunftsorientierten nationalen Regelung zum Umgang und zur Bereitstellung von Daten. Dieses Thema ist jedoch so komplex und kann so negative Auswirkungen auf beste-hende ÖV Anbieter im Wettbewerb haben, dass wir vorschlagen, die Bereitstellung von Daten in diesem Gesetzgebungsverfahren auf die Unternehmen zu beschränken, die On Demand Dienste anbieten wollen. Für alle an-deren Bereiche im ÖPNV, SPNV sowie dem Fernverkehr auf Schiene und Straße sollte der deutsche Gesetzgeber sich die Zeit für ein eigenständiges Gesetzgebungsverfahren unter Einbeziehung aller Stakeholder geben.
Artikel 1 Nr. 8 (§ 11 Absatz 3 Satz 1 neu): Örtliche Zuständigkeit der Genehmigungsbehörde
Bei dieser Formulierung wird nicht deutlich, wie genau die Mehrzahl der Linien bestimmt. Handelt es sich um die Anzahl der Einzellinien im Verhältnis zu allen Linien und spielt auch die Streckenlänge einer Rolle?
Artikel 1 Nr. 9d (§ 12 Abs. 1 neu): Antragstellung Fernbusliniengenehmigung
Im Referentenentwurf findet sich die Formulierung „(…) Zusätzlich soll der Antrag bei einem Personenfernver-kehr geeignete Unterlagen enthalten, aus denen sich ergibt, dass die zuständigen Stellen vor Ort den beantragten Haltestellen zugestimmt haben.“ Diese Verpflichtung stellt die bisherige Genehmigungspraxis auf den Kopf, führt einen unnötigen Erlaubnisvorbehalt bei den Haltestellen ein und birgt die Gefahr, den Genehmigungsprozess mindestens zu verlängern oder ihn sogar unmöglich zu machen.
Schon heute haben Gemeinden die Möglichkeit auf die Haltestellenplanung im Fernbusverkehr einzuwirken. Sie werden im Genehmigungsverfahren von der entsprechenden Genehmigungsbehörde angehört. Die Gemeinden haben nach § 14 Abs 4 Satz 2 die Möglichkeit, sich binnen zwei Wochen schriftlich zu äußern. Sollten Fernbusunternehmen und Gemeinden unterschiedliche Positionen bezüglich der Haltestellen haben, wird dies grundsätzlich im Konsens gelöst. Die Fernbusunternehmen haben kein Interesse daran, gegen die Gemeinden Haltestellen durchzusetzen. Für einen reibungslosen Verkehr ist es unerlässlich, dass alle Partner an einem Strang ziehen. Wenn jedoch eine Gemeinde die Frist zur Stellungnahme verstreichen lässt, gilt die Genehmigung als erteilt (Genehmigungsfiktion bzw. fiktiver Verwaltungsakt). Durch den neu eingeführten Satz in § 12 Abs. 1 könnte diese bisherige Genehmigungsfiktion ins Leere laufen und bei unterschiedlicher Auslegung des neuen § 12 Abs.1 aus einer Soll-Bestimmung eine Verpflichtung entstehen. Das Verfahren könnte dadurch in der Folge zu verlängerten und erweiterten Anhörungsverfahren mit einer Vielzahl von Beteiligten führen, insbesondere wenn ihm Rahmen des neues Verfahrens Haltestellenbetreiber höchstwahrscheinlich doppelt angehört würden – durch den Fern-buslinienbetreiber und die Genehmigungsbehörde.
Die Praxis zeigt aber, dass insbesondere kleine Kommunen dies aufgrund der Vielzahl der Aufgaben kaum leisten können. Es steht somit zu befürchten, dass für die Zustimmungen von Gemeinden in der Praxis deutlich mehr Zeit benötigt wird als die aktuell maximal zwei Wochen – insbesondere, wenn der Vorgang für jeden einzelnen (Änderungs-)Antrag wiederholt werden muss. Dies könnte dazu führen, dass sich das gesamte Genehmigungsverfahren stark verzögert. Zudem ist damit zu rechnen, dass Genehmigungsbehörden trotz eingereichter Unterlagen weiterhin zusätzlich eine reguläre Anhörung durchführen. Dies würde doppelten bürokratischen Aufwand bedeuten: Zunächst durch den Fernbusbetreiber, dann noch einmal durch die Behörde. Auch die Haltestellenbe-treiber wären durch die zweifache Abfrage doppelt belastet. Dies hätte insbesondere Konsequenzen für den ländlichen Raum. Zusätzlicher bürokratischer Aufwand kann dazu führen, dass Halte mit geringen Zusteigezahlen künftig entfallen. Diese Änderung ist daher abzulehnen.
