SN12 bdo SN Straf -und Bußgeldkatalog Anhang IV VO 1071 2009

Auslegungshilfe zu Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 Entwurf eines Katalogs nationaler Straf- und Bußgeldtatbestände

Berlin, 21.12.2011

Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e.V. (bdo) ist der Spitzenverband der privaten Omnibusbranche in der Bundesrepublik Deutschland. Er vertritt auf Bundesebene und im internationalen Bereich die gewerbepolitischen und fachlichen Interessen von rund 3.000 Busunternehmern, die sich im Öffentlichen Personennahverkehr, in der Bustouristik und im Busfernlinienverkehr engagieren und unter dem Dach des bdo zusammengeschlossen haben.

Zu dem Entwurf eines Katalogs der nationalen Straf- und Bußgeldtatbestände, die als „schwerster Verstoß“ i.S.d. Anhangs IV der Verordnung 1071/2009/EG (Berufszugangsverordnung) gelten sollen, nehmen wir wie folgt Stellung:

Zu I) Vorbemerkungen

Die Liste der „schwersten Verstöße“ gemäß Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe a des Anhangs IV der Verordnung 1071/2009/EG hat größte Bedeutung für unsere Unternehmen, da durch einen solchen „schwersten Verstoß“ die persönliche Zuverlässigkeit des Unternehmers oder des Verkehrsleiters infrage gestellt werden kann. Dies kann zum Widerruf der Gemeinschaftslizenz und auch zur Untersagung der Führung von Kraftverkehrsgeschäften für die Zukunft führen.

Hierin liegt regelmäßig ein schwerwiegender Eingriff in die grundrechtlich gewährleistete Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 GG. Entsprechende Eingriffe sind nur dann gerechtfertigt, wenn dies zum Schutz überragender Interessen des Gemeinwohls erforderlich ist. Die zuständige Behörde hat hier eine Güterabwägung unter Berücksichtigung der Schwere des jeweiligen Verstoßes durchzuführen. Artikel 6 der Verordnung 1071/2009/EG unterscheidet dabei drei Intensitäten von Verstößen, nämlich „schwere Verstöße“, „schwerwiegende Verstöße“ und „schwerste Verstöße“ nach Anhang IV der Verordnung. Eine gegen den Verkehrsleiter gerichtete Untersagung zur Führung des Personenverkehrsgeschäftes oder die Entziehung der Gemeinschaftslizenz kann regelmäßig nur bei „schwersten Verstößen“ nach Anhang IV gerechtfertigt werden, soweit durch solche Verstöße die Zuverlässigkeit des Verkehrsleiters oder des Verkehrsunternehmens zwingend in Frage gestellt wird.

Der bdo lehnt es vor diesem Hintergrund ab, auch fahrlässig begangene Gesetzesverstöße als „schwerste Verstöße“ zu werten. Auch der Qualifizierung von Bußgeldentscheidungen ab einer Bußgeldhöhe von 200 Euro als „schwerste Verstöße“ widersprechen wir entschieden. Der Entwurf senkt hier in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise die Schwelle zur Annahme schwerster und mithin besonders vorwerfbarer Verstöße. Wir fordern stattdessen, stets eine vorsätzliche Handlungsweise als Voraussetzung für die Qualifizierung einer geahndeten Zuwiderhandlung als „schwerster Verstoß“ vorzusehen.

Ebenfalls kritisch zu bewerten ist es, wenn ein durch einen angestellten Fahrer begangener „schwerster Verstoß“ stets dem jeweiligen Unternehmen zugerechnet werden soll. Hieran ist höchstens bei einem „selbstfahrenden Unternehmer“ bzw. Verkehrsleiter zu denken. Stets sollte im Rahmen einer durchzuführenden Ermessenentscheidung und unter Beachtung der schwerwiegenden Folgen eines Berufsverbots oder einer Lizenzentziehung auch gewürdigt werden, ob es sich um einen erstmaligen oder wiederholten Verstoß handelt.

Zu II) Katalog

Die Nummer III.B.1 des Katalog-Entwurfs sieht einen „schwersten Verstoß“ bereits dann als gegeben, wenn der Halter die Inbetriebnahme eines Kraftomnibusses anordnet oder zulässt, obwohl die Verkehrssicherheit durch einen nicht vorschriftsmäßigen Zustand des Fahrzeugs wesentlich beeinträchtigt ist.

Laut Nummer 3 des Anhangs IV der Verordnung 1071/2009/EG sind sehr schwerwiegende Mängel an verschiedenen technischen Einrichtungen des Fahrzeugs jedoch nur dann relevant, wenn die Mängel eine solch unmittelbare Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen würden, dass die Stilllegung des Fahrzeugs verfügt wird. Die zwingende Voraussetzung einer Stilllegungsverfügung ist insofern ebenfalls in den Katalog aufzunehmen.