SN62 Stellungnahme des bdo im Rahmen der Verbändeanhörung zum Verordnungsentwurf des BMVI zu einer Mobilitätsdatenverordnung
Der bdo akzeptiert den Ansatz der in §§ 3a bis 3c des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) vorgenommen Regelungen zur Schaffung einer bundesweiten Datenplattform. Gerade im Hinblick auf die in der aktuellen Novelle des PBefG verankerte Förderung und Weiterentwicklung von digitalen Verkehrsangeboten ist dies ein sinnvoller Schritt.
Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) ist der Spitzenverband der deutschen Busbranche und vertritt die Interessen der privaten und mittelständischen Unternehmen aus dem Bereich Personennahverkehr, Bustouristik und Fernlinienverkehr gegenüber Politik und Öffentlichkeit.
Der bdo bedankt sich für die Übersendung des Verordnungsentwurfs und nimmt Stellung wie folgt:
I. Ausgangslage
Der bdo akzeptiert den Ansatz der in §§ 3a bis 3c des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) vorgenommenen Regelungen zur Schaffung einer bundesweiten Datenplattform. Gerade im Hinblick auf die in der aktuellen Novelle des PBefG verankerte Förderung und Weiterentwicklung von digitalen Verkehrsangeboten ist dies ein sinnvoller Schritt.
Allerdings muss hierbei berücksichtigt werden, dass kleine und mittlere Unternehmen gerade in ländlichen Regionen bereits häufig aufgrund fehlender digitaler Ausbaumöglichkeiten nicht in der Lage sind, die in der Anlage aufgeführten technischen Anforderungen zu erfüllen. Dies betrifft vor allem die Bereitstellung von Echtzeitdaten.
Zudem stehen private Unternehmen in einem starken Wettbewerb zueinander. Es ist daher absolut sicherzustellen, dass wettbewerbsrelevante Daten, wie Auslastungsdaten, nicht in einer Form bereitgestellt werden müssen, dass hierdurch Wettbewerbsnachteile entstehen können.
Mietomnibusverkehre gemäß § 49 Absatz 1 PBefG sind von den Verpflichtungen zur Bereitstellung von Mobilitätsdaten auszunehmen. Hierzu weiter unter II 1.
II. Stellungnahme zum Referentenentwurf
1. Gelegenheitsverkehre gemäß § 49 Absatz 1 PBefG (Mietomnibusse) sind von den Verpflichtungen zur Bereitstellung von Daten auszunehmen.
In dem Verordnungsentwurf zur Mobilitätsdatenverordnung heißt es unter A. „Problem und Ziel“: Transparente Echtzeitinformationen über Personenbeförderungsdienstleistungen tragen dazu bei, dass vorhandene Infrastrukturen effizienter und damit auch nachhaltiger als bisher genutzt werden können.“ Bereits daraus lässt sich schließen, dass der Gesetzgeber Mietomnibusverkehre, die sich per definitionem dadurch auszeichnen, dass der Mieter bestimmt, wann, wohin, warum und mit wem („zusammengehöriger Personenkreis“) der Bus fährt, hier nicht gemeint hat.
Es würde daher überhaupt keinen Sinn ergeben, Mietbusverkehre in die Mobilitätsdatenverordnung einzubeziehen. Beim Mietomnibusverkehr – zumeist von kleinen und kleinsten Unternehmen betrieben – handelt es sich u.a. um Fahrten von Sportvereinen und Kirchengemeinden, um Klassenfahrten, Kegelclubfahrten, Betriebsausflüge usw. Diese Fahrten haben alle gemeinsam, dass der Bus in Gänze für eine feste Gruppe mit Fahrpersonal angemietet wird. Es finden weder Zustiege von dritten Personen statt, noch wird von den Vereinen etc. angestrebt, ihre Fahrten weiteren Personenkreisen anzubieten oder in ein öffentliches Verkehrsnetz zu integrieren. Dies wäre auch gar nicht zulässig, da es in § 49 Absatz 1 Satz 2 heißt: „Die Teilnehmer müssen ein zusammengehöriger Personenkreis und über Ziel und Ablauf der Fahrt einig sein.“ Der Gelegenheitsverkehr mit Mietomnibussen gemäß § 49 Absatz 1 ist daher wie der Gelegenheitsverkehr gemäß § 48 PBefG aus der Mobilitätsdatenverordnung auszuklammern. Auch vor dem Hintergrund der andauernden Coronapandemie und dem damit immer noch bestehenden Busreiseverbot sind gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die Gelegenheitsverkehr mit Mietbussen betreiben, nicht in der Lage, den mit der Mobilitätsdatenverordnung verbundenen Bürokratie- und Kostenaufwand zu stemmen. Sie würden mit einer Verordnung überzogen, obwohl es keinerlei Sinn oder Nutzen machte. Diese Anpassung des Anwendungsbereiches der Datenbereitstellungsverpflichtung ist erforderlich, da den Fällen einer Beförderung im Sinne des § 49 Absatz 1 PBefG eine gleichgelagerten Zweckrichtung wie Ausflugsfahrten und Ferienziel-Reisen nach § 48 PBefG zugrunde liegt. In beiden Bereichen verfolgt ein begrenzter und vorher feststehender Personenkreis ein gemeinsames Fahrtziel. Beförderungen nach § 48 PBefG sind in § 3a Absatz 1 PBefG von der Bereitstellungsverpflichtung nicht umfasst. Zur Gleichbehandlung der gleichgelagerten Sachverhalte sollten nun auch Beförderungen nach § 49 Absatz 1 PBefG aus dem Anwendungsbereich genommen werden.
Es wird vorgeschlagen, nach § 1 des Verordnungsentwurfes einen neuen § 2 einzufügen, der wie folgt lauten könnte:
„§ 2 Konkretisierung des Anwendungsbereiches der Datenbereitstellungsverpflichtung nach § 3a des Personenbeförderungsgesetzes
Die Pflicht zur Datenbereitstellung nach § 3a des Personenbeförderungsgesetzes umfasst nicht solche statischen und dynamischen Daten, die im Zusammenhang mit der Beförderung im Gelegenheitsverkehr nach § 49 Absatz 1 des Personenbeförderungsgesetzes entstehen.“
2. Klarstellung erforderlich: Keine Pflicht zur Generierung von Daten
Die Pflichten zur Bereitstellung von Daten nach dem neuen § 3a PBefG beziehen sich nur auf Daten, die bei den Unternehmen bereits vorhanden sind. Es wurde keine Pflicht zur Generierung von Daten eingeführt, insbesondere keine Pflicht zur technischen Nachrüstung mit automatischen Fahrgastzählgeräten und Ähnlichem. Dies entspricht dem Willen der Regierungsfraktion und lässt sich deutlich aus dem Wortlaut von § 3a PBefG ableiten („Daten … die … „entstehen“ …“) Der Entwurf der Mobilitätsdatenverordnung könnte in diesem Punkt aber missverstanden werden, denn die Anlage enthält bei den dort genannten Datenkategorien keine Einschränkung.
Der bdo regt daher dringend eine Klarstellung im Verordnungstext bzw. deren Anlage an:
§ 1 Nr. 1: „… Bereitstellung der in der Anlage aufgeführten, elektronisch vorhandenen Daten …“ In der Anlage sollte in den beiden Überschriftsfeldern „Konkrete Daten und Informationen“ wie folgt ergänzt werden: „soweit elektronisch vorhanden“.
Sollte dies aus regelungstechnischen Gründen nicht in Frage kommen, wäre mindestens in der Begründung zur Verordnung eine entsprechende Klarstellung erforderlich. „Die Verpflichtungen des § 3a PBefG beziehen sich auf die Daten, die bei den Unternehmen vorhanden sind. Die Verordnung regelt daher insbesondere die technische Bereitstellung der Daten, aber nicht die Generierung von Daten.“
3. Verpflichtung zur Löschung von Daten
Der bdo stuft als problematisch ein, dass u.a. nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 und 2 PBefG in Verbindung mit § 3c PBefG bestimmte Mobilitätsdaten von Aufgabenträgern (Behörden nach § 8 Abs. 3 PBefG) „abgerufen“ und grundsätzlich dauerhaft gespeichert werden können. Eine Löschung der Daten muss lediglich im Rahmen des § 3c PBefG erfolgen. Dies stellt vor allem für die Unternehmen ein Problem dar, die eigenwirtschaftliche Verkehre betreiben. Die im Rahmen solcher Verkehre entstehenden Daten stellen rein innerbetriebliche, hochsensible und zu schützende Daten dar. Aus unserer Sicht ist insbesondere bei eigenwirtschaftlichen Verkehren das Unternehmen Eigentümer seiner (betrieblichen) Daten.
4. Interoperabilität und Mitspracherecht von Unternehmen (§ 4 Absatz 1 der VO)
Das Unternehmen hat bei dem Aufbau seiner Dienste und Systeme sicherzustellen, dass die Interoperabilität gewährleistet ist, insbesondere dass die bereitgestellten Daten zu den nach § 3b PBefG vorgesehenen Zwecken verwendet werden können. Zudem hat es die Funktionsfähigkeit der Schnittstellen sicherzustellen. Häufig wird im Rahmen von Verkehrsausschreibungen der Einsatz bestimmter Bord-Systeme, die u.a. Echtzeitdaten liefern, vom Aufgabenträger vorgeschrieben. Problematisch ist an dieser Stelle, dass der Unternehmer nach § 4 Adressat der Verpflichtung ist, er aber bei der Ausgestaltung und dem Aufbau der Dienste und Systeme im Zweifelsfall nicht mitentscheiden kann und die Systeme „aufgedrückt bekommt“.
5. Datenweitergabe (§ 5 Absatz 2 der VO)
Der Verweis auf § 6 ist unseres Erachtens unvollständig (lediglich Verweis auf § 6 Abs. 1 Nr. und Nr. 2). Denn: Nach § 5 Abs. 2 in Verbindung mit der Gesetzesbegründung muss einem Dritten der Zugang zu Mobilitätsdaten über den Nationalen Zugangspunkt entzogen werden und eine Datenweitergabe unterbleiben, wenn er keine vollständige und richtige Registrierung nach § 6 vorgenommen hat. Dies sollte auch im Gesetzestext zum Ausdruck kommen. Zudem müsste unseres Erachtens der Verweis wie folgt lauten: „[…] nach § 6 Abs. 1 oder nach § 7 verstößt, […].“ Denn Verstöße gegen § 7 (Bestimmung über die Weiterverwendung der Daten) sollten ebenfalls sanktioniert werden.
6. Format für im Linienfernverkehr bereitzustellende Daten
Zur Sicherstellung der Kompatibilität verschiedener Verkehre sollte das weit verbreitete Datenformat GTFS-RT als Standard - oder zumindest als gleichberechtigt gegenüber anderen Formaten - anerkannt werden. GTFS-RT wird von allen großen Anbietern von Reiseinformationsdiensten verwendet und gilt als etablierter Standard für die Verknüpfung verschiedener Verkehrsarten. Es hat im Gegensatz zu anderen Formaten zudem den Vorteil, dass sowohl statische als auch dynamische Daten abgebildet werden können. So bedarf es nicht verschiedener Systeme je nach Anwendungsfall, was das Teilen der Daten deutlich vereinfachen würde.
Eine ausschließliche Vorgabe des VDV-Formats (wie im aktuellen Entwurf z.B. bei den statischen Daten im Linienverkehr) würde vor allem international agierende Mobilitätsunternehmen benachteiligen, da dieses System europaweite Verbindungen erschwert. Dies führt jegliche politische Absicht ad absurdum, insbesondere grenzüberschreitende Linienverkehre zu fördern. Zudem würde die bereits von der EU aufgestellte Regelung unnötig eingegrenzt und dieser widersprochen, wonach gängige Standardformate als Lösung zugelassen sind. GTFS-RT sollte folglich bei statischen und dynamischen Daten ein anerkanntes Standard-Format für den Linienfernverkehr darstellen. ** 7. Anhang**
Der Anhang der Verordnung hat zum einen technische, aber zum anderen auch inhaltliche Vorgaben, die gerade bei kleinen Unternehmen außerhalb von Verbünden weit entfernt von dem liegt, was zurzeit in der Praxis an Schnittstellen verwendet wird. Es muss sichergestellt werden, dass die Verordnung keine über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehenden Daten und keinen darüberhinausgehenden Detaillierungsgrad fordert. Insbesondere im Bereich der Auslastungsdaten darf es keinesfalls über eine grobe Rasterung hinausgehen. Eine zu kleinteilige Aufschlüsselung der tatsächlichen oder prognostizierten Auslastung würde die Unternehmen verpflichten, besonders wettbewerbsrelevante Geschäftsgeheimnisse bereitzustellen. Insbesondere im Bereich der Auslastungsdaten darf es keinesfalls über eine grobe Rasterung hinausgehen. Eine zu kleinteilige Aufschlüsselung der tatsächlichen oder prognostizierten Auslastung würde die Unternehmen verpflichten, besonders wettbewerbsrelevante Geschäftsgeheimnisse bereitzustellen.