Artikel 1 Nr. 9 (§ 12 Abs. 3a): Antragstellung
Der bdo weist darauf hin, dass die neu hinzugekommene Vorgabe, nach der einem Antrag auf Linienbedarfsver-kehr vom Antragsteller „eine Übersichtskarte, in der das beantragte Gebiet und alle in dem Gebiet bereits vorhandenen Verkehre“ abgebildet sind, in der Form nicht möglich ist, da dieser in aller Regel darüber keine Kenntnis hat.
Zu Artikel 1 Nr. 10 (§ 13 Absatz 5a neu): Versagungsgründe und Verkehrseffizienz Mit dieser Formulierung wird der öffentlichen Hand eine neue Steuerungsmöglichkeit gegeben. Im Zusammen-hang mit der Versagung einer Genehmigung für den gebündelten Bedarfsverkehr wird der neue unbestimmte Begriff „Verkehrseffizienz“ eingeführt. Es wird letztendlich Aufgabe der Rechtsprechung sein, den Begriff zu kon-kretisieren. Dies birgt Jahre der Rechtsunsicherheit. Aus unserer Sicht erscheint daher die Formulierung aus vor-herigen Entwurfsfassungen „keine wesentliche Verbesserung der Verkehrsbedienung eintritt, weil die vorhan-denen gebündelten Bedarfsverkehre diese Verkehrsaufgaben bereits wahrnehmen“ zielführender. Es erschließt sich für den bdo nicht, warum ein solcher Versagungsgrund nur für gebündelte Bedarfs-verkehre nach § 50 (neu), jedoch nicht für die ebenfalls mit § 44 neu eingeführten Linienbedarfsverkehre gelten solle. Auch bei diesen muss schließlich klar geregelt sein, dass zusätzlichen Verkehre nicht genehmigungsfähig sind, wenn sie zu keiner wesentlichen Verbesserung der Verkehrsbedienung führen. Wir schlagen daher folgende Formulierung in 5b (neu) vor: „Bei einem Linienbedarfsverkehr kann die Genehmi-gung versagt werden, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträchtigt wer-den, dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs die Verkehrseffizienz im beantragten Bedien-gebiet nicht mehr sichergestellt ist. Hierbei ist für den Bezirk der Genehmigungsbehörde die Festsetzung zur zulässigen Höchstzahl der genehmi-gungsfähigen Fahrzeuge der zuständigen Behörde zu berücksichtigen.“ Artikel 1 Nr. 15b (§ 23 Absatz 3 neu): Mobilitätshilfen Hier fehlt eine genaue Definition der Mobilitätshilfen. Der bdo regt eine entsprechende Klarstellung an zur Be-zugnahme auf die einschlägige Verordnung Nr. 181/2011. Nach Art. 17 der Verordnung Nr. 181/2011 umfasst die in § 23 Absatz 3 neu angesprochene Haftung des Verkehrsunternehmens den Verlust oder die Beschädigung von Rollstühlen und anderen Mobilitätshilfen oder Hilfsgeräten. Artikel 1 Nr. 18 (§ 40 neu): Fahrplanänderung Der bdo begrüßt außerordentlich die Erleichterungen bei geringfügigen Fahrplanänderungen. Künftig werden baustellenbedingte Fahrplanänderungen, die nicht länger als 6 Monate gelten, als geringfügig eingestuft. Für solche Änderungen ist es nicht mehr erforderlich, dass die Zustimmung der Genehmigungsbehörde eingeholt werden muss. Dies bedeutet eine erhebliche bürokratische Entlastung. Grundsätzlich sollte generell dazu über-gegangen werden, dass die Anzeige von Fahrplänen sowie Änderungen ausreicht und eine Genehmigung nicht erforderlich ist. Artikel 1 Nr. 20 (§ 42b neu): Rollstuhlplätze Der bdo weist dringend darauf hin, dass die Zahl der Stellplätze für Rollstuhlnutzer auf einen Stellplatz im Fahr-zeug beschränkt werden muss. Es ist im internationalen Standard völlig unüblich und in der Praxis auch nicht erforderlich, mehr als einen Stellplatz vorzuhalten. In der erweiterten