SN50 Stellungnahme zur Umsetzung Clean Vehicle Directive (SaubStraFahrzeugBeschG)
Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/161 vom 20. Juni 2019 zur Änderung der Richtlinie 2009/33/EG über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge sowie zur Änderung vergaberechtlicher Vorschriften
Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e.V. (bdo) ist der Spitzenverband der privaten Omnibusbranche in der Bundesrepublik Deutschland. Er vertritt auf Bundesebene und im internationalen Bereich die gewerbepolitischen und fachlichen Interessen von rund 3.000 Busunternehmer*innen, die sich im Öffentlichen Personennahverkehr, in der Bustouristik und im Busfernlinienverkehr engagieren und unter dem Dach des bdo zusammengeschlossen haben.
I. Vorbemerkung
1. Ausgangssituation
Mit der Richtlinie soll der Übergang der Europäischen Union zu emissionsarmer Mobilität gefördert und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit des Mobilitätsökosystems der EU gestärkt werden. Da die Vorgängerrichtlinie die Akzeptanz sauberer Fahrzeuge auf dem Markt in der Union nicht beschleunigen konnte, definiert die RL 2019/1161 nun Mindestziele für die öffentliche Auftragsvergabe, indem sie den Mitgliedstaaten Quoten für die Beschaffung von „sauberen“ Fahrzeugen vorschreibt.
Der bdo begrüßt grundsätzlich die Ziele der EU-Kommission, die Verbreitung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben zu fördern und die Emissionen des Verkehrssektors zu senken. Busse sind dabei Teil der Lösung und nicht des Problems. Unter Verkehrsexperten ist es mittlerweile einhellige Meinung, dass die Verkehrswende allein mit einer Antriebswende nicht gelingen kann, sondern es vielmehr eines massiven Anstiegs der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel bedarf. Die Zahlen des Umweltbundesamtes zeigen deutlich: Der effektivste Weg zur Emissionseinsparung im Personenverkehr ist es, die Menschen von einem Umstieg vom Pkw zum ÖPNV zu überzeugen. Für die dringend benötigte Veränderung des Modal Split ist eine deutliche Qualitätssteigerung des öffentlichen Verkehrs erforderlich. Dies impliziert einen Angebotsausbau - d.h. Taktverdichtung auf bestehenden Linien, Einrichtung neuer Linien, Aufbau und Weiterentwicklung von On-Demand-Verkehren – genauso wie attraktive Fahrpreise.
Daher begrüßt der bdo die Festlegung des europäischen Gesetzgebers in Erwägungsgrund 22, dass die Vorgaben der o.g. Richtlinie nicht zu einer Ausdünnung des Angebotes oder zu einer Verteuerung für die Fahrgäste führen dürfen. Um dies zu erreichen, ist die Bereitstellung ausreichender Mittel zur Kompensation der Mehrkosten durch den Staat unumgänglich. Leider verkennt schon der europäische Gesetzgeber das Ausmaß der Mehrkosten, indem er nur auf die Fahrzeuge abstellt. Die notwendige Infrastruktur und ihre Implikationen bergen jedoch weitere erhebliche Mehrkosten, die von den Verkehrsunternehmen nicht getragen werden können.
Der vorliegende Referentenentwurf wiederholt leider diesen Fehler. Den errechneten Erfüllungsaufwand sowohl für die Wirtschaft als auch für die Verwaltung halten wir für viel zu niedrig und die Realität verkennend. Die Anschaffungskosten für einen Elektrobus betragen in etwa das Doppelte des Kaufpreises eines Dieselbusses. Bei Wasserstoffbussen liegt der Anschaffungspreis bei dem Dreifachen eines Dieselbusses. Während der europäische Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Kaufpreise sauberer Fahrzeuge „weiter sinken werden“ (vgl. Erwägungsgrund 6), zeigt ein Blick in die Praxis ein völlig anderes Bild. Die Kaufpreise für Elektrobusse sind in den letzten Jahren trotz wachsender Verfügbarkeit gestiegen. Dies hängt neben der konstant hohen Nachfrage nach Fahrzeugen mit alternativen Antrieben mit den immer größer werdenden Batterien zusammen. Den Ausführungen des VDA anlässlich des Runden Tisches des BMVI zur Umsetzung der CVD am 29.10.2020 war deutlich zu entnehmen, dass positive Preiseffekte auf absehbare Zeit nicht zu erwarten sind.
Hinzu kommen erhebliche Mehrkosten für die Ladeinfrastruktur, für die Erweiterung des Hausanschlusses (Stromversorgung), für den über Jahre erforderlichen Parallelbetrieb der unterschiedlichen Antriebsarten, für den Ausgleich geringerer Verfügbarkeiten. Auch sind die bestehenden Betriebshöfe häufig nicht groß genug, um dem steigenden Platzbedarf – abhängig von der Positionierung der Ladeinfrastruktur sind andere Aufstellungen der Fahrzeuge notwendig – Rechnung zu tragen und die zum Ausgleich der noch nicht ausreichenden Reichweiten von batteriefahrzeugen erforderlichen Mehrfahrzeuge bedingen zusätzlichen Platzbedarf.
Auch bei Brennstoffzellenbussen wird für die Wasserstoffbetankungsinfrastruktur deutlich mehr Platz benötigt als für eine Dieseltankstelle.
Kann auf bestehenden Betriebshöfen der gestiegene Platzbedarf nicht gedeckt werden, sind Investitionen in neue Standorte erforderlich. Auch dies ist mit erheblichen Mehrkosten verbunden.
Die Kostenfolgenabschätzung des hier gegenständlichen Referentenentwurfs bedarf daher einer dringenden Überarbeitung.
Ohne ausreichende Förderung für die Beschaffung und den Betrieb von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben wird es den Unternehmen nicht möglich sein, emissionsarme und emissionsfreie Fahrzeuge in nennenswerter Stückzahl zu beschaffen und zu betreiben. Daher ist es essentiell, dass die Antriebswende mit passenden Förderprogrammen begleitet wird. Die Förderinstrumente sind im Einklang mit dem Small Business Act der EU mittelstandsfreundlich zu gestalten. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass es durch unterschiedliche Fördersätze nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommt. Gerade vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit dem Sofortprogramm „Saubere Luft in Städten 2017 bis 2020“ bittet der bdo, die Fördersystematik auf den Prüfstand zu stellen, die Antragsformalitäten zu vereinfachen und Wettbewerbsverzerrungen zwischen privaten und kommunalen Unternehmen zu vermeiden.
2. Fahrzeuge
Es werden klare Vorgaben gemacht, dass die Vorgaben der CVD nur Fahrzeuge der Klasse M3 Unterklasse I und A (d.h. mit Stehplätzen für Strecken mit zahlreichen Haltestellen, dazu gehören Niederflur- und Low-Entry-Busse) sowie Fahrzeuge der Klasse M1 und M2 betreffen. Fahrzeuge der Klasse M3 Unterklasse II sind nicht vom Geltungsbereich erfasst.
