SN87 bdo_Überarbeitung der EU-Führerschein-Richtlinie

**Überarbeitung der EU-Führerschein-Richtlinie **

Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (bdo) e.V. ist der Spitzenverband der deutschen Busbranche und vertritt die Interessen der rund 3.000 privaten und mittelständischen Unternehmen aus den Bereichen Personennahverkehr, Bustouristik und Fernlinienverkehr gegenüber Politik und Öffentlichkeit.

I. Gravierender Busfahrpersonalmangel

EU-weit besteht ein gravierender Fahrpersonalmangel. Allein in Deutschland fehlen bis 2030 rund 87.000 Busfahrer:innen. Die Gründe sind zunehmende altersbedingte Personalabgänge, der steigende Personalbedarf für die geplante Verkehrswende und die herausfordernde Nachwuchsgewinnung.

Die Hauptursachen des Nachwuchsmangels sind die Dauer und Kosten der Ausbildung sowie Sprachbarrieren. Reformen sind unerlässlich. Der bdo hat ein Maßnahmenpaket mit Lösungsvorschlägen erarbeitet. Der bdo und Verbände aus anderen Staaten setzten sich auf EU-Ebene für die Anpassung der Mindestalter-Vorschriften und die Aufhebung des Wohnortprinzips ein.

II. Erforderliche Anpassungen des Entwurfs der EU-Führerschein-Richtlinie

Der Anfang März 2023 vorgestellte Entwurf zur Überarbeitung der europäischen Führerschein-Richtlinie sieht keine Verbesserung für das Busgewerbe vor. Folgende Anpassungen sind dringend erforderlich:

Anpassung der Mindestalter-Vorschriften (21 Jahre / 18 Jahre) Mit den weiterhin vorgesehenen Mindestalter-Vorschriften sind Busfahrer:innen erst ab 23 Jahren flexibel einsetzbar. Potenzielle Kandidat:innen verlassen die Schule jedoch meist mit 16 Jahren. Jüngere Fahrer:innen dürfen nur ohne Fahrgäste, nur mit kleinen Bussen der Klasse D1 oder max. 50 Kilometer im Linienverkehr fahren − nicht im Anmiet- oder Reiseverkehr. Dabei sind die meisten Unternehmen Mischbetriebe mit ÖPNV- und Reisebussen. Zur Steigerung der Attraktivität des Berufs und einer Ausweitung der Einsatzmöglichkeiten angehender Fahrer:innen muss das uneingeschränkte Fahren ab folgendem Alter möglich sein:

o 21 Jahre mit einer beschleunigter Berufskraftfahrerqualifikation o 18 Jahre mit einer Berufsausbildung

• Aufhebung des Wohnortprinzips Mobilität in der Ausbildung ist EU-weit möglich – Nicht aber in der Busfahrausbildung. Studierende mit Wohnsitz in Kehl (D) können z.B. ohne Auflagen in Straßburg (F) studieren. Potentielle Busfahrer:innen dürfen den Busführerschein jedoch nur im Inland machen. Dabei macht Mobilität oftmals durch Zeit- und Kostenersparnis, weniger Bürokratie oder zur Umgehung von Sprachbarrieren Sinn. Zum Beispiel könnten in Frankfurt (Oder) wohnende polnische Staatsbürger den Busführerschein in Polen in ihrer Muttersprache machen oder Fahrschüler:innen aus Bayern fahren nach Österreich, wo der Führerschein ein Drittel kostet. Das geltende Wohnortprinzip widerspricht allen Prinzipien des EU-Binnenmarktes. Führerscheine müssen in allen EU-Staaten und nicht nur im Wohnsitzstaat erworben werden können. Die Mobilität würde Fremdsprachler:innen den Führerscheinerwerb erleichtern und Alternativen zu den in einigen Mitgliedstaaten sehr hohen Führerscheinkosten bieten. Das EU-Recht garantiert weiterhin den hohen, EU-einheitlichen Ausbildungsstandard.

• Anpassung der Kapazität für die Klasse D1 Führerscheininhaber:innen der Klasse D1 dürfen Busse mit bis zu 8m Länge fahren und bis zu 16 Fahrgäste befördern. Das ist zu wenig, weil die entsprechenden Busse mehr Kapazität bieten. Um das zulässige Fahrzeuggewicht flexibel mit Sitzplätzen, Stehplätzen und Gepäck auszunutzen und die unterschiedlichen Einsatzzwecke zu berücksichtigen, muss die Vorgabe der Klasse D1 einerseits die Anzahl der Sitzplätze statt die Anzahl Fahrgäste vorschreiben und andererseits 22 statt 16 Sitzplätze zulassen.

III. Erforderliche Textänderungen des Richtlinien-Vorschlags 2023/0053 (COD)

1. Anpassung der Mindestalter-Vorschriften (21 Jahre / 18 Jahre)

  • Artikel 7 Abs. 1 e) ist wie folgt zu ändern:

für die Klassen D und DE 21 Jahre.

  • Artikel 7 Abs. 5 b) und c) sind wie folgt zu fassen:

b) 18 Jahre für die Klassen D1, D1E, D und DE, wenn der Bewerber den Befähigungsnachweis durch eine Berufsausbildung erwirbt (für die Klassen D1 und D1E das Mindestalter gemäß Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe a Ziffer i der Richtlinie (EU) 2022/2561;) -> gestrichen

c) 21 Jahre für die Klassen D1, D1E, D und DE (für die Klassen D und DE das Mindestalter gemäß Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe a Ziffer i Unterabsatz 1, Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe a Ziffer ii Unterabsatz 1 und Artikel 5 Absatz 3 Buchstaben b der genannten Richtlinie.) -> gestrichen

2. Aufhebung des Wohnortprinzips

  • Artikel 10 Abs. 1 e) ist zu streichen:

(e) sie haben ihren ordentlichen Wohnsitz im Hoheitsgebiet des den Führerschein ausstellenden Mitgliedstaats oder können nachweisen, dass sie während eines Mindestzeitraums von sechs Monaten dort studiert haben.) -> gestrichen

3. Anpassung der Kapazität für die Klasse D1

  • Artikel 6 Abs. 1 viii) ist wie folgt zu ändern:

Kraftwagen, die zur Beförderung mit 22 Sitzplätzen von nicht mehr als 16 Personen außer dem Fahrzeugführer ausgelegt und gebaut sind und deren Länge bis zu 8 m beträgt. – Hinter Kraftwagen dieser Klasse darf ein Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von bis zu 750 kg mitgeführt werden;