Regelung allein für den Linienfernverkehr in und aus Deutschland kommt zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber bei der „Freigabe“ des Linienfernverkehrs Seite 6 von 7 Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e.V. mit Bussen im Grunde genommen dieser „neuen“ Verkehrsform ablehnend gegenüberstand. Im Verhältnis zum Fernverkehr auf der Schiene sollte der Busverkehr es von vornherein schwerer haben. In der Praxis hat diese Regelung zu unwirtschaftlichen Nachrüstungen und Einzelanfertigungen geführt, weil es keine Fahrzeuge gibt, die zwei Rollstuhlplatze serienmäßig vorsehen. Deutsche Fernbusanbieter haben damit einen wettbewerblichen Nachteil. Artikel 1 Nr. 21 (§ 44 neu): Linienbedarfsverkehr Im Vergleich zur letzten Entwurfsfassung wurde der Begriff des Linienbedarfsverkehrs erweitert; Linienbedarfs-verkehr im Sinne des § 44 neu liegt nun nicht mehr nur vor, wenn der Verkehr ausschließlich mit Personenkraft-wagen durchgeführt wird. Der Linienbedarfsverkehr muss in den Nahverkehrstarif ein-gebunden sein. Ein pau-schaler Zuschlag hat den Zweck, ein „Abheben“ vom klassischen ÖPNV in Form eines „Komfortzuschlags“ zu er-reichen. Unklar ist jedoch, ob der Zuschlag erhoben werden muss (siehe Gesetzestext „wird erhoben“) oder nur kann (siehe Gesetzesbegründung). Der bdo begrüßt die Schaffung derartiger Bedarfsverkehre ausdrücklich, da flexible Formen einen wichtigen qualitativen Gewinn des ÖPNV insbesondere außerhalb der Ballungsräume dar-stellen können. Es muss allerdings dringend sichergestellt werden, dass es zu keiner Konkurrenz zum „normalen“ Linienverkehr kommt. Hierfür verweisen wir sowohl auf die detaillierte Gesetzesbegründung (S. 33f), die klare Vorgaben an neue flexible Angebote, die bestehende Angebote im ÖPNV ergänzen und verdichten oder unter bestimmten Bedingungen sogar ersetzen können, macht, als auch auf den neu hinzugefügten § 13 Abs. 5a (Ver-sagungsgründe gebündelter Bedarfsverkehre). Die Etablierung von Linienbedarfsverkehren obliegt den Aufga-benträgern im Rahmen der Nahverkehrspläne. Sie sollte – insbesondere in den Fällen, in denen bestehende ÖPNV-Angebote ersetzt werden – nur auf Basis belastbarer Daten erfolgen und die öffentlichen Verkehrsinte-ressen in ausreichender Form berücksichtigen. Artikel 1 Nr. 33 (§ 64c neu): Barrierefreiheit Es ist zu begrüßen, dass die möglichst weitgehende Barrierefreiheit erst ab einer Anzahl von 20 Fahrzeugen im Unternehmen gilt. 5 % der betriebenen Fahrzeuge im Taxi- und im gebündelten Bedarfsverkehr eines Unterneh-mers sollen möglichst weitgehend barrierefrei sein. Welche Vorgabe gilt, wenn 5 % des Fuhrparks keine „ganzen“ Fahrzeugeinheiten ergeben (z.B. 5 % von 25 Fahrzeugen = 1,25)? § 16 Absatz 2 PBefG: Geltungsdauer von Genehmigungen verlängern Vor dem Hintergrund des Klimaschutzes und der hiermit in Zusammenhang stehenden Clean Vehicles Directive regt der bdo dringend an, die Geltungsdauer der Genehmigung für den Linienverkehr (§ 16 Abs. 2 PBefG) auf 15 Jahre hoch zu setzen. Gemäß Artikel 4 Absatz 4 der VO 1370 sind Laufzeitverlängerungen öffentlicher Dienstleis-tungsverträge um 50 Prozent zulässig, wenn entsprechende Investitionen (z.B. Ladeinfrastruktur auf den Be-triebshöfen) getätigt werden müssen. Im Busbereich wären somit 15 Jahre Laufzeit möglich. In Anbetracht der langen Amortisationsdauer notwendiger Investitionen halten wir es für