Verkehrsminister müssen zu ihrem Wort stehen - Busmaut würde Fernbusmarkt zerstören - Vorstoß ist mittelstandsfeindlich - Verbraucher nicht täuschen
“Wer eine Maut für Busse fordert, der muss wissen, dass er damit den noch jungen Fernbusmarkt zerstören wird”, sagte die Hauptgeschäftsführerin des bdo Bundesverbandes Deutscher Omnibusunternehmer, Christiane Leonard, am Donnerstag in Berlin. “Das zarte Pflänzchen Fernbus darf jetzt nicht kaputt gemacht werden. Die Fahrgäste fangen an ihn zu nutzen und würden nicht verstehen, wenn die Politik mit einer Maut den Markt austrocknen würden. Die Verbraucher dürfen nicht getäuscht werden.”
Leonard zeigte sich über einen entsprechenden Vorstoß von Bayerns Verkehrsminister Joachim Herrmann überrascht. Noch vor drei Wochen hatte der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Ulrich Lange (CSU), eine Maut ausgeschlossen. “Der Vorstoß von Minister Joachim Herrmann trägt dazu bei, dass die Fernbuskunden ihr Vertrauen in die Politik verlieren”, sagte Leonard. Der Kompromiss zur Liberalisierung des Fernbusmarktes im Bundestag beinhaltete einen bewussten Verzicht auf die Busmaut, er wurde von CDU, CSU, SPD, FDP und Grünen beschlossen. In Folge der Bodewig-Kommission beschlossen zudem alle Verkehrsminister auf ihrer Konferenz Ende 2013, auf eine Busmaut zu verzichten. “Die Verkehrsminister müssen bei ihrer Position bleiben. Sie stehen bei jedem einzelnen Fernbuskunden im Wort. Die Verbraucher müssen ihren Ministern trauen können”, sagte Leonard.
“Der Vertrauensvorschuss darf jetzt nicht einseitig von der Politik im zweiten Jahr aufgekündigt werden”, sagte Leonard. Die Mittelständler haben einen hohen dreistelligen Millionen-Betrag in neue Busse investiert, um an dem jungen Markt teilzunehmen. “Sie haben das ohne jegliche staatliche Unterstützung getan, im Vertrauen auf die Bedingungen, zu denen der Markt liberalisiert wurde.”
“Die Mittelständler können die Maut nicht weitergeben.” Deshalb ist eine Busmaut mittelstandsfeindlich. Laut der bdo-Konjunkturumfrage haben alle Fernbusunternehmen wegen hoher Investitionen und Marketingkosten 2013 keine Gewinne eingefahren.
Nach Berechnungen des bdo würden die Tickets der Kunden mit Einführung der Maut schnell um bis zu 20 Prozent teurer werden. Wegen der geringen Margen haben die Fernbusunternehmen dann so gut wie keine Chance mehr auf Gewinn. “Der Bus als äußerst klimafreundliches Fahrzeug würde dann auf der Strecke bleiben. Da die meisten Mittelständler auch im ÖPNV und der Touristik unterwegs sind, hätte eine Maut auch direkte und schädigende Auswirkungen auf diese Bereiche, die die Unternehmer eigenwirtschaftlich erbringen”, sagte Leonard.
“Hermann hat Unrecht, wenn er den Fernbus in direkte Konkurrenz zur Bahn setzt”, sagte Leonard. Einer bdo-Umfrage zufolge steigt der weit überwiegende Teil der Fernbuskunden vom eigenen Auto und der Mitfahrzentrale um. “Damit sorgt der Bus für mehr Platz auf den deutschen Straßen und bietet eine klimafreundliche Reisemöglichkeit ganz ohne staatliche Zuschüsse.” Umweltpolitisch würde eine staatliche Steuerung durch eine Maut fehllaufen, da der Bus einer Statistik des Umweltbundesamtes nach das klimafreundlichste Verkehrsmittel ist. Pro Passagier verbraucht er am wenigsten Kraftstoff und stößt am geringsten klimaschädliches Kohlendioxid aus.
Hintergrund:
Einer Untersuchung des DIW zufolge deckt der Bus auf der Autobahn mehr als 300 Prozent seiner Wegekosten durch die Mineralöl-, Öko- sowie Kraftfahrzeugsteuer und durch Parkgebühren. Der Deckungsgrad der Bahn ist trotz Trassengebühren deutlich geringer, laut DIW unter 100 Prozent.
Auch die Staatseinnahmen sind nicht beachtenswert, da der Markt zwar dynamisch gewachsen ist, allerdings nur ein kleines Segment bedient und durch die Busmaut weiter geschwächt würde. Laut Statistischem Bundesamt gab es 2013 3 Millionen Passagiere im Fernlinienverkehr mit Bussen - der bdo schätzt 9 Millionen. Die Bahn hatte 131 Millionen Passagiere im Fernverkehr und im Flugverkehr waren es 181 Millionen Passagiere. Der Vorgänger der Bodewig-Kommission, Daehre, taxierte die staatlichen Einnahmen durch eine Busmaut auf 100 bis 300 Millionen Euro.
Die Einführung einer Busmaut ist auch kein geeignetes Mittel zur Verkehrsinfrastrukturfinanzierung, da einer stärkeren Nutzerfinanzierung einkommensspezifische Grenzen gesetzt sind. Die Verbraucherpreise steigen zurzeit stärker als das Haushaltsnettoeinkommen. Die privaten Haushalte schränken ihre Ausgaben für den Verkehr nach den Ermittlungen der Einkommens- und Verbraucherstichproben immer mehr ein; diese liegen bei nur noch um 200 Euro im Monat.