SN56 bdo-Restart-Konzept

Gemeinsame Empfehlungen des deutschen Busgewerbes bei Wiederaufnahme des Busreiseverkehrs/Gelegenheitsverkehrs

Stand 23.02.2021

Ist-Zustand

Im Zuge der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Shutdowns steht die nationale und internationale Bustouristik still. Klassenfahrten und Vereinsreisen finden ebenso wenig statt. Jährlich befördern die Busunternehmen rund 81 Millionen Fahrgäste allein nur zu touristischen Zwecken. Der momentane Stillstand gefährdet derzeit rund 42.000 Arbeitsplätze direkt in der Busbranche und bei ihren Zulieferern sowie direkt und indirekt insgesamt knapp 240.000 Arbeitsplätze. Mit mittlerweile insgesamt 14,3 Milliarden Euro Bruttoumsätzen im Jahr, ist durch die Corona-Pandemie ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Deutschland gefährdet. Jetzt ist der Zeitpunkt eingetreten, ein ganzheitliches und branchenübergreifendes „Restart-Konzept“ für die Busbranche zu beschließen. Ziel ist es, den Busunternehmen eine reibungslose Wiederaufnahme des Reiseverkehrs unter Berücksichtigung der Ansprüche an die Hygiene und den Infektionsschutz zu ermöglichen.

Der Bustourismus ist kein Pandemietreiber. Mittlerweile steht fest: Corona wird insbesondere über die Atmungsorgane durch Aerosole übertragen. Hier kann der moderne Reisebus Risiken minimieren. Kein anderes öffentliches Verkehrsmittel verfügt über leistungsfähigere Lüftungsanlagen. Bei normalen Außentemperaturen wird die Luft im Bus mindestens jede Minute komplett ausgetauscht. Deutlich schneller als im Flieger oder in der Bahn. In der Tourismusbranche bieten Busse unter anderem Personen ohne Zugang zum Individualverkehr auch in Pandemiezeiten sichere Mobilität. Auch das Konzept einer festen Reisegruppe erweist sich als besonders sinnvoll.

Ziel dieses Konzepts ist es, den Reisebusunternehmen eine Wiederaufnahme ihrer Geschäftstätigkeit zu ermöglichen, vereinheitlichte Regelungen in der Bundesrepublik zu bewerben und die Kontrolle über das Infektionsgeschehen zu behalten, um eine nachhaltige Stabilität der Tourismuswirtschaft zurückzugewinnen und den vielen Fahrgästen, die seit Monaten darauf warten, wieder mehr als ihre fußläufige Umgebung zu erkunden, verantwortungsbewusstes, sicheres und umweltfreundliches Reisen zu ermöglichen.

Bund und Länder haben sich auf das Ziel verständigt, die Infektionszahlen dauerhaft unter die bisher geltende Marke einer 7-Tage-Inzidenz von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner zu senken. Die jüngste Fokussierung auf einen Inzidenzwert von <35 soll den Unsicherheiten um die sich weiterverbreitenden Mutanten gerecht werden. Dieses Ziel unterstützt der bdo. Das setzt allerdings voraus, dass es unbürokratische und passgenaue Hilfen für alle Bustouristiker*innen gibt, die auch in den Betrieben ankommen. Die betroffenen Busunternehmen müssen weiterhin schnell und unbürokratisch finanziell unterstützt werden, damit sie die Krise überstehen. Während der langsamen Wiederaufnahme des Reiseverkehrs benötigen die Busunternehmen weitere Wirtschaftshilfen und die Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes auf 7 %, um eine erwartete Verunsicherung seitens der Kunden beim Buchungsverhalten kompensieren zu können. Es ist davon auszugehen, dass die negativen wirtschaftlichen Konsequenzen in den bustouristischen Unternehmen auch nach der Wiederaufnahme des Tagesgeschäftes mehrere Monate spürbar sein werden. Die Tourismusbranche braucht eine Planungsgrundlage, um das schrittweise Hochfahren der Betriebe zu ermöglichen. Dieses Perspektivpapier beschreibt unseren Vorschlag für die Wiedereröffnung des Tourismus.

Grundvoraussetzungen für Neustart

Die Busreise ist unabdingbar verknüpft mit anderen touristischen Leistungsträgern, der Hotellerie sowie der Gastronomie. Damit ein Neustart von Bustouristik und Gruppenreisen gewährleistet werden kann, sollte sich bundesweit und branchenübergreifend auf Grundvoraussetzungen geeinigt werden. Diese sollen neue Ansteckungswellen verhindern und gleichzeitig ein Reise- und Mobilitätsangebot schaffen, welches den Ansprüchen der Hygiene, des Infektionsschutzes und der Nachvollziehbarkeit gerecht wird.

Gemäß des Neustart-Konzeptes vom Deutschen Tourismusverband (DTV) dient die 4-Säulen-Strategie als wichtige Grundvoraussetzung für den Neustart. Dazu zählt eine starke Ausweitung der Testmöglichkeiten, eine konsequente Nutzung der digitalen Kontaktnachverfolgung, die hohe Impfbereitschaft in der Bevölkerung und die bisherigen Anstrengungen der Busbranche für sicheres Reisen. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums ist eine Zulassung der bereits in Österreich eingesetzten Selbsttests Anfang März in Deutschland zu erwarten. Diese Maßnahme ist eine der wichtigsten Säulen für einen infektionssicheren Busreiseverkehr.

Grundsätzlich sollte der Neustart der touristischen Reisen ermöglicht werden, sobald die Infektionszahlen im Abfahrts- und Zielgebiet stabil (5 Tage) unter die 7-Tage-Inzidenz von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner sinken. Deutliche Verbesserungen der Teststrategie lassen dies zu.

Technische Voraussetzungen, Test- und Impfstrategie

Der moderne Reisebus hat mit seinen vorhandenen Klimasystemen beste Voraussetzungen, eine Virenlast im Innenraum zu unterdrücken. Einmal in der Minute wird die Luft im Innenraum komplett ausgetauscht. Auch Aerosole können damit effektiv den Weg nach draußen finden. Bereits im vergangenen Jahr haben viele Busunternehmen (Reise- und Fernlinienbus) durch ihre Investitionen in geeignete Hygienemaßnahmen bewiesen, dass eine sichere Beförderung mit geringem Ansteckungsrisiko gewährleistet werden kann. Des Weiteren kann die Zulassung von POC-Antigenschnelltest als Selbsttest für die Busunternehmen den Fahrtantritt erleichtern und nimmt dem Neustart eine weitere Hürde. Dies sollte auch für die Reisegäste gelten. Es muss klar definiert werden, wann das Infektionsgeschehen es erfordert, durch die Fahrgäste vor dem Einstieg in den Reisebus einen Corona-Schnelltest vornehmen zu lassen.

Das kontinuierliche Ausrollen der Impfungen in Deutschland und in den ausländischen Destinationen erhöht weiter die Sicherheit der Reisegäste. Die Dokumentation der jeweiligen Impfung muss unkompliziert und international erfolgen. Die EU-Kommission hat angekündigt, einen europäischen Impfausweis einzuführen. Dies ist zu begrüßen. Allerdings sollte die Frage des Umgangs mit geimpften Personen den Unternehmen überlassen bleiben. Die Impfbereitschaft ist sowohl bei den Kunden als auch beim Buspersonal hoch. Zum Schutz der Busfahrer*innen und der Reisegäste ist eine zeitnahe flächendeckende Impfung des Bordpersonals notwendig.

Weitere Sicherheitsmaßnahmen der Busunternehmen

Die Busbranche stellt seit Beginn der Pandemie die Einhaltung der geltenden A-H-A-L Regelungen sicher. Nach dem ersten Lockdown im Sommer 2020 wurden Busreisen wieder zugelassen. Die Hygiene- und Schutzmaßnahmen bei der Beförderung durch Busunternehmen fügen sich nahtlos in die Hygiene- und Schutzmaßnahmen anderer Leistungsanbieter (z. B. Restaurants, Hotels) an.

Ein festgelegter Umgang mit Covid-19 Verdachtsfällen erhöht die Sicherheit der Reisegäste. Reisen finden nur in Regionen statt, die seitens der Behörden freigegeben sind. Sollte in einem Zielgebiet plötzlich und unerwartet das Pandemiegeschehen den Abbruch der Reise notwendig machen, stellen Busunternehmen anders als andere Verkehrsträger sicher, dass ihre Reisegäste schnell und unbürokratisch mit ihrem Reisebus aus dem betroffenen Gebiet in Sicherheit oder nach Hause gebracht werden können. Selbst als im Rahmen des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 viele Grenzen geschlossen wurden, konnten alle Busreisegäste sicher und schnell auf Kosten des Busunternehmers nach Hause gebracht werden. Mit den Leistungspartnern (Hotelbetrieben, gastronomischen Einrichtungen, Freizeiteinrichtungen) erfolgt eine enge Abstimmung über die bestehenden Hygienekonzepte. Der bdo wünscht sich gerade bei den Hotelbetrieben ebenfalls harmonisierte Hygienekonzepte, die diese Abstimmung erleichtern.

Ampelsystem

In Anlehnung an das Konzept des Deutschen Tourismusverbands (DTV) und der europaweiten Ampel, (Re-open EU (europa.eu)) ist die Einführung eines bundesweiten Ampelsystems sinnvoll. Dieses Ampelsystem muss mit den Beherbergungsbetrieben, gastronomischen Einrichtungen und Freizeiteinrichtungen abgestimmt werden, damit der Busreiseverkehr problemlos im Rahmen der Hygienevorschriften gewährleistet werden kann. Folgende Voraussetzungen sollten seitens der touristischen Leistungspartner gewährleistet sein, um den Bustourismus reibungslos zu ermöglichen:

  • Gastronomie, Beherbergung, kulturelle Einrichtungen (wie Museen, Galerien) geöffnet mit Hygienekonzept (insbesondere Personenbegrenzung/ Größe Einrichtung)
  • Touristische Outdoor-Einrichtungen (wie Zoo, Freilichtmuseum) geöffnet mit Hygienekonzept

Das Ampelsystem kann wie folgt aussehen:

Die Durchführung von touristischen Busreisen ist wieder grundsätzlich möglich. Gemäß eines 3-Stufen-Modells sollen anhand des Infektionsgeschehens die Maßnahmen für die Bustouristik abgebildet werden. Es gilt die Stufe Grün -bei einem Inzidenzwert 0 bis 35, die Stufe Gelb bei Inzidenzen von 36 bis 50, die Stufe Rot nach Überschreiten des Inzidenzwertes von 50. Dabei gelten folgende Regeln:

  • Eine Änderung der Einstufung tritt erst dann in Kraft, wenn die Schwelle von 35 bzw. 50 über eine Dauer von mindestens 5 Tagen über- bzw. unterschritten wird.
  • Es muss das Infektionsgeschehen sowohl in der Start- als auch Enddestination berücksichtigt werden. Maßgeblich für die Einstufung ist der Zeitpunkt des Reisebeginns.

Zu beachten ist, dass grundsätzlich das Hygienekonzepts des bdo (siehe Anlage 1) als Maßstab gilt und die Einschränkungen bei erhöhtem Inzidenzwert ergänzend aufgeführt werden.

Anpassungen durch steigende Anzahl von Impfungen

Die Impfbereitschaft ist sowohl bei den Kunden als auch beim Buspersonal hoch. Zum Schutz des Bordpersonals und der Reisegäste ist eine zeitnahe flächendeckende Impfung des Bordpersonals notwendig. Die Mehrheit der Reisegäste bei touristischen Busreisen liegt in einer Altersgruppe um die 70 Jahren. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Personengruppe nach der Impfstrategie der Bundesregierung zeitnah geimpft wird.

Allgemein nehmen die Unternehmen ihre Prüfpflicht von notwendigen Reiseunterlagen der Kunden äußerst ernst. Damit das Verfahren der Prüfung etwaige Nachweise vereinfacht wird, fordert der bdo mittelfristig international und umgehend national, dass einheitliche Nachweisdokumente zur Verfügung gestellt werden.

Im Falle eines positiven Effekts durch die momentan eingesetzten Impfstoffe sollte der Vorwarnwert in Bezug auf das Infektionsgeschehen in Deutschland neu angesetzt werden. Je nach Voranschreiten der Impfungen, sollte ein bundesweites Ampelsystem angepasst werden und etwaige Lockerungen ermöglicht werden.

Ausblick

Der bdo kann mit diesem Konzept einen Restart der Branche sicherstellen, der geeignet ist, das Infektionsgeschehen in Deutschland und Europa weiter zu minimieren. Für einen erfolgreichen Neustart ist jedoch die gesamte Touristikbranche in diesen Prozess einzubeziehen und sowohl politisch wie gesetzgeberisch zu begleiten. In jedem Fall sollte ein „Öffnungs-Flickenteppich“ wie im Sommer des vergangenen Jahres nach dem ersten Reisebusverbot vermieden werden. Neben den Vertretern von Hotellerie und Gastronomie sind auch die Länder in diesem Prozess maßgeblich einzubeziehen. Der bdo fordert daher auf nationaler Ebene einen „Runden Tisch“ zum Restart in der Touristik. Dieser sollte allerdings eine hohe Transparenz aufweisen, auch spezielle Branchen einbeziehen und gerade auch die Verbände integrieren, die in erster Linie die wichtigen Interessen von kleinen und mittelständischen Unternehmen vertreten.

Zudem regt der bdo dringend ein europaweit abgestimmtes Vorgehen gemeinsam mit den anderen EU-Mitgliedstaaten und der EU-Kommission an. Denn auch wenn sich der Restart langsam zunächst innerhalb Deutschlands wieder entwickeln wird, sollte unser aller Ziel sein, möglichst schnell wieder Urlaub in Europa und der Welt zu ermöglichen.