unabdingbar, die Geltungsdauer der Ge-nehmigung für Linienverkehr mit Kraftomnibussen zu verlängern. Die verlängerte Genehmigungsdauer muss da-bei genauso und erst recht für eigen-wirtschaftliche Genehmigungen gelten, auch wenn bzw. weil es mit E-Bus-sen noch schwieriger sein wird, ohne spezifischen Zuschuss den Verkehr darzustellen. Das ist aber sichergestellt, denn mit der Formulierung „unter den Voraussetzungen des Artikels 4“ (§ 16 Abs. Satz 3 PBefG) ist nicht voraus-gesetzt, dass der (länger laufenden) Genehmigung ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag zugrunde liegen muss. Seite 7 von 7 Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e.V. III. Weiterer Änderungsbedarf aus Sicht des Fernbusverkehrs Die Öffnung des Personenbeförderungsgesetzes für Fernbusverkehre bei der letzten Novelle hat die Erfolgsge-schichte Fernbus erst möglich gemacht. Es bedarf aber weiterer Anpassungen, um noch bestehende, meist bü-rokratische Hürden zu beseitigen. Die Novelle des PBefG bietet jetzt die Gelegenheit, den umweltfreundlichsten motorisierten Verkehrsträger durch verbesserte gesetzliche Rahmenbedingungen zu stärken. Verfahren vereinfachen und digitalisieren Der Beantragungsprozess von Personenfernverkehren nach § 42a PBefG existiert aktuell nahezu aus-schließlich in Papierform. Auch die Genehmigungsurkunden sind im Original in Schriftform auf jedem eingesetzten Bus mit-zuführen. Die aktuellen Regelungen verursachen sowohl bei den Genehmigungs-behörden als auch bei den An-tragstellern einen enormen bürokratischen Aufwand. Eine Digitale Lösung z.B. mit Tablets auf Bussen sowie ein bundeseinheitlicher digitaler Antragsprozess für Linienfernverkehr würde sowohl die Behörden als auch die Be-förderungsunternehmen enorm entlasten. Eine Änderung des § 5 PBefG und/oder die Schaffung einer Regelung zur Digitalisierung des Antragsprozesses und der Linienkonzessionen wären hier die Lösung. Schaffung einer bundeseinheitlichen Genehmigungsstelle Gemäß § 11 Abs. 1 PBefG wird die Liniengenehmigung von einer Behörde erteilt, die von der Landes-regierung bestimmt wurde. In der Praxis führt dies dazu, dass die zuständigen Genehmigungsbehörden in vielen Bundes-ländern variieren. Dies kompliziert die Genehmigungsverfahren für Antragsteller und Behörden unnötig, da die Verfahren dadurch besonders kleinteilig und zerklüftet werden (unterschiedliche Ansprechpartner, verschiedene Verwaltungsebenen, unterschiedliche Zuständigkeiten). Mit einer bundeseinheitlichen Genehmigungsstelle würde nicht nur eine einheitliche Plattform für den Antragsteller geschaffen, sondern es wäre auch sichergestellt, dass die Regelungen für das Antragsverfahren einheitlich und korrekt angewendet werden. Erforderlich wäre hier eine Änderung des § 11 Abs. 1 PBefG zur Schaffung einer bundeseinheitlichen Genehmigungsstelle. Alternativ wären auch eine Konkretisierung der Vorschriften sowie eine bundeseinheitliche Praxis und Auslegung der PBefG-Genehmigungsvorschriften für Linienfernverkehr sinnvoll. Denn aufgrund von Unschärfen hinsichtlich der Genehmigungsvorschriften des PBefG für Linienfernverkehre existieren in der Praxis zwischen den verschie-denen Bundesländern diverse Unterschiede im Liniengenehmigungsverfahren. Durch eine bundeseinheitliche Praxis und Auslegung könnten Genehmigungsverfahren für Antragsteller und Behörden vereinfacht und be-schleunigt werden.