Als „sauber“ im Sinne der Richtlinie gelten Fahrzeuge, die alternative Kraftstoffe nutzen. Laut Art. 2 der Richtlinie 2014/94/EU über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFID) sind dies Kraftstoffe oder Energiequellen, die zumindest teilweise als Ersatz für Erdöl als Energieträger dienen und zur Reduzierung der CO2-Emissionen beitragen.
Bedauerlicherweise wurde vom europäischen Gesetzgeber völlig ignoriert, welche Emissionen von „Well-to-Wheel“ tatsächlich entstehen. Bereits jetzt ist bekannt, dass die EU-Kommission plant, zu einem späteren Zeitpunkt „saubere“ Fahrzeuge anhand von CO2-Emissionen zu klassifizieren. Dies schafft Unsicherheit bezüglich der zur Erfüllung der Vorgaben der Richtlinie 2019/1161/EU erforderlichen Investitionen. Wenn heute in ein als „sauber“ definiertes System aus Fahrzeugen und Infrastruktur investiert wird und sich vor der Amortisierung dieser Investition herausstellt, dass die Fahrzeuge bei Berücksichtigung aller CO2-Emissionen doch nicht „sauber“ sind, kann dies die wirtschaftliche Existenz der Unternehmen bedrohen. Hier gilt es, den Unternehmen verlässliche Investitionsperspektiven zu schaffen.
Für die angekündigte Überarbeitung der AFID muss die Bundesregierung aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Investitionsverlässlichkeit darauf hinwirken, dass die Liste der als sauber geltenden Antriebstechnologien nicht reduziert wird. Zudem sollte eine größere Kohärenz dieser Richtlinie mit der Richtlinie 2019/1161/EU hergestellt werden.
Der bdo lehnt jegliche nationale Verschärfungen der europäischen Vorgaben, wie es der vorliegende Referententwurf vorsieht, entschieden ab. Die CVD eröffnet den Mitgliedstaaten gemäß Erwägungsgründen 19 und 22 einen Spielraum dahingehend, sich bei der Umsetzung der nationalen Mindestziele besonders auf Gebiete, die eine vergleichsweise hohe Luftverschmutzung und Lärmbelastung aufweisen, zu konzentrieren oder auch Faktoren wie Wirtschaftskraft, Bevölkerungsdichte sowie Merkmale der Verkehrssysteme zu berücksichtigen. Von diesem Spielraum muss Gebrauch gemacht werden. Entsprechend plädiert der bdo ganz entschieden für eine bundesweite Beschaffungsquote. Eine Quote pro Beschaffungsvorgang wird den regionalen Besonderheiten vor Ort nicht gerecht.
Grundsätzlich falscher Ansatz des Referentenentwurfes ist, dass der nationale Gesetzgeber den öffentlichen Auftraggebern und Auftraggebern und damit den Unternehmen einseitig die Einhaltung der Mindestziele oktroyiert. In Deutschland sind aufgrund der föderalen Struktur die Aufgabenträger zuständige Behörden im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007. Diesen obliegt auch im Rahmen der Aufstellung der Nahverkehrspläne, sich um eine umweltfreundliche Fahrzeugflottengestaltung vor Ort zu bemühen und diese auch zu finanzieren. Private Unternehmen können daher ausschließlich über die Teilnahme an wettbewerblichen Verfahren um diese Verkehre ihren Betrag zur Flottenelektrifizierung leisten. Daraus ergibt sich, dass die einseitige Verpflichtung nur der Unternehmen zu kurz gegriffen ist und es eines gesamthaften Einsatzes aller am ÖPNV beteiligten Akteure bedarf.
3. Infrastruktur und Genehmigungslaufzeit
Zur Erreichung der durch die CVD vorgegebenen Ziele ist es unerlässlich, dass auch die Infrastruktur zur Verfügung steht bzw. deren Bereitstellung intensiv, in ausreichender Höhe und mit vertretbarem bürokratischem Aufwand gefördert wird.
In diesem Zusammenhang plädiert der bdo für die Verlängerung der Geltungsdauer der PBefG-Genehmigungen. Diese beträgt derzeit gemäß § 16 Abs. 2 PBefG höchstens zehn Jahre. Die Genehmigung kann für einen längeren Zeitraum festgelegt werden, wenn die Voraussetzungen des Artikels 4 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 vorliegen. Damit wären für öffentliche Dienstleistungsaufträge im Busbereich 15 Jahre Laufzeit möglich, wenn Investitionen in entsprechende Wirtschaftsgüter (hier z. B. Ladeinfrastruktur auf Betriebshöfen) getätigt werden müssen. Um eine Amortisierung dieser Investitionen zu ermöglichen, muss von dieser Möglichkeit dringend Gebrauch gemacht werden. Die derzeit anstehende Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes bietet hierzu die Gelegenheit.
Da die vorgegebenen Mindestziele nur in einer gemeinsamen Kraftanstrengung erreicht werden können, haben der bdo, der VDV und die Bundesländer ihre Positionen zu dem vorgelegten Referentenentwurf intensiv diskutiert und abgestimmt. Zu den einzelnen Punkten nehmen wir daher – ebenso wie der VDV und die Länder – Stellung wie folgt:
II. Stellungnahme
(Gemeinsame Stellungnahme der Länder mit Ausnahme von Baden-Württemberg)
Die nachfolgende gemeinsame Stellungnahme aller Länder zum oben genannten Referentenentwurf der Bundesregierung bezieht sich ausschließlich auf die Regelungen des Referentenentwurfs, die die Umsetzung der Richtlinie in Bezug auf schwere Nutzfahrzeuge der Klasse M3 (Linienbusse) betreffen. Diese Fahrzeuge werden vornehmlich im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder im freigestellten Schülerverkehr eingesetzt. Für diese Fahrzeugklassen regelt die Clean Vehicles Directive (CVD) besonders hohe Anforderungen an den Anteil „sauberer“ bzw. „emissionsfreier“ Fahrzeuge.
Die gemeinsame Stellungnahme der Länder ist mit dem bdo sowie dem VDV abgestimmt.
Grundsätzlich wird das Bestreben, einen Nachfrageimpuls von sauberen und energieeffizienten Fahrzeugen zu fördern und so die Emissionen im Verkehrsbereich zu reduzieren, begrüßt. Es wird dabei nicht in Frage gestellt, dass insbesondere auch der ÖPNV seinen Beitrag leisten muss und wird. Der hier vorliegende Referentenentwurf wirft allerdings grundsätzliche Fragen auf, die dringend einer Antwort durch den Bund ggfs. in Abstimmung mit der EU-Kommission bedürfen. Aus Sicht der Länder bedarf es außerdem einer grundsätzlichen Änderung der Herangehensweise zur Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht. Anstelle der im Referentenentwurf vorgesehenen Verschiebung der Umsetzungsprobleme allein auf die Ebene der Länder, Kommunen und Verkehrsunternehmen sowie die durch die vorgeschlagenen Regelungen drohenden einseitigen Belastungen der Unternehmen des Verkehrsgewerbes fordern die Länder im Einklang mit bdo und VDV einen Umsetzungsansatz, der auf eine Verantwortung des Bundes gemeinsam mit allen übrigen Beteiligten zur Erfüllung der Mindestziele bundesweit setzt und das Angebot der Verbände der Verkehrsunternehmen zur Mitwirkung über eine Branchenvereinbarung im Rahmen der bundesgesetzlichen Umsetzung aufgreift. Die Länder nehmen insoweit ergänzend Bezug auf den als Anlage beigefügten Beschluss der Verkehrsministerkonferenz vom 14./15.10.2020, der ein vorrangiges Abstellen auf eine bundesweite Branchenvereinbarung fordert. Darüber hinaus bedarf es für die Umsetzung in der Praxis klarstellender Formulierungen im Gesetzentwurf zu der Frage, in welchen Konstellationen Verkehrsunternehmen als Sektorenauftraggeber gelten und in den Anwendungsbereich des Gesetzes einbezogen sind und in welchen nicht.
Im zweiten Teil werden zu diesen Punkten jeweils konkrete Änderungsvorschläge unterbreitet.
1. Grundsätzliches
Hinsichtlich der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1161 im hier vorliegenden Referentenentwurf werden wesentliche Problemstellungen gesehen, für die die gesetzliche Regelung ggfs. nach Abstimmung mit der EU-Kommission eindeutige Regelungen treffen muss.
Im Anwendungsbereich ist klarzustellen, dass nicht allein durch den Umstand, dass ein Unternehmen im Besitz der notwendigen personenbeförderungsrechtlichen Genehmigung zur Erbringung der ÖPNV-Leistung ist, dieser Unternehmer zum Sektorenauftraggeber wird. Dies wird im zweiten Teil näher erläutert und dazu auch ein Formulierungsvorschlag unterbreitet.
Des Weiteren wirft die Fallkonstellation Schwierigkeiten auf, in denen der Dienstleistungserbringer eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags selbst auch Sektorenauftraggeber ist. Die CVD verpflichtet die Aufgabenträger zur Einhaltung der Quoten bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge nach der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007. Ebenso sind zumindest die öffentlichen Verkehrsunternehmen als Sektorenauftraggeber zur Einhaltung der Quoten bei den jeweiligen Fahrzeugbeschaffungen verpflichtet. In den Fällen, in denen sowohl der öffentliche Dienstleistungsauftrag als auch die Fahrzeugbeschaffungen nach dem Stichtag 02.08.2021 erfolgen, müssen die Beschaffungen doppelt gezählt werden. Dies legen auch die Leitlinien der Europäischen Kommission über die Anwendung der Artikel 2, 3, 4, und 5 der Richtlinie 2009/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge zur Unterstützung einer emissionsarmen Mobilität (2020/C 352/01) so fest. Darin heißt es zur Frage 18 im Fallbeispiel 3:
„Während des Bezugszeitraums vergibt ein öffentlicher Auftraggeber einen Auftrag über den Betrieb seines Busnetzes an einen anderen öffentlichen Auftraggeber oder einen Auftraggeber, der den Verpflichtungen der Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU unterliegt. Der Vertrag sieht den Einsatz von 10 Bussen vor. Alle 10 Busse zählen für die Zwecke des Mindestziels, unabhängig davon, ob der Dienstleistungserbringer neue Busse kauft oder bestehende Busse einsetzt. Zusätzlich werden, wenn der zweite öffentliche Auftraggeber/Auftraggeber während des Bezugszeitraums einen oder mehrere Busse beschafft (z. B. einen neuen Bus kauft, um einen der im Rahmen des Dienstleistungsvertrags eingesetzten Busse zu ersetzen), diese auch für die Zwecke des Mindestziels für die Auftragsvergabe gezählt und sind entsprechend zu melden. Bitte beachten Sie, dass in diesem Fall der Kauf des Busses durch den zweiten öffentlichen Auftraggeber/Auftraggeber unabhängig davon gezählt würde, ob er im Rahmen des Dienstleistungsauftrags verwendet wird oder nicht.“
Nach Ziffer 12 der Leitlinien muss die Quote der „sauberen“ bzw. „emissionsfreien“ Fahrzeuge ausdrücklich nicht auf jeden einzelnen öffentlichen Dienstleistungsauftrag bzw. Beschaffungsvorgang angewandt werden, sondern muss insgesamt für den Mitgliedstaat erfüllt werden. Die im o. g. Fallbeispiel von der EU-Kommission vorgegebene Doppelzählung würde aber zu einer erhöhten Beschaffungsverpflichtung „sauberer“ Fahrzeuge anderer Unternehmen führen, wenn in einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag von der Ausnahmemöglichkeit Gebrauch gemacht würde. Wenn beispielsweise 2022 ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag für ein ÖPNV-Netz mit 100 herkömmlichen, also im Sinne der Richtlinie „nicht sauberen“, Bussen an ein öffentliches Unternehmen vergeben würde, das die Fahrzeuge für diesen Auftrag beschaffen muss, würden sowohl für den öffentlichen Dienstleistungsauftrag als auch für die Beschaffung jeweils 100 Busse für die Gesamtquote angerechnet werden müssen. Dann müssten zur Erfüllung der Anforderungen der Richtlinie insgesamt 90 „saubere“ Fahrzeuge in anderen Städten nachgewiesen werden, obwohl tatsächlich nur 100 Busse im Einsatz sind. Faktisch betrüge die Quote damit 90 %.
Zwar werden auch die in einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag verankerten und dann tatsächlich auch beschafften „sauberen“ Busse doppelt gezählt. Dies ist aber deshalb problematisch, da die Verkehrsunternehmen, die schon heute die Beschaffung insbesondere von emissionsfreien Bussen planen (z. B. Rheinbahn Düsseldorf, BVG Berlin, Hamburger Hochbahn, Kölner Verkehrsbetriebe) sämtlich über öffentliche Dienstleistungsaufträge verfügen, die vor dem 02.08.2021 zustande gekommen sind. Deren Beschaffungen würden deshalb nicht doppelt gezählt werden dürfen.
Neben dieser problematischen Doppelzählung wird auch nicht geklärt, wie die nach der Vergabe des öffentlichen Dienstleistungsauftrages eingetretene Verpflichtung eines Sektorenauftraggebers, ein „sauberes“ und damit kostenintensiveres Fahrzeug zu beschaffen, finanziell abzubilden ist. Denn es ist nicht geklärt, ob die Beschaffungsverpflichtung auch eine Verpflichtung zur Anpassung der Finanzierung aus dem öffentlichen Dienstleistungsauftrag nach sich zieht und wie dies vergaberechtlich und beihilferechtlich im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 zu bewerkstelligen ist. Die Beschaffungsverpflichtung darf nicht dazu führen, dass das Verkehrsunternehmen entweder die Belastung allein tragen muss oder den Auftrag verliert, weil die Umsetzung der CVD eine Neuvergabe des öffentlichen Dienstleistungsauftrages zur Folge hätte.
In Bezug auf die Finanzierung erneuern die Länder ihre Forderung nach einer adäquaten finanziellen Unterstützung der Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen durch den Bund. Dies sind insbesondere:
- Bereitstellung des angekündigten Förderprogramms mit einem Fördervolumen in Höhe von 800 Mio € zur Förderung der emissionsfreien und –armen Antriebe und nötigen Infrastrukturen für den Zeitraum 2021 bis 2024 im ÖPNV.
- Erhöhung der Regionalisierungsmittel zur Finanzierung der Transformation des ÖPNV von fossilen Kraftstoffen auf regenerativ erzeugte Energien sowie der höheren Betriebskosten. In ihrer Sitzung vom 14. und 15.10.2020 hat die Verkehrsministerkonferenz darauf hingewiesen, dass eine Verstetigung der im Jahr 2020 um 2,5 Mrd. € erhöhten Regionalisierungsmittel erforderlich sein wird.
Ausweislich der Erwägungsgründe zur Richtlinie dürfen die Mehrbelastungen aus der Umsetzung der CVD nicht zu erhöhten Fahrpreisen oder einer Ausdünnung des Verkehrsangebots führen. Die im Referentenentwurf unter Punkt F. „Weitere Kosten“ getroffene Aussage, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass durch die Entstehung betriebswirtschaftlicher Mehraufwendungen kalkulatorische Kostenüberwälzungen auf die Fahrpreise stattfinden können, verstößt damit gegen die Zielsetzung des europäischen Gesetzgebers, eine Verkehrsverlagerung auf öffentliche Verkehrsmittel zu unterstützen.
Die vorgenannten Problemstellungen können in der Praxis nur durch eine bundesweit und nicht für jede einzelne Vergabe einzuhaltende Quote unter Einbeziehung einer adäquaten Bundesförderung der Investitionen im Ansatz praktikabel gelöst werden. Aufgrund der unterschiedlichen Verhältnisse in den Ballungsgebieten und in den ländlichen Räumen mit zum Teil schwierigen Einsatzmöglichkeiten insbesondere von emissionsfreien Bussen halten es die Länder daher für notwendig, die Erfüllung der Mindestziele insgesamt und bundesweit bei der Umsetzung zu betrachten.
Die Länder halten es entsprechend dem Beschluss der Verkehrsministerkonferenz vom 14./15.10.2020 für den effizientesten Weg, die Einhaltung der Mindestziele mittels einer Branchenvereinbarung sicherzustellen. Die Verbände unterstützen diesen Ansatz und haben sich eindeutig zum Abschluss einer solchen Branchenvereinbarung bekannt.
Im Bereich des ÖPNV werden bereits jetzt zahlreiche „saubere“ Fahrzeuge beschafft und die Aufgabenträger und Unternehmen planen auch jetzt schon die Vergabe der Beschaffung weiterer „sauberer“ Fahrzeuge ab dem Stichtag 02.08.2021. Der aufgrund der Richtlinie zu erfüllende Anteil „sauberer“ Fahrzeuge bedarf daher keiner gesetzlichen Festlegung mehr, sondern kann von der Branche erfüllt werden. Zur Branchenvereinbarung wird ein konkreter Umsetzungsvorschlag unterbreitet.
2. Zum Referentenentwurf im Einzelnen
Zum Vorblatt Teil D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand / E2. Erfüllungsaufwand der Wirtschaft
Die Annahmen zu den Branchenbelastungen aus dem Referentenentwurf weichen deutlich von denen der Branche getätigten Rückmeldungen ab. So wurde das BMVI im Rahmen der AG „Innovative Antriebe“ des BMVI und am Runden Tisch „zur Umsetzung der Clean-Vehicles-Directive“ am 29.10.2020 informiert, dass sich die Gesamtkosten zur Umstellung auf E-Mobilität und dem Betrieb gegenüber heute verdreifachen. Eine Kostenreduktion bei der Beschaffung der E-Fahrzeuge kann u.a. auf Grund der falschen Konstruktion der CVD im Markt nicht erkannt werden. Im Gegensatz zum PKW-Markt, bei dem Hersteller einen Flottengrenzwert aktiv erreichen müssen, fordert die CVD keine Motivation zur Kostendegradation von den Herstellern. Diese bis mindestens 2030 bestehende Marktsituation wird zu höheren Kosten bei der Beschaffung führen. Der Ausgleich muss nun durch die (ÖPNV-) Betreiber bzw. die öffentliche Hand erfolgen.
Die CVD fordert und bezieht sich in ihren Formulierungen auf die Beschaffung und den Austausch bestehender Fahrzeugflotten durch Fahrzeuge mit alternativen Antrieben bzw. zur Nutzung vorgegebener Treib- und Kraftstoffe. In den letzten 7 Jahren der Entwicklung von Bussen mit alternativen Antrieben ist die Erkenntnis erwachsen, dass die Fahrzeugbeschaffung bei einem Systemwechsel der kleinere Teil der Investitionen darstellt. So sind
- Batteriebusse ca. doppelt so teuer,
- Fahrzeuge mit Brennstoffzellen ca. dreimal so teuer
wie vergleichbare dieselgetriebene Fahrzeuge der Abgasstufe EURO VI. Für den Betrieb dieser Fahrzeuge mit alternativen Antrieben sind jedoch viele zusätzliche Investitionen u.a. in die Infrastruktur, das Personal sowie die Steuerung und Unterhaltung notwendig.
Die Investitionen, die in die Infrastruktur nötig sind, liegen dabei deutlich höher als die, die für die Fahrzeugbeschaffung notwendig sind. Die benötigte Vorlaufzeit beträgt zurzeit zwei bis drei Jahre. Ohne die Investitionen in die Infrastruktur ist der Einsatz von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben nicht möglich. Dazu kommt ein Doppelbetrieb von bisheriger Tankstellen- und neuer Lade- oder Tankinfrastruktur in der Migrationszeit bis zur kompletten Umstellung. Hierdurch steigen die Betriebskosten der Unternehmen, die in alternative Kraftstoffe investieren, deutlich.
Vor diesem Hintergrund werden die geschätzten Ausgaben für deutlich zu niedrig gehalten.
Die abgesenkten Kosten für den Zeitraum von 2021 bis 2030 sind in dem Referentenentwurf nicht erläutert. Gerade in der Zeit müssen die Infrastrukturen aufgebaut werden, so dass mit besonders hohen Investitions- und Betriebskosten kalkuliert werden muss. Die jährlichen zusätzlichen Kosten in Höhe der genannten 370 Mio € müssen durch die Länder, Kommunen und Landkreise aufgebracht werden. Eine Mitfinanzierung durch den Bund ist dabei sicherzustellen. Die aufgeführten weiteren Kosten in Höhe von 280 Mio €/a sind durch die Verkehrsunternehmen und damit die Aufgabenträger bzw. Kommunen gegen zu finanzieren.
Daher werden folgende Forderungen zur Finanzierung gestellt:
- Bereitstellung des angekündigten Förderprogramms mit einem Fördervolumen in Höhe von 800 Mio € zur Förderung der emissionsfreien und –armen Antriebe und nötigen Infrastrukturen für den Zeitraum 2021 bis 2024 im ÖPNV.
- Erhöhung der Regionalisierungsmittel zur Finanzierung der Transformation des ÖPNV von fossilen Kraftstoffen auf regenerativ erzeugte Energien sowie der höheren Betriebskosten. In ihrer Sitzung vom 14. und 15.10.2020 hat die Verkehrsministerkonferenz darauf hingewiesen, dass eine Verstetigung der im Jahr 2020 um 2,5 Mrd. € erhöhten Regionalisierungsmittel erforderlich sein wird.
- Ferner muss sichergestellt werden, dass die Fördermaßnahmen so gestaltet werden, dass alle Aufgabenträger, die Öffentliche Dienstleistungsaufträge mit emissionsarmen oder emissionsfreien Fahrzeugen vergeben sowie Unternehmen, die emissionsarme oder emissionsfreie Fahrzeuge beschaffen wollen, dieselben Antragsvoraussetzungen haben.
Zum Vorblatt Teil E3. Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Der Referentenentwurf gibt vor, dass die Mehr-Ausgaben an anderer Stelle wieder eingespart werden sollen. Dies ist kontraproduktiv zum Erreichen des Ziels der Verkehrswende und einer Effizienzsteigerung bzw. dem Erreichen der Klimaziele mit einer CO2 Emissionsreduktion im Verkehrssektor. Ein Umschichten der Budgets sowie Einsparungen müssen ohne adäquate Förderung zur Rücknahme der ÖPNV-Angebote führen und damit den ausdrücklich formulierten Zielen der CVD widersprechen.
Die Zuordnung der klimapolitischen Ziele muss auch eine Finanzierung dieser enthalten. Hierzu bieten sich u. a. Verursacherprinzipien an. Mit einem weiteren Lastenausgleich für Aufgabenträger, die Öffentliche Dienstleistungsaufträge mit Vorgaben zu sauberen oder emissionsfreien Fahrzeugen vergeben sowie Unternehmen, die in die E-Mobilität investieren, könnten die Entwicklungen die Aufwendungen in der Migrationsphase durch z. B. den doppelten Betrieb von Infrastrukturen finanziert werden.
Es wird daher eine weitere Zuweisung aus der CO2-Besteuerung zur Transformationsfinanzierung des ÖPNV vorgeschlagen, bzw. muss eine Aufstockung der Regionalisierungsmittel ab 2025 zur Finanzierung der klima- und industriepolitischen Vorgaben erfolgen.
Zu VI Gesetzesfolgen - 3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Auf Basis der zugelassenen Fahrzeuge und einer im Referentenentwurf angesetzten 10%igen jährlichen Austauschquote wird erwartet, dass jeweils ca. 450 der ca. 2.000 jährlich in Deutschland zugelassenen Fahrzeuge (M3 Klasse I) in der ersten Periode unter die Kategorien „sauber“ und „emissionsfrei“ fallen. Daher ist der mit jeweils 1.140 Fahrzeugen für den Zeitraum gewählte Ansatz zu niedrig und müsste auf 2025 Fahrzeuge erhöht werden.
Eine PWC-Studie vom August 2019 zeigt bereits folgende Entwicklung bei der Beschaffung von E-Bussen auf:
Quelle: https://www.pwc.de/de/offentliche-unternehmen/e-bus-radar-0819.pdf
Im Zeitraum 2021 bis einschließlich 2025 ergibt diese eine Beschaffungsplanung von 2.223 E-Bussen und damit eine Einhaltung der nationalen Quote.
Umfragen aus 2020 gehen sogar von höheren Beschaffungsplanungen aus. So hat eine Umfrage des VDV ergeben, dass schon knapp 20 Städte/Kommunen und deren Verkehrsunternehmen Beschaffungen zwischen 500 und 600 E-Bussen pro Jahr bis 2026 auf Basis des angekündigten Förderprogramms des BMVI angekündigt haben. Weitere 50 Verkehrsunternehmen befinden sich in Vorbereitungen zur möglichen Beschaffung von E-Bussen.
Zu Artikel 1 - § 1 Allgemeiner Anwendungsbereich
Nach Artikel 1 Nummer 2 verlangt die Richtlinie von den Mitgliedstaaten „sicherzustellen, dass öffentliche Auftraggeber und Auftraggeber dazu verpflichtet sind, beim Kauf bestimmter Straßenfahrzeuge die Energie- und Umweltauswirkungen, einschließlich des Energieverbrauchs, der CO2-Emissionen und bestimmter Schadstoffemissionen während der gesamten Lebensdauer zu berücksichtigen, um den Markt für saubere und energieeffiziente Fahrzeuge zu fördern und zu beleben und den Beitrag des Verkehrssektors zur Umwelt-, Klima- und Energiepolitik der Europäischen Union zu verbessern.“ Eine unmittelbare Verpflichtung zur vergaberechtlich bindenden Vorgabe von Mindestzielen für die Beschaffung durch die Mitgliedsstaaten ergibt sich dadurch aber nicht. Vielmehr ergibt sich aus Artikel 1 Nummer 6 der Richtlinie durch die Formulierung von Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 ausdrücklich, dass die Mitgliedsstaaten insoweit nur eine Sicherstellungsverpflichtung in Bezug auf die in der Richtlinie vorgegebenen Mindestziele für die öffentliche Auftragsvergabe haben. Schon dies verdeutlicht, dass den Mitgliedsstaaten für diese Sicherstellung ein breites Umsetzungsermessen eingeräumt ist, das neben der verpflichtenden Vorgabe von Mindestzielen für die Beschaffung, wie sie der Referentenentwurf bislang vorsieht, auch andere Umsetzungsmöglichkeiten eröffnet, die eine Sicherstellung auf anderem Wege gewährleisten. Aus Sicht der Länder sollte dieser Spielraum bei der Umsetzung genutzt werden, indem auf die Umsetzung durch eine Branchenvereinbarung gesetzt wird. Dementsprechend sollte auch in § 1 Absatz 1 des Referentenentwurfs auf den damit verbundenen Sicherstellungsansatz und nicht auf die bislang formulierte Regelung der Einführung von Mindestzielen abgestellt werden.
§ 1 Absatz 1 Satz 1 des Referentenentwurfes sollte dementsprechend wie folgt formuliert werden:
„Dieses Gesetz dient der Sicherstellung von Mindestzielen bei der Beschaffung bestimmter Straßenfahrzeuge und Dienstleistungen durch öffentliche Auftraggeber und Auftraggeber, die für saubere leichte und saubere schwere Nutzfahrzeuge festgelegt werden.“
Zu Artikel 1 - § 2 Begriffsbestimmung
Einigkeit zwischen Bund, Ländern und Verbänden besteht darin, dass die Umsetzung der Richtlinie in bundesdeutsches Recht sich auf eine „1:1“-Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben beschränken soll, über diese aber nicht hinausgehen soll. Um dies zu gewährleisten, ist es aus Sicht der Länder erforderlich, klarstellende Regelungen zum Anwendungsbereich im Hinblick auf die besonderen bundesdeutschen Regelungen im Personenbeförderungsrecht und die im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) enthaltenen Transparenz- und Verfahrensregelungen für die Vergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen und die Erteilung von Linienverkehrsgenehmigungen nach dem PBefG, insbesondere in Bezug auf den sog. Genehmigungswettbewerb bei eigenwirtschaftlichen Verkehren (§ 13 Absatz 2b PBefG), in die Begriffsbestimmungen in § 2 aufzunehmen.
