Verkehrsausschuss des EU-Parlaments beschließt Maut für umweltfreundlichen Busverkehr – bdo sieht Bundesregierung gefordert, diese zu verhindern.
Mit einem aktuellen Gremien-Beschluss drängt das Europäische Parlament auf die Einführung einer neuen Zwangsabgabe ausgerechnet für das umweltfreundlichste Verkehrsmittel. Der bdo ruft die Bundesregierung auf, sofort eine Korrektur über den Rat der EU herbeizuführen, um eine falsche ökologische Lenkungswirkung sowie verheerende Belastungen für mittelständische Verkehrsunternehmen zu verhindern.
Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) hat am 24. Mai den aktuellen Gremien-Beschluss des Europäischen Parlaments zur Einführung einer neuen Zwangsabgabe für den Busverkehr scharf kritisiert. Im Rahmen der Debatte über eine Revision der sogenannten Eurovignetten-Richtlinie hatte sich der Ausschuss für Verkehr und Tourismus des Europäischen Parlaments heute dafür entschieden, dass Mitgliedstaaten, die bereits eine Lkw-Maut erheben, diese ab 2020 auf alle schweren Nutzfahrzeuge ausweiten müssen. Damit würde durch die europäische Hintertür eine Maut für Busse eingeführt, die bisher von der Bundesregierung abgelehnt worden war. Die EU-Richtungsentscheidung steht insgesamt im diametralen Gegensatz zum Bestreben, mehr Menschen von der Nutzung des öffentlichen Verkehrs zu überzeugen, um die Emissionen des Straßenverkehrs zu senken. Das Votum bringe, so der bdo, eine zusätzliche finanzielle Belastung für das umweltfreundlichste Verkehrsmittel mit sich und in der Folge auch eine vollkommen falsche Lenkungswirkung.
„Heute hat sich leider das Eintreten der EU für den umweltfreundlichen Verkehr der Zukunft als reines Lippenbekenntnis erwiesen“, sagte Christiane Leonard, Hauptgeschäftsführerin des bdo zum vorliegenden Beschluss. „In der Praxis soll der emissionsarme öffentliche Verkehr mit Bussen mit Zusatzkosten belastet werden, was Reisende im Grunde wieder zurück in den Privat-Pkw drängt. Diese Entscheidung widerspricht somit nicht nur dem gesunden Menschenverstand, sondern richtet sich vor allem auch ganz direkt gegen den Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf saubere Luft.“
Zu der Gesamtentwicklung der groß angelegten EU-Straßenverkehrsinitiativen fügte Christiane Leonard kritisch an: „Leider droht das EU-Maßnahmenpaket für die Mobilität der Zukunft insgesamt an seinen zu Recht formulierten Ansprüchen an vielen Punkten zu scheitern. Denn auch beim wichtigen Thema „Lenk- und Ruhezeiten“ müssen wir feststellen, dass die Interessen der Fahrgäste und Fahrer im Busverkehr – also der Menschen, um die es eigentlich gehen sollte – gar nicht betrachtet werden. Stattdessen setzen Europäische Kommission und Europäisches Parlament hier Regelungen auf, die sich offensichtlich nur am Güterverkehr orientieren. Jetzt ist ein entschiedenes Agieren der Bundesregierung in den Verhandlungen mit den EU-Institutionen gefragt, damit der Bus-Mittelstand in Deutschland und Europa nicht unter die Räder kommt. Wir vertrauen darauf, dass die Bundesregierung am 7. Juni in der hierfür entscheidenden Sitzung der Verkehrsminister der EU-Mitgliedstaaten in Luxemburg klar Stellung bezieht und falsche Entscheidungen verhindert.“
Zum Hintergrund: Laut Umweltbundesamt ist der Pkw-Verkehr in Deutschland für mehr als 60 Prozent der Emissionen des gesamten Verkehrssektors verantwortlich. Eine deutliche – und notwendige – Verbesserung könnte über eine Ausweitung des öffentlichen Verkehrs mit Bus und Bahn erreicht werden, wenn diese Angebote entsprechende Pkw-Fahrten ersetzen. Dafür braucht es aber Rahmenbedingungen, die den öffentlichen Verkehr stärken.
Mit der heutigen Entscheidung hat nun aber das Europäische Parlament im Gegenteil sich auf den Weg gemacht, den Bus als umweltfreundlichsten motorisierten Verkehrsträger ab 2020 mit einer Zwangsabgabe zu belasten. Damit konterkarieren die Europaabgeordneten die Bemühungen für ein Gelingen der Verkehrswende sowie das Einhalten von Grenzwerten für Luftschadstoffe.
Gleichzeitig versetzt die Entscheidung auch dem deutschen Busmittelstand einen existenzgefährdenden Schlag, da die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sich damit deutlich verschlechtern. Die Maut wird sowohl für die Bustouristik mit ihren Chorfahrten, Klassenausflügen oder Städtetrips als auch bei der Nutzung des Fernbusses fällig. Damit werden ausgerechnet jene Menschen bestraft, die sich für eine klimafreundliche Form der Mobilität entscheiden. Zu kritisieren ist auch die soziale Wirkung der neuen Maut, da günstige Bustickets es Menschen mit niedrigem Einkommen ermöglichen, mobil zu sein. Über 60 Prozent der Fernbusfahrgäste haben ein monatliches Einkommen von weniger als 1.000 Euro.
Weitere Informationen zur Umweltbilanz des Fernbusverkehrs können Sie in der Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) nachlesen. Sie finden das Dokument als Download unter folgendem Link.