SN48 Überbrückungshilfen – Hürden für die Antragsstellung senken, Fördertatbestände ausweiten
Überbrückungshilfen – Hürden für die Antragsstellung senken, Fördertatbestände ausweiten
Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e.V. (bdo) ist der Spitzenverband der privaten Omnibusbranche in der Bundesrepublik Deutschland. Er vertritt auf Bundesebene und im internationalen Bereich die gewerbepolitischen und fachlichen Interessen von rund 3.000 Busunternehmern, die sich im Öffentlichen Personennahverkehr, in der Bustouristik und im Busfernlinienverkehr engagieren und unter dem Dach des bdo in den Landesverbänden zusammengeschlossen haben.
Der bdo begrüßt die Initiative der Bundesregierung, von COVID-19 besonders betroffene Branchen mit Überbrückungshilfen zu unterstützen und sie so vor unverschuldeter Insol-venz zu schützen. Die Bustouristik ist eine Branche, die ganz außerordentlich von den Auswirkungen der Pandemie betroffen ist. Nachdem im März Busreiseverbot erlassen wor-den ist und unsere Unternehmen dadurch drei Monate keinerlei Umsätze hatten, läuft das Geschäft nur schleppend an. Während im Bereich der klassischen Busreisen eine leichte Erholung zu verzeichnen ist, treffen das andauernde Verbot von Großveranstaltungen und auch der Verzicht auf Klassenfahrten die Branche schwer. Wenn keine Konzerte, Weih-nachtsmärkte oder Fußballspiele stattfinden, werden auch keine Mietomnibusse benötigt. An dieser Situation wird sich bis zum Ende der Pandemie mit großer Sicherheit nichts än-dern. Die Perspektive für die Bustouristik bleibt düster.
Von den Hilfen aus dem Rettungspaket der Bundesregierung für kleinere und mittlere Be-triebe ist bislang nur ein geringer Teil bei den von der Corona-Krise betroffenen Unterneh-men angekommen. Lediglich ein Prozent der eingeplanten Mittel aus dem Topf von insge-samt 24,6 Milliarden-Euro ist an Firmen ausbezahlt worden. Die Bundesländer haben dem-nach bis August nur 248 Millionen Euro aus diesem Topf ausbezahlt. Das Ziel, kleine und mittlere Unternehmen in dieser existenzbedrohenden Zeit zu unterstützen, wird damit klar verfehlt. Wesentliche Gründe hierfür sind die hohen Hürden für die Antragsstellung und dass einige der bedeutendsten Kostenblöcke nicht förderfähig sind.
Der bdo hat seine Mitglieder zu den Überbrückungshilfen befragt und schlägt für die Bus-branche folgende Anpassungen der Fördertatbestände vor, um das Rettungsprogramm effektiver zu machen und dafür zu sorgen, dass die Hilfe tatsächlich ankommt (Gliederung entsprechend der jeweiligen Abschnitte des Eckpunkteprogramms“:
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„Art der Förderung und Berechnung der Förderhöhe“ – Fördermodalität ver-einfachen: Analog zum österreichischen Modell sollte das Förderregime insge-samt vereinfacht werden. Das zweistufige Verfahren der Umsatzausfallberech-nung hat sich in der Praxis als untauglich erwiesen und sollte durch einfachere Parameter ersetzt werden. Hier bietet sich der Vergleich des Umsatzausfalls mit dem Umsatz des Vorjahres an. Ab einem Umsatzausfall von 40 Prozent (bei Mischbetrieben schon bei 30 Prozent) sollten Unternehmen förderfähig sein. Die Höhe der Zuschüsse sollte auf 90 Prozent der Kosten angehoben werden.
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„Förderfähige Kosten (Punkt 12)“ – Personalkostenanteil erhöhen: Insbeson-dere Busunternehmen mit angeschlossenen Reisebüros oder Busunternehmen, die gleichzeitig als Reiseveranstalter aktiv sind, können für ihre Mitarbeiterinnen keine Kurzarbeit beantragen – trotz fehlender Umsätze und laufender Kosten. Die Beschäftigten dieser Betriebe waren trotz des Busreiseverbots gezwungen, Stor-nierungen der Kundinnen zu bearbeiten und gebuchte Reisen rückabzuwickeln. Gleichzeitig gilt es, die noch nicht verloren gegebene Reisesaison 2021 vorzube-reiten, um in Zukunft wieder Umsätze generieren zu können. Die Praxis zeigt, dass ein r förderfähiger Personalkostenanteil der Überbrückungshilfen von heute 10 rozent nicht ausreicht, um die Unternehmen vor Insolvenzen zu schützen. Der bdo schlägt daher eine Erhöhung von mindestens 25 Prozent vor.
