Urlauber mit Umweltbewusstsein zahlen mehr
Allianz pro Schiene und bdo plädieren für Steuergleichheit zwischen Bus, Bahn und Flieger. Bisher werden umweltfreundlichere Verkehrsträger benachteiligt und Reisende belastet.
Berlin 19. Juli 2017 – In Deutschland stehen die Sommerferien vor der Tür, aber Urlauber, die bei der Reiseplanung auch ihr Klimagewissen befragen, sehen sich klar benachteiligt. Während der Flugverkehr bei internationalen Flügen gänzlich von der Mehrwertsteuer befreit ist, müssen Fernreisende im Zug oder im Fernbus in Deutschland bis zur Grenze den vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent zahlen, kritisierten Allianz pro Schiene und der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) am Mittwoch in Berlin.
Gewaltige Fehlanreize sollten überdacht werden „Reisende, die klimafreundlich mit Bus und Bahn mobil sein wollen, werden in Deutschland über die Mehrwertsteuer regelrecht bestraft“, sagte Christiane Leonard, Hauptgeschäftsführerin des bdo, zu der Benachteiligung der beiden Verkehrsträger. „Im Interesse von Umwelt und fairen Marktbedingungen sollten diese gewaltigen Fehlanreize nach den Wahlen unbedingt überdacht werden“, so Leonard weiter.
Andere EU-Länder entlasten Bus und Bahn bei den Steuern „Deutschland stellt sich in der EU gern als Vorreiter in Sachen Klimaschutz dar, doch in der Praxis gibt es hierzulande eine direkte Bevorzugung des Flugverkehrs. Das ist bei unseren europäischen Nachbarn deutlich anders: Viele EU-Länder entlasten grenzüberschreitende Zug- und Bustickets von der Mehrwertsteuer und stellen sie als umweltfreundliche Alternative dem Flugverkehr wenigstens gleich, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege. Die ungerechte Besteuerung sei auch ein Hindernis für den Aufbau eines dichten europäischen Nachtzugnetzes, das die Reisenden gerade in der Urlaubszeit sehr zu schätzen wüssten, bemängelte die Allianz pro Schiene. Die Summe, die dem deutschen Haushalt durch die Steuerbefreiung grenzüberschreitender Flüge entgeht, bezifferte die Allianz pro Schiene auf jährlich 4,8 Milliarden Euro.
Autofreie Urlauber brauchen gute Einbindung in Verkehrsnetze Für einen Schub hin zu mehr Umweltfreundlichkeit auch im innerdeutschen Tourismus forderte der Deutsche Tourismusverband (DTV) eine bessere Anbindung touristischer Regionen an die Verkehrsnetze. „Wenn Deutschland zum Auftakt der Sommerferien wieder einmal im Stau versinkt, ist es natürlich zu spät, um etwas zu bewegen. Der DTV fordert daher, dass frühzeitig etwa schon im Bundesverkehrswegeplan oder in den Nahverkehrsplänen der Länder besser auf die Bedürfnisse von Touristen geachtet wird“, sagte DTV-Präsident Reinhard Meyer. „Wir müssen es dem Gast so leicht wie möglich machen, auf umweltfreundliche Verkehrsmittel umzusteigen. Das schaffen wir zum Beispiel mit umsteigefreien Fernverbindungen mit der Bahn oder indem wir den Fernlinienbus in die Verkehrskonzepte der Kommunen einbinden“, sagte Meyer. Nach einer autofreien Anreise müssten die Urlauber aber auch vor Ort mobil sein können. „Ein gelungenes Modell, um den Urlauber zum Umsteigen auf umweltfreundliche Verkehrsmittel zu motivieren, sind kommunal oder regional gültige Gästekarten, wie es zum Beispiel die KONUS-Gästekarte im Schwarzwald ist“, sagte Meyer.