Neues Rechtsgutachten stärkt das Grundrecht auf unternehmerische Freiheit. Kein Wahlrecht der Behörden bei Vorgabe von Höchsttarifen.

Mo, 04.12.2017

Der Verwaltungsrechtsexperte Professor Jan Ziekow stärkt in einem aktuellen Gutachten den Kern des novellierten Personenbeförderungsgesetzes: Es existiert kein Wahlrecht im Hinblick auf den Erlass allgemeiner Vorschriften bei der Vorgabe von Höchsttarifen für den ÖPNV.

Kommunale Aufgabenträger haben bei der Vorgabe von Höchsttarifen für den ÖPNV kein Wahlrecht zwischen dem Erlass allgemeiner Vorschriften oder der Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages im ÖPNV. In einem neuen Gutachten bestätigt der anerkannte Verwaltungsrechtsexperte Professor Jan Ziekow eindeutig diese Position, die in den zurückliegenden Jahren unter anderem auch Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, und der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer vertreten haben. Ein in der Verwaltungspraxis häufig angenommenes Wahlrecht für Aufgabenträger besteht somit nicht.

„(…) Durch die die grundrechtlich geschützte unternehmerische Freiheit verkürzte Festsetzung von Höchsttarifen wird es einem Unternehmen häufig unmöglich, die Verkehrsleistung zu dem von ihm als kostendeckend kalkulierten Tarif, d.h. zu Marktbedingungen, anzubieten. Die Gewährung einer Ausgleichsleistung vermag diesen Nachteil zwar wieder auszugleichen, zwingt den Unternehmer jedoch in die seine Eigeninitiative einschränkenden Verfahrensvorgaben des Art. 5 Verordnung (EG) Nr. 13707/07, soweit der Ausgleich im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages gewährt wird. Die Stellung eines Genehmigungsantrags ist ihm nun nicht mehr möglich. Sein grundrechtlicher Status quo ante wird in diesem Fall daher nicht wiederhergestellt.

Für den Ausgleich bei der Festsetzung von Höchsttarifen ist durch Rückgriff auf das Instrument der allgemeinen Vorschrift hingegen eine solche Wiederherstellung der unternehmerischen Freiheit möglich. Da die Ausgleichsgewährung über eine allgemeine Vorschrift das Vorliegen der Eigenwirtschaftlichkeit nicht schmälert (§ 8 Abs. 4Satz2 PBefG), schont sie die grundrechtliche Position der Verkehrsunternehmen im Vergleich zur Ausgleichsgewährung im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags weitergehend.

Das dem Aufgabenträger eingeräumte Ermessen zur Gewährung eines Ausgleichs für die Festsetzung von Höchsttarifen entweder im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags oder über den Erlass einer allgemeinen Vorschrift wird daher durch das grundrechtliche Gebot weitestmöglicher Schonung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit eingeschränkt (…).“

Seit dem Inkrafttreten des novellierten PBefG im Jahr 2013 beschäftigt Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen die Auslegung des Gesetzes. Während unter anderem der bdo stets auf den darin formulierten Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit verwies, nahmen zahlreiche Aufgabenträger und deren juristische Beratung ein sogenanntes Wahlrecht für sich in Anspruch. Eine Entscheidung vor dem Bundesverwaltungsgericht steht hierzu noch aus. Mit dem ausführlichen Gutachten des Verwaltungsrechtsexperten Ziekow wird die Auffassung der privaten Busunternehmer in Deutschland aber nachhaltig gestärkt.

Mehr Informationen über die Hintergründe für seine Einschätzung wird Professor Ziekow am 31. Januar 2018 in Berlin aufzeigen. Er stellt dort die zentralen Ergebnisse und Argumentationen seines Gutachtens im Rahmen des bdo-Unternehmer-Workshops ÖPNV vor. Eine Voranmeldung zur Veranstaltung ist möglich per Mail an info@bdo.org.

Zur Person: Professor Jan Ziekow ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, insbesondere allgemeines und besonderes Verwaltungsrecht an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer.