IAA-Symposium: smart move: Buslinienfernverkehr – mehr Mobilität/ weniger Verkehr“
Experten diskutieren verkehrspolitischen Paradigmenwechsel
In Deutschland steht ein verkehrspolitischer Paradigmenwechsel an: Der Linienfernverkehr mit Bussen wird weitgehend liberalisiert. Die Bundestagsfraktionen, die Länder und die Bundesregierung haben mit einer parteiübergreifenden Einigung grünes Licht für den umweltfreundlichen und sozialen Fernverkehr mit Bussen geben. „Das ist ein ermutigendes Signal für Reformfähigkeit unseres Landes. Nun kann – neben der Bahn, dem Pkw und dem
Flugzeug – die vierte Säule des Personenfernverkehrs entstehen“, sagte Dr. Kay Lindemann, Geschäftsführer des Verbandes der Automobilindustrie beim IAA-Symposium „Buslinienfernverkehr – mehr Mobilität/weniger Verkehr“ vor über 100 Teilnehmern.
Vertreter der Bundesregierung, der Länder und der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen hatten sich vor kurzem auf einen gemeinsamen Entwurf zur Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes geeinigt. Bestandteil der Einigung ist auch die Freigabe des Buslinienfernverkehrs. Lindemann: „Gerade bei den hohen Kraftstoffpreisen bietet der Bus eine preisgünstige, klimaschonende und sichere Alternative. Der Fernbus könnte Deutschlands sozialstes Fernverkehrsmittel werden, weil er Mobilität zum kleinen Preis bietet. Er richtet sich gerade auch an Zielgruppen, deren Fernverkehrsmobilität bisher eingeschränkt ist. Der Bus macht diese Menschen deutlich mobiler und ermöglicht ihnen zusätzlich gesellschaftliche Teilhabe.“
Auch Dr. Frank Nägele, Staatssekretär für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein, lobte den parteienübergreifenden Beschluss zur Freigabe des Buslinienfernverkehrs: „Wir haben eine wichtige Einigung zum Personenbeförderungsgesetz und zum Fernbus erzielt. Das ist ein guter Kompromiss.“ Nägele weiter: „Wenn sich der Fernbus bewährt, wird er ein ganz selbstverständlicher Bestandteil unseres Verkehrssystems werden.“ Dazu sei eine gute Anbindung der Busbahnