SN08 bdo SN E-Bilanz Anwendungsschreiben Branchentaxonomie

Überarbeiteter Entwurf eines Anwendungsschreibens zur E-Bilanz/Veröffentlichung der Taxonomie (§ 5b EStG) und Übersendung der Entwürfe der Branchentaxonomien

Berlin, 22.07.2011

Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e.V. (bdo) ist der Spitzenverband der privaten Omnibusbranche in der Bundesrepublik Deutschland. Er vertritt auf Bundesebene und im internationalen Bereich die gewerbepolitischen und fachlichen Interessen von rund 3.000 Busunternehmern, die sich im Öffentlichen Personennahverkehr, in der Bustouristik und im Busfernlinienverkehr engagieren und unter dem Dach des bdo zusammengeschlossen haben.

Wir bedanken uns für die Möglichkeit, zum überarbeiteten Entwurf eines BMF-Schreibens zur Veröffentlichung der Taxonomie (Stand: Juni 2011) Stellung nehmen zu dürfen. Gleichzeitig erhalten Sie unsere Anmerkungen hinsichtlich der Entwürfe der Branchentaxonomien.

1) Allgemeine Vorbemerkung

Ziel der Bundesregierung und des Gesetzgebers des Steuerbürokratieabbaugesetzes 2008 war es, das bisher papierbasierte Verfahren zur Einreichung einer Handelsbilanz mit Überleitungsrechnung bzw. einer Steuerbilanz auf elektronische Datenübermittlung umzustellen und dadurch Bürokratie abzubauen (“Elektronik statt Papier”). Der Inhalt und der Umfang der E-Bilanz bzw. Taxonomie verfehlen dieses Ziel. Im Gegenteil, durch die wesentlich höhere Detail- und Gliederungstiefe der E-Bilanz bzw. Taxonomie nehmen die Bürokratiekosten in den Unternehmen erheblich zu.

Kleine und mittlere Unternehmen müssen ihre gesamte Buchführungspraxis überprüfen und umstellen. Die kalkulierten Entlastungspotenziale durch Abschaffung des papierbasierten Verfahrens werden durch erheblichen Umstellungsaufwand in der Wirtschaft und höheren Aufwand bei der jährlichen Erstellung und elektronischen Übermittlung bei weitem überschritten. Für bilanzierende Unternehmen entstehen aus der Umsetzung sowohl für die Einführung als auch in den Folgejahren erhebliche Mehraufwendungen. Dies verringert nicht zuletzt die eigentlich notwendige Akzeptanz des neuen Verfahrens bei den betroffenen Unternehmen.

**In der jetzigen Ausprägung stellt die Einführung der E-Bilanz eine einseitige Entlastung der Finanzverwaltung auf Kosten der Steuerpflichtigen dar. Der bdo lehnt das Vorhaben in dieser Form daher ab. ** Würde der Inhalt der Taxonomie hingegen auf den bisherigen Umfang der HGB-Bilanz/Gewinn- und Verlustrechnung inkl. Überleitungsrechnung reduziert, ergäbe sich aus Sicht der Unternehmen zwar ebenfalls ein gewisser zusätzlicher bürokratischer Mehraufwand, aber die damit verbundenen Kosten wären nach erster Einschätzung nicht unverhältnismäßig.

2) Fehlende Rechtsgrundlage für die Taxonomie

Für die Taxonomie in der vorgestellten Detail- und Gliederungstiefe fehlt jegliche Rechtsgrundlage.

Die Anforderungen an die steuerliche Datenübermittlung gehen weit über die handelsrechtlichen Vorgaben hinaus. Die Taxonomievorgaben hinsichtlich Detailliertheit, Gliederungstiefe und Auffächerung der Daten sprengen den von den §§ 266, 175 HGB gezogenen Rahmen.

Gesetzlicher Maßstab für die Handelsbilanz sind die Regelungen des § 266 HGB, der die Gliederung der Bilanz bestimmt, sowie des § 275 HGB, der die Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) festlegt. Diese Vorschriften gelten wegen des in §§ 4 Abs. 1, 5 EStG niedergelegten Grundsatzes der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz auch für die steuerliche Gewinnermittlung. Es gibt bisher keine eigenständige steuerliche Bilanz. Eine solche darf auch nicht im Verwaltungswege durch technische Übermittlungsregelungen und verwaltungsinterne Bestimmungen nachträglich eingeführt werden.

§ 51 Abs. 4 Nr. 1b EStG reicht als Ermächtigungsgrundlage nicht aus. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) wird durch § 51 Abs. 4 Nr. 1b EStG lediglich ermächtigt, im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder den Mindestumfang der nach § 5b EStG elektronisch zu übermittelnden Bilanz und GuV zu bestimmen. Diese Befugnis erweitert allerdings nicht den Umfang der schon bisher nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1, 5a EStG übermittlungspflichtigen Angaben. Die Vorschrift des § 5b EStG sieht als rein verfahrenstechnische Vorschrift nur eine Übermittlung der Inhalte von Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung vor, die auf der Grundlage der Gewinnermittlungsvorschriften nach §§ 4, 5, 5a EStG ermittelt wurden. Die Festlegung eines „Mindestumfangs“ beinhaltet keineswegs eine Erweiterung des Umfanges der Berichtspflichten. Vorliegend ist jedoch klar festzustellen, dass die Taxonomie Steuer in der Gliederungstiefe der Bilanzpositionen, aber vor allem auch hinsichtlich der GuV weit über die Anforderungen des Handelsrechtes (§§ 266 und 275 HGB) hinaus geht.

Der bdo fordert, dass sich die Taxonomievorgaben hinsichtlich Detailliertheit, Gliederungstiefe und Auffächerung der Daten ausschließlich an den Anforderungen des Handelsrechts (§§ 266, 275 HGB) zu orientieren haben.

3) Branchentaxonomien

Zusätzlich zu der sogenannten Kerntaxonomie sollen weitere Branchentaxonomien eingeführt werden. Das BMF hat mittlerweile einen Entwurf einer solchen Taxonomie für Verkehrsbetriebe vorgelegt. Es handelt sich dabei nach Ansicht des BMF um eine Branchentaxonomie im Sinne einer Ergänzungstaxonomie, die die Kerntaxonomie um einige Felder ergänzt, um eine Anpassung an die im Verkehrsbereich bestehenden speziellen Rechnungslegungsvorschriften zu erreichen. Die Ergänzungstaxonomie für Verkehrsbetriebe sieht dabei zahlreiche Unterpositionen vor, die von den Unternehmen grundsätzlich auszufüllen sind. Exemplarisch sei die Situation der Taxonomie bei der Position „Umsatzerlöse“ dargestellt. Die Ergänzungstaxonomie für Verkehrsbetriebe führt allein nach dem Gesamtkostenverfahren für Körperschaften 30 Unterpositionen (davon 11 Mussfelder und 1 Summenmussfeld) auf, während das HGB nur die Position „Umsatzerlöse“ kennt. Der Steuerpflichtige soll u.a. seine Umsatzserlöse nach Umsatzsteuersätzen und Umsatzsteuerbefreiungen auffächern. Viele dieser von der Finanzverwaltung gewünschten Informationen liegen aber in den Buchhaltungssystemen der Steuerpflichtigen bisher nicht oder nicht in der benötigten Form vor. Damit wird die Ermächtigungsgrundlage des § 51 Abs. 4 Nr. 1b EStG überschritten.

Zusätzlich zu diesen 11 Mussfeldern kommen noch 17 Felder, die nicht als Mussfelder gekennzeichnet sind, aufgrund eines darüber liegenden Summenmussfeldes („in Umsatzerlöse (GKV) enthaltener Bruttowert“) jedoch als Quasi-Mussfelder bezeichnet werden können, da bei Summenmussfeldern die darunter liegenden Ebenen ebenfalls zwingend zu befüllen sind. Da diese Felder mittelbar ebenfalls gemeldet werden müssen, sollten diese ebenfalls als Mussfelder gekennzeichnet werden.

Zwar soll anerkannt werden, dass das BMF-Schreiben grundsätzlich die Nutzung von Auffangpositionen vorsieht. Allerdings ist die Möglichkeit der Nutzung der Auffangpositionen nicht eindeutig und nachvollziehbar geregelt, so dass bei Unternehmen Unsicherheit darüber herrscht, wann auf die Befüllung der Mussfelder verzichtet werden darf. Randnummer 19 des BMF-Anwendungsschreibens besagt, dass Taxonomiepositionen grundsätzlich nur verpflichtend zu befüllen seien, wenn ein bestimmter Sachverhalt aus der Buchhaltung des Steuerpflichtigen ermittelt werden kann. Diese Voraussetzung ist unserer Ansicht nach jedoch zu restriktiv, da es Fälle gibt, in denen eine Ableitung der Daten zwar theoretisch möglich ist, dies aber nur mit einem zusätzlichen unverhältnismäßigen Arbeitsaufwand bewerkstelligt werden kann. Deshalb sollte eine Formulierung gewählt werden, die darauf abstellt, dass die Positionen nicht in einem eigenen Konto erfasst werden.

Im Übrigen geht die Gliederungstiefe der Branchentaxonomie trotz der Auffangpositionen über die Vorgaben des HGB hinaus. Auch unter Berücksichtigung der Auffangpositionen bilden die in den Unternehmen verwendeten Kontenpläne die vorgegebenen Positionen nicht etwa bereits heute ab und müssten daher grundsätzlich angepasst werden. Zudem werden zahlreiche Informationen verlangt, die bereits in den Steuererklärungen abgefragt werden und teilweise nicht buchhalterisch abgebildet werden bzw. werden können.

Dadurch, dass die Anzahl der Mussfelder weit über die nach dem HGB im Jahresabschluss darzustellenden Positionen hinausgeht, definiert die E-Bilanz de facto den Inhalt der Handelsbilanz über den Umfang des HGB hinaus neu. Dies ist der Rechtsgrundlage des § 5b EStG nicht zu entnehmen. „Inhalt der Bilanz“ kann mangels steuerlicher Definition der Bilanz nur die Handelsbilanz nach dem HGB sein.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die E-Bilanz für die vornehmlich klein und mittelständisch organisierten Omnibusunternehmen zu einem erheblichen Mehraufwand führt. Insbesondere die branchenspezifische Umsatzaufteilung in der Gewinn- und Verlustrechnung erfordert einen kostenintensiven Mehraufwand bei der Einnahmeaufteilung. Mittelständische Unternehmer müssten zukünftig ca. 700 Felder mehr ausfüllen als nach den handelsrechtlichen Vorschriften. Im Durchschnitt müssten die Betriebe dabei aus steuerlichen Gründen künftig zehnmal so viele Kennzahlen bereithalten wie bisher. Dadurch ergibt sich für die Unternehmen ein enormer Mehraufwand, der nicht mit dem Ziel des Bürokratieabbaus vereinbar ist. Weiterhin besteht bei etwaigen Bilanzveröffentlichungen die Gefahr der unfreiwilligen Preisgabe sensibler Daten gerade kleinerer Betriebe. **Der bdo lehnt die Einführung der branchenspezifischen Ergänzungstaxonomie für Verkehrsbetriebe ab, da dadurch insbesondere kleine und mittelständische Verkehrsbetriebe unzumutbar belastet werden. ** 4) Zeitpunkt der Einführung

Zum Zeitpunkt der Einführung der E-Bilanz heißt es im BMF-Schreiben wörtlich: „Im Erstjahr wird es von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung für dieses Jahr noch nicht gemäß § 5b EStG nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermittelt werden.“ Diese Formulierung ist missverständlich, da die Bilanz für das Erstjahr (2012) gerade nicht in diesem, sondern regelmäßig erst im nächsten Jahr (2013) übermittelt wird. Mit Hinweis auf den Wortlaut könnte die Finanzverwaltung es also beanstanden, wenn die Bilanz zum 31.12.2012 im Jahr 2013 nicht in elektronischer Form übermittelt wird.

**Der bdo fordert hinsichtlich des Zeitpunktes der Einführung der E-Bilanz eine Klarstellung des BMF dahingehend, dass die elektronische Übermittlung frühestens für das Wirtschaftsjahr 2013 also regelmäßig ab dem Jahr 2014 verpflichtend wird.

**5) Betriebsgrößenabhängige Differenzierung

Die E-Bilanz für alle Unternehmen verpflichtend einzuführen ist weder notwendig noch sachgerecht. Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung steht einer Differenzierung nach Größe der betroffenen Betriebe nicht entgegen. Nach Sinn und Zweck der E-Bilanz ist es vielmehr sachgerecht, beispielsweise Kleinunternehmen, bei denen die E-Bilanz zu unverhältnismäßigem Aufwand führt, von der verpflichtenden Übermittlung vollständig auszunehmen.

**Der bdo fordert, Kleinunternehmer von der Pflicht zur Abgabe einer E-Bilanz zu befreien. Sofern eine vollständige Ausnahme solcher Betriebe nicht durchsetzbar sein sollte, ist zumindest eine betriebsgrößenabhängige Differenzierung bei der Zahl der abgefragten Datenfelder zu fordern. ** 6) Erfassungstool

Die Umstellung auf die E-Bilanz sollte gerade für kleine Unternehmen durch die kostenlose Bereitstellung eines Erfassungstools erleichtert werden. Hierbei könnte es sich um ein auszufüllendes elektronisches Formular oder um eine Web-Anwendung der Finanzverwaltung handeln, das intelligente Ausfüllhilfen, eine Plausibilitätskontrolle sowie verschiedene Filtermöglichkeiten bereithält. Ein solches Erfassungstool könnte den Umstellungsaufwand für kleinere Unternehmen verringern und die Akzeptanz für das neue Medium entscheidend erhöhen und die Neutralität der Finanzverwaltung unterstreichen.