SN27 bdo-Stellungnahme Verordnung zur Durchsetzung von Fahrgastrechten

Zum Entwurf einer Verordnung zur Durchsetzung von Fahrgastrechten der der Europäischen Union im Kraftomnibusverkehr (EU-Fahrgastrechte-Kraftomnibus-Verordnung – EU-FahrgRBusV)

Berlin, 01.10.2013

Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e.V. (bdo) ist der Spitzenverband der privaten Omnibusbranche in der Bundesrepublik Deutschland. Er vertritt auf Bundesebene und im internationalen Bereich die gewerbepolitischen und fachlichen Interessen von rund 3.000 Busunternehmern, die sich im Öffentlichen Personennahverkehr, in der Bustouristik und im Busfernlinienverkehr engagieren und unter dem Dach des bdo zusammengeschlossen haben.

Ausgangssituation

Die Verordnung (EU) Nr. 181/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Fahrgastrechte im Kraftomnibusverkehr gilt seit dem 1. März 2013 unmittelbar in allen Mitgliedstaaten. Das deutsche Begleitgesetz (EU-Fahrgastrechte-Kraftomnibus-Gesetz) ist am 27. Juli 2013 in Kraft getreten. Mit dem nun vorgelegten Entwurf macht das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung von der ihm eingeräumten Ermächtigung Gebrauch, mittels Verordnung ohne die Zustimmung des Bundesrates die Tatbestände zu bezeichnen, die als Ordnungswidrigkeit geahndet werden können.

Der bdo nimmt zu diesem Entwurf Stellung wie folgt:

1. § 2 Nr. 1

Es sollte klargestellt werden, dass ein bußgeldbewehrter Verstoß gegen die Pflicht, eine Reservierung vorzunehmen, einen Fahrschein auszustellen oder auf sonstige Weise zur Verfügung zu stellen oder die behinderte oder mobilitätseingeschränkte Person an Bord zu nehmen, nur dann vorliegt, wenn keine der in Artikel 10 Abs. 1 der Verordnung (EU) 181/2011 aufgeführten Ausnahmen vorliegt.

2. § 2 Nr. 2, 4, 5, 7, 8, 10, 11

Die Verwendung des Wortes „richtig“ wird als problematisch gesehen. Der Gebrauch dieses unbestimmten Begriffs erscheint überflüssig bzw. verunklärend, da dies die Vermutung zulässt, dass neben den in der jeweils zitierten Vorschrift (z.B. entgegen Artikel 9 Absatz 2) enthaltenen Voraussetzungen weitere Modalitäten auferlegt werden sollen. Wir schlagen stattdessen die Formulierung „… nicht gemäß Artikel 9 Absatz 2 anbietet“, „…nicht gemäß Artikel 10 Absatz 4 Unterabsatz 2 erster Halbsatz befördert“ etc. vor.

3. § 2 Nr. 7

Bislang sind in Deutschland nur zwei benannte Busbahnhöfe existent (Hamburg, Mannheim). Bei den Beförderern und auch unter den Fahrgästen herrscht Unklarheit darüber, an welchen Busbahnhöfen der Anspruch auf umfangreiche Hilfeleistung für behinderte Menschen und Fahrgäste mit Mobilitätseinschränkungen tatsächlich besteht. Nur wenn künftig sichergestellt ist, dass die Beförderer rechtzeitig über neu hinzu kommende Busbahnhöfe, die den qualifizierten Anforderungen des Artikels 12 genügen, informiert werden, kann die Bußgeldbewehrung gerechtfertigt werden.

4. § 2 Nr. 12

Hier sollte die Möglichkeit genutzt werden klarzustellen, unter welchen Voraussetzungen das Erfordernis der „zugänglichen Form“ erfüllt ist. In Absprache mit Behindertenverbänden ist nach einhelliger Auffassung davon auszugehen, dass die Anwendung des sogenannten Zwei-Sinne-Prinzips, also das Zur-Verfügung-Stellen der Information in der Form, dass mindestens zwei der drei Sinne Sehen, Hören, Fühlen angesprochen werden, ausreichend ist. Für den Beförderer ist es schlichtweg nicht leistbar, die besonderen Anforderungen z. B. taubblinder Fahrgäste zu erfüllen. Mit der Anwendung des Zwei-Sinne-Prinzips können die allermeisten behinderten und mobilitätseingeschränkten Fahrgäste die jeweiligen Informationen erhalten, daher sollte klargestellt werden, dass dieses Prinzip erforderlich, aber auch ausreichend ist.

5. § 2 1. Halbsatz

Grundsätzlich erscheint es nach unserer Auffassung schwierig, dass im Verordnungstext keinerlei Differenzierungen zwischen den einzelnen Verstößen gegen die Verordnung (EU) 181/2011 vorgenommen worden sind. Es wird lediglich auf den durch § 9 Absatz 1 des EU-Fahrgastrechte-Kraftomnibus-Gesetz vorgegebenen Rahmen von bis zu 30.000 € verwiesen. Vor dem Hintergrund der Bußgeldbewehrungen in anderen Gesetzen (z. B. Personenbeförderungsgesetz) erscheint es hier dringend geboten, eine Staffelung vorzunehmen. Insbesondere für Verstöße hinsichtlich der Schulungspflicht (§ 2 Nr. 9 (Art. 16 der VO 181/2011)) sind Bußgelder bis zu 30.000 € nicht verhältnismäßig. Für Verstöße des Unternehmers gegen die Weiterbildungspflicht der Berufskraftfahrer sieht das Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz (§ 9 Abs. 3) einen Höchstsatz von 20.000 € vor. Wir schlagen daher aufgrund der Vergleichbarkeit der Sachverhalte insbesondere hinsichtlich der Schulungspflicht zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit vor, den vorgesehenen Bußgeldrahmen einzuengen. Auch für Verstöße gegen die Informationspflicht gemäß Artikel 11 Absatz 5 Satz 1 der VO 181/2011 halten wir es für angebracht, eine Staffelung vorzusehen und dadurch der Durchsetzungsstelle die Möglichkeit zu nehmen, den Bußgeldrahmen bis zur vollen Höhe auszuschöpfen.