Die Länder gehen dabei von folgendem Verständnis aus:
Auftraggeber im Sinne der Richtlinie und des Referentenentwurfes sind in jedem Fall alle unter § 100 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) fallenden öffentlichen Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3 im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Außerdem sind Auftraggeber im Sinne der Richtlinie und des Referentenentwurfes nach § 100 Absatz 1 Nummer 2 auch natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts im ÖPNV, wenn diese die Verkehrsleistungen auf Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausüben, die von einer zuständigen Behörde gewährt wurden (§ 100 Abs. 1 Nummer 2 Buchstabe a GWB) oder wenn öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3 GWB auf diese Personen einen beherrschenden Einfluss ausüben können (§ 100 Abs. 1 Nummer 2 Buchstabe b GWB). Während der letztgenannte Fall eines beherrschenden Einflusses eindeutig ist, ist die Frage, ob eine Verkehrsleistung auf Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten im Sinne des § 100 Abs. 1 Nummer 2 Buchstabe a GWB ausgeübt wird, im Hinblick auf das Personenbeförderungsrecht differenziert zu betrachten. Insoweit kommt insbesondere der Regelung in § 100 Absatz 2 Satz 2 GWB besondere Bedeutung zu, nach der Rechte, die aufgrund eines Verfahrens nach den Vorschriften des Teil 4 - Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen des GWB oder aufgrund eines sonstigen Verfahrens gewährt wurden, das angemessen bekannt gemacht wurde und auf objektiven Kriterien beruht, keine besonderen oder ausschließlichen Rechte im Sinne des § 100 Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe a sind. Diese Einordnung ist unabhängig von der Frage, ob die Liniengenehmigung ein ausschließliches Recht im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (VO (EG) Nr. 1370/2007) darstellt.
In Bezug auf die Regelungen der VO (EG) Nr. 1370/2007 und das Personenbeförderungsgesetz ergibt sich daraus zunächst, dass Verkehrsunternehmen, die natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sind und die Verkehrsleistungen aufgrund eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages (ÖDA) erbringen, der entweder nach dem allgemeinen Vergaberecht oder nach den Regelungen der VO (EG) Nr. 1370/2007 vergeben wurde, nicht Sektorenauftraggeber gemäß § 100 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a GWB sind und damit bei ihren Fahrzeugbeschaffungen nicht in den Regelungsbereich der Richtlinie fallen. Etwas Anderes gilt nur für entsprechende Verkehrsunternehmen, wenn ein öffentlicher Auftraggeber nach § 99 Nummer 1 bis 3 GWB auf sie einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Dies wird durch den Referentenentwurf bislang nicht deutlich und bedarf dringend einer Klarstellung.
Diese Frage ist insbesondere für die Beschaffung von Unternehmen von Relevanz, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes über einen bereits erteilten ÖDA verfügen und deshalb während dessen Laufzeit von den Mindestzielen bei ihrer Fahrzeugbeschaffung für diese Verkehrsleistungen ausgenommen wären. Dadurch werden auch Folgeprobleme im Hinblick auf nicht in den Bestands-ÖDA eingepreiste Beschaffungsvorgaben vermieden.
Darüber hinaus fallen nach Auffassung der Länder unter die Ausnahme-Voraussetzungen von § 100 Absatz 2 Satz 2 GWB aber auch Linienverkehrsgenehmigungen für eigenwirtschaftliche Verkehre, die nach der Veröffentlichung einer Vorabbekanntmachung nach § 8a Absatz 2 PBefG im Rahmen des durch § 12 Absatz 6 eröffneten Genehmigungswettbewerbes unter Berücksichtigung der Genehmigungsvoraussetzungen von § 13 PBefG, insbesondere § 13 Absätze 1, 2, 2a und 2b PBefG, erteilt wurden. Bei dem durch die Veröffentlichung der Vorabbekanntmachung eröffneten Aufruf zur Stellung von eigenwirtschaftlichen Genehmigungsanträgen und dem anschließenden Genehmigungsverfahren bis zum Genehmigungswettbewerb beim Eingang konkurrierender Anträge handelt es sich insoweit um ein sonstiges Verfahren im Sinne des § 100 Absatz 2 Satz 2, 2. Halbsatz GWB, das durch den mit der Veröffentlichung der Vorabbekanntmachung verbundenen Aufruf zur Stellung von eigenwirtschaftlichen Genehmigungsanträgen angemessen bekannt gemacht wurde und aufgrund der gesetzlichen Vorgaben zur Genehmigungserteilung im PBefG auf objektiven Kriterien beruht. Diese Frage ist für private Verkehrsunternehmen, die entsprechend der Regelungen zum Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit in § 8 Absatz 4 PBefG ihre Verkehrsleistungen eigenwirtschaftlich erbringen und über keine Refinanzierungsmöglichkeiten für den Fall verpflichtender Beschaffungsvorgaben von „sauberen“ Fahrzeugen verfügen, von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung, die andernfalls vielfach zum Verlust der Eigenwirtschaftlichkeit und der Linienverkehrsgenehmigungen führen würde. Auch hier ist aus Sicht der Länder deshalb eine entsprechende Klarstellung im Bundesgesetz zur Umsetzung der Richtlinie dringend geboten.
Schließlich spricht nach Auffassung der Länder auch Überwiegendes dafür, dass auch eigenwirtschaftliche Linienverkehrsgenehmigungen, bei denen vor dem Genehmigungsverfahren keine Vorabbekanntmachung durch den Aufgabenträger erfolgt, unter die Ausnahme-Voraussetzungen von § 100 Absatz 2 Satz 2 GWB fallen. Denn auch hinsichtlich dieser besteht aufgrund der Informationspflicht der Genehmigungsbehörde nach § 18 PBefG zur Bekanntmachung eines Verzeichnisses aller Genehmigungen, die im öffentlichen Personennahverkehr für den Verkehr mit Kraftfahrzeugen im Linienverkehr bestehen, am Ende jedes Kalenderjahres eine angemessene Bekanntmachung und Transparenz im Sinne von § 100 Absatz 2 Satz 2, 2. Halbsatz GWB. Dies folgt daraus, dass die jährlich erfolgende vorgegebene Bekanntmachung nach § 18 Absatz 1 Satz 2 Nummern 1 bis 3 PBefG nicht nur die Linienführung und die Geltungsdauer der Genehmigungen, sondern ausdrücklich auch einen Hinweis darauf enthalten muss, dass der Antrag auf Genehmigung für den weiteren Betrieb des Verkehrs in den Fristen des § 12 Absatz 5 Satz 1 oder Absatz 6 Satz 1 PBefG gestellt werden kann. Diese Bekanntmachung erfüllt damit ebenfalls den Zweck einer transparenten Bekanntmachung über die Möglichkeit zur Teilnahme an dem durch die gesetzlichen Regelungen zum Genehmigungsverfahren im PBefG eröffneten Genehmigungswettbewerb. Das Genehmigungsverfahren selbst richtet sich dabei nach den im PBefG normierten Genehmigungsvoraussetzungen und beruht damit wie bereits vorstehend dargelegt auf objektiven Kriterien. Dementsprechend fallen auch diese Fälle unter die Ausnahme-Voraussetzungen von § 100 Absatz 2 Satz 2 GWB und unterliegen nicht dem Anwendungsbereich der Richtlinie. Auch diese Frage ist für private Verkehrsunternehmen, die entsprechend der Regelungen zum Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit in § 8 Absatz 4 PBefG ihre Verkehrsleistungen eigenwirtschaftlich erbringen und über keine Refinanzierungsmöglichkeiten für den Fall verpflichtender Beschaffungsvorgaben von „sauberen“ Fahrzeugen verfügen, von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung und bedarf deshalb aus Sicht der Länder einer entsprechenden Klarstellung bei der Umsetzung der Richtlinie in Bundesrecht.
Den vorstehenden Ausführungen entsprechend sollte § 2 Nummer 2 des Referentenentwurfes dementsprechend klarstellend im obigen Sinne wie folgt formuliert werden:
„2. „Auftraggeber“ ein Auftraggeber im Sinne von § 100 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1750, 3245), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 25. März 2020 (BGBl. I S. 674) geändert worden ist; nach den Vorgaben des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. August 1990 (BGBl. I S. 1690), das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 3. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2694) geändert worden ist, erteilte Genehmigungen für den Linienverkehr gemäß §§ 13, 42 PBefG sind dabei gemäß § 100 Absatz 2 Satz 2 GWB keine besonderen oder ausschließlichen Rechte im Sinne des § 100 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b GWB.“
Alternativ wäre regelungstechnisch auch eine Aufnahme der Klarstellung in § 3 – Sachlicher Anwendungsbereich oder in den nachfolgend vorgeschlagenen neu einzufügenden § 6a – Sicherstellung der Mindestziele in Bezug auf schwere Nutzfahrzeuge der Klasse M3 (Klasse I (Linienbusse) und Klasse A (Midibus in Linienbusausführung)) denkbar.
Zu Artikel 1 - § 6 Einhaltung von Mindestzielen
Wie bekannt lehnen die Länder den im Referentenentwurf gewählten Ansatz zu den Umsetzungsregelungen in Bezug auf die Einhaltung der Mindestziele für Nutzfahrzeuge der Klasse M3 (Klasse I (Linienbusse) und Klasse A (Midibus in Linienbusausführung)) grundsätzlich ab. Die Regelungen in § 6 sind von besonderer Bedeutung für den Bereich des ÖPNV und betreffen kommunale Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen wirtschaftlich in erheblicher Weise. Gleiches gilt für den freigestellten Schülerverkehr, der von meist öffentlichen Schulträgern beauftragt wird und der häufig mit den ebengenannten Fahrzeugarten durchgeführt wird.
Der Referentenentwurf geht in der Begründung davon aus, dass 95% der durch die Umsetzung verursachten Mehrkosten allein den ÖPNV betreffen. Dies zeigt die erhebliche Bedeutung anschaulich. Eine bundesgesetzliche Umsetzung der Verpflichtung zur Einhaltung der Mindestziele mit unmittelbar bindender Wirkung für Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen, wie der Referentenentwurf sie vorsieht, wird dabei weder den Interessen von Ländern und Kommunen noch denen der Verkehrsunternehmen gerecht. Der Bundesgesetzgeber sollte deshalb den in der Richtlinie eröffneten Umsetzungsspielraum nutzen und im Bereich der Regelungen in Bezug auf die Vorgaben für schwere Nutzfahrzeuge der Klasse M3 (Klassen I und A) einerseits ausschließlich auf Vorgaben zur Einhaltung der Mindestziele bundesweit setzen und sich dabei vorrangig auf eine Sicherstellung durch eine gemeinsame Branchenvereinbarung inklusive eines kontinuierlichen Monitorings unter Einbeziehung aller relevanten Akteure beschränken. Damit kann der von der Branche vorgeschlagene Ansatz aufgegriffen werden. Nach den Ermittlungen und Vorschlägen des VDV dazu spricht alles dafür, dass auf diesem Wege eine Sicherstellung der Mindestziele vollständig erreicht werden kann, ohne dass es – unter der Voraussetzung der nach den Forderungen von Ländern, Kommunen und Verbänden begleitend zur Verfügung zu stellenden Fördermittel durch den Bund – zu Verwerfungen zwischen einzelnen Regionen in der Bundesrepublik oder Verkehrsunternehmen und einer wirtschaftlich nicht vertretbaren Belastung des ÖPNV als Aufgabe der Daseinsvorsorge kommt.
Die Länder schlagen vor, aus den vorgenannten Gründen dafür in einem neuen § 6a eine Sonderregelung in Bezug auf die schweren Nutzfahrzeuge der Klasse M3 (Klassen I und A) in die bundesgesetzliche Umsetzungsregelung aufzunehmen. Diese sollte das Primat einer Sicherstellung der Mindestziele durch eine Branchenvereinbarung vorgeben. Für den Fall, dass das kontinuierliche Monitoring ergeben sollte, dass die Mindestziele für die in der Richtlinie vorgegebenen Zeiträume über die Branchenvereinbarung – wider Erwarten – prognostisch nicht realistisch umsetzbar erscheinen, schlagen die Länder einen Regelungsmechanismus vor, wie ihn der Bund in § 8 des Bundes-Klimaschutzgesetzes normiert hat und mit der er nach der Gesetzesbegründung die Einhaltung der Klimaschutzziele 2030 gewährleistet und seine internationalen und europarechtlichen Klimaschutzverpflichtungen umsetzt. Kern dieses Ansatzes ist die gesetzliche Verankerung einer Initiativpflicht der Bundesregierung zum Beschluss zusätzlicher Maßnahmen im Rahmen eines Sofortprogramms für den Fall, dass die im Bundes-Klimaschutzgesetz normierten Klimaschutzziele für einen Sektor nicht erreicht werden. Dabei ist das zuständige Bundesministerium innerhalb einer im Gesetz definierten Frist von 3 Monaten zur Vorlage eines Sofortprogramms, mit dem die Einhaltung der Klimaschutzziele für den Sektor für die Folgejahre sichergestellt wird, verpflichtet.
Dieser Ansatz kann auf den Fall übertragen werden, dass das gesetzlich vorgeschriebene Monitoring im Rahmen der Branchenvereinbarung ergibt, dass die gesetzlichen Mindestziele bundesweit prognostisch nicht eingehalten werden können. Abweichend von der alleinigen Verantwortung des zuständigen Bundesministeriums sollte die Verantwortung für die Entwicklung des Vorschlags für das in diesem Fall erforderliche Sofortprogramm allerdings entsprechend des gemeinsamen Ansatzes zur Sicherstellung der Erreichung der Mindestziele gemeinsam bei allen an der Branchenvereinbarung Beteiligten (Bundesministerium, Länderministerien, Kommunale Spitzenverbände, Verbände des Verkehrsgewerbes) liegen. Auf diesem Wege könnten eine praxisgerechte Sicherstellung der Einhaltung der Mindestziele für den Bereich des ÖPNV im Zusammenwirken aller relevanten Akteure sichergestellt und gleichzeitig Reaktionsmöglichkeiten, sei es in finanzieller (Fördermittel, Finanzausstattung), administrativer (Ausgestaltung Förderprogramme oder ÖDA-Vergaben) oder auch gesetzlicher (ergänzende gesetzliche Vorgaben durch Bund und / oder Länder) Hinsicht, bei Umsetzungsproblemen eröffnet werden.
Dementsprechend wird die Aufnahme des folgenden neuen § 6a vorgeschlagen:
„§ 6a Sicherstellung zur Einhaltung der Mindestziele für schwere Nutzfahrzeuge der Klasse M3 (Linienbusse)
(1) Abweichend von § 6 erfolgt die Sicherstellung der Einhaltung der innerhalb der Bezugszeiträume nach § 7 festgelegten Mindestziele für schwere Nutzfahrzeuge der Klasse M3 (Klassen I und A) bei der Beschaffung von Fahrzeugen und Dienstleistungen durch Öffentliche Auftraggeber und Auftraggeber für den Einsatz im Gebiet der Bundesrepublik insgesamt nach den nachfolgenden Regelungen. Die Mindestziele bestimmen sich dabei als Mindestprozentsatz sauberer schwerer Nutzfahrzeuge und emissionsfreier schwerer Nutzfahrzeuge an der Gesamtzahl der unter § 3 fallenden Straßenfahrzeuge. Sie sind bezogen auf das Bundesgebiet insgesamt einzuhalten.
(2) Zur Einhaltung der Verpflichtung nach Absatz 1 schließt das zuständige Bundesministerium gemeinsam mit den zuständigen Ministerien der Bundesländer und den Kommunalen Spitzenverbänden spätestens bis zum 31.12.2021 eine bundesweite Branchenvereinbarung mit den Verbänden der Verkehrsunternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs und des Schulbusverkehrs auf der Bundesebene, in der diese im Wege einer freiwilligen Selbstverpflichtung vereinbaren, innerhalb der Branche die Mindestziele nach Absatz 1 bundesweit einzuhalten und Bundesregierung und Bundestag im Wege eines jährlichen Monitorings bis zum 1. Dezember jeden Jahres über die erreichte Zielerreichung und die Prognose für den Bezugszeitraum nach § 7 zu unterrichten. Die Branchenvereinbarung soll vorsehen, dass öffentliche Auftraggeber und Auftraggeber die festgelegten Mindestziele in einem Bezugszeitraum nach § 7 nicht einhalten müssen, wenn die Mindestziele bereits durch andere öffentliche Auftraggeber oder Auftraggeber übererfüllt werden. Die Mindestziele nach § 7 müssen aber bundesweit insgesamt eingehalten werden. Das zuständige Bundesministerium hat die Einhaltung der Mindestziele insgesamt durch die öffentlichen Auftraggeber und Auftraggeber zu überwachen. Die nähere Ausgestaltung des Verfahrens zum Abschluss der Branchenvereinbarung und des Monitorings wird im Wege einer Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern geregelt.
(3) Wird die Branchenvereinbarung nach Absatz 2 nicht bis zum 31.12.2021 abgeschlossen oder ergeben das Monitoring und die Prognose nach Absatz 2 eine prognostizierte Verfehlung der Mindestziele nach Absatz 1, so legt das zuständige Bundesministerium der Bundesregierung innerhalb von drei Monaten nach der Vorlage von Monitoring und Prognose ein unter Einbindung aller Beteiligten der Branchenvereinbarung entwickeltes Sofortprogramm vor, das die Einhaltung der Mindestziele für den Bezugszeitraum nach § 7 sicherstellt. Die Bundesregierung berät über die zu ergreifenden Maßnahmen und beschließt diese schnellstmöglich. Sie unterrichtet den Deutschen Bundestag über die beschlossenen Maßnahmen.“
Zu Artikel 1 - § 8 Aufgaben
Gemäß § 8 Satz 2 des Referentenentwurfs ist vorgesehen, dass die Länder im Rahmen ihrer Zuständigkeit im Wege der Fach- und Rechtsaufsicht darauf hinzuwirken haben, dass die Mindestziele erreicht werden und hierfür die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen haben. Durch diese Formulierung und durch die Aufhebung des § 68 VgV bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass die Erreichung der Mindestziele nicht im Wege der einzelfallbezogenen Beschaffung, sondern durch ein Einwirken der einzelnen Länder im Wege der Fach- und Rechtsaufsicht auf die beschaffenden öffentlichen Auftraggeber (insbesondere Kommunen) und (Sektoren-)Auftraggeber sichergestellt werden soll. Dies setzt aber voraus, dass die Länder entsprechende Einwirkungsmöglichkeiten auf Gebietskörperschaften und andere öffentliche wie private Unternehmen, die Auftraggeber im vergaberechtlichen Sinne sind, haben. Rechts- und Fachaufsichten sind aber aufgaben- und nicht tätigkeitsbezogen. Ein Einwirken auf die Beschaffungsbedarfe und Leistungsbestimmungsrechte außerhalb vergaberechtlich verbindlicher Vorgaben, für die oberhalb der Schwellenwerte in erster Linie der Bund zuständig ist, z.B. durch Regelungen in der VgV, ist nicht vorgesehen und stellt einen Eingriff in die Selbstverwaltung bzw. Geschäftsführung dar. Eine entsprechende Aufsicht existiert also nicht, da z.B. die Kommunen die in Frage stehenden Beschaffungen im Rahmen des eigenen Wirkungskreises (Haushalt) wahrnehmen. Die kommunalrechtliche Rechtsaufsicht ermöglicht dem Land Weisungen, wenn die Kommune gegen geltendes Recht verstößt. Eine Handhabe, die Kommunen zu einem Verhalten anzuweisen, das sich in ein übergeordnetes Landes- oder Bundesinteresse einordnet, gibt es nicht. Das Land kann die Kommune nicht zur Beschaffung eines bestimmten Fahrzeuges anweisen.
Vor diesem Hintergrund bestehen gegen den Regelungsvorschlag erhebliche Bedenken auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht. § 8 des Referentenentwurfs bedarf deshalb einer grundlegenden Umformulierung, in deren Rahmen insbesondere die bisherigen Aussagen zur Rechts- und Fachaufsicht sowie zum Zuständigkeitsbereich der Länder gestrichen werden.
Zur Begründung zu Artikel 1 - § 5
In der Begründung ist fälschlich davon die Rede, dass die Ausnahme nach § 5 Absatz 1 Nummer 5 Reisebusse betreffe. Die von der Ausnahme betroffenen Busse umfassen aber auch viele Busse, die im Regionalbusverkehr im ÖPNV eingesetzt werden (M3 Fahrzeuge Klasse II). Auch für diese gilt die Ausnahme unter den im Referentenentwurf genannten Voraussetzungen. Dies hat große wirtschaftliche Bedeutung für viele Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger im ländlichen Raum und sollte unbedingt in der Begründung klargestellt werden.
bdo, 12/2020