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*„Förderfähige Kosten (Punkt 12)“ – Unternehmerinnenlohn als fixe Kosten mitberücksichtigen:** Der Unternehmerlohn wird bislang in den laufenden Kosten nur unzureichend berücksichtigt. Für kleine und mittlere touristische Unternehmen ist das jedoch ein echtes Problem. Zwar heißt es, dass dies mit der vereinfachten Beantragung von ALG2 abgedeckt sei. In der Praxis funktioniert das jedoch nicht so, wie sich das die Regierung wahrscheinlich vorstellt. Das ALG2 wird in vielen Fällen abgelehnt. Fairer wäre ein echter Unternehmer*innenlohn von mindestens 2.000 Euro, der den Betroffenen würdevoll hilft. Alternativ wäre die Anrechnung der Personalkosten von GF-Positionen als bezuschusste Fixkosten denkbar. Dafür müsste aber auch der Personalkostenanteil an den Fixkosten wie oben ausgeführt von 10 Prozent auf mindestens 25 Prozent angehoben werden.
- „Förderfähige Kosten (neuer Fördergegenstand)“ – Abschreibungen anrech-nen: Neben fehlenden Umsätzen treffen insbesondere die Wertverluste bei den Fahrzeugen die Busunternehmen schwer. Der Gebrauchtmarkt für Busse ist quasi zusammengebrochen. Entsprechend regt der bdo an, die Abschreibungskosten basierend auf den AfA-Tabellen als förderfähige Fixkosten mit in die Überbrü-ckungshilfen aufzunehmen.
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Förderfähige Kosten (Punkte 3+4)“ – Tilgungsanteil von Leasing- und Kredit-verträgen erstatten: In Zeiten von historisch niedrigen Zinsen haben die Finan-zierungsanteile von Leasing- und Kreditverträgen quasi keine Relevanz für die Li-quidität der Unternehmen. Um die Busunternehmen und auch den Finanzsektor zu unterstützen, gilt es neben den Finanzierungskosten auch die Tilgung in die Förderung mit aufzunehmen.
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„Maximale Förderung“ – Deckelung von Höchstfördersatz aufheben: Umfra-gen bei unseren Mitgliedern haben klar gezeigt, dass die Höchstsätze bei Betrie-ben mit maximal 10 Beschäftigten viel zu niedrig angesetzt sind. Rund 40 Prozent der Kleinstbetriebe bis 5 Mitarbeiter*innen haben mehr als 9.000 Euro Überbrü-ckungshilfe beantragen müssen und bei den Unternehmen mit bis zu 10 Beschäf-tigten waren es immer noch fast 30 Prozent. Aber auch bei größeren Unternehmen übersteigen die Kosten vielfach deutlich die mögliche Förderung. Der bdo setzt sich daher dafür ein, dass die Deckelung der Förderhöhe grundsätzlich entfällt.
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„Maximale Förderung“ – Verbundene Unternehmen partizipieren lassen: Die maximale Förderhöhe anzuheben, ist insbesondere auch für verbundene Unter-nehmen von existentieller Bedeutung. Meist haben die Busunternehmer*innen ne-ben der Bustouristik oder dem Fernlinienverkehr auch noch ein zweites Standbein – etwa im freigestellten Schülerverkehr. Zu niedrige Förderhöchstsätze können dazu führen, dass bei verbundenen Unternehmen, für die nur ein Förderantrag gestellt werden kann, nur ein Bruchteil der anfallenden und eigentlich förderfähigen Kosten durch öffentliche Hilfen abgedeckt wird. Um hier Abhilfe zu schaffen, wäre alternativ denkbar, dass verbundene Unternehmen für jedes Einzelunternehmen eine Förderung beantragen können.
- „Beihilferegelung“ sowie „Kumulierung und Verhältnis zu anderen Program-men“ – Kleinbeihilfenregelung anpassen und Obergrenze heraufsetzen: Viele Busbetriebe stehen derzeit vor der Situation, dass sie bereits einen beihilferechtlichen Förderkredit (z.B. KfW-Schnellkredit) in Anspruch genommen haben. Nach Auffas-sung der Kreditanstalt für Wiederaufbau gilt der Kreditbetrag in voller Höhe als Sub-ventionswert und unterfällt der „Geänderten Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“. Damit sind diese Darlehen bei der 800.000 Euro-Grenze des sogenannten Temporary Frameworks miteinzuberechnen. Für verbundene Unternehmen stellt sich dieses Problem erst recht, da die 800.000 Euro-Grenze für die ganze Firmengruppe gilt. Der bdo regt daher dringend an, die Obergrenze des befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen in Brüssel auf 1.6 Mio. € erhöhen zu lassen und die Kleinbeihilfenregelung der Bundesrepublik entsprechend anzupassen. Dies wird ohnehin nötig sein, da zu-sätzliche Rettungsschirme, wie für den ÖPNV und andere Hilfsprogramme ansonsten ins Leere liefen. Zudem sollte mit der KfW eine pragmatische und beihilfeunschädliche Rückzahlungsmöglichkeit dieser Schnellkredite verhandelt werden, bis die EU-Kom-mission einer Erhöhung des Kleinbeihilfenrahmens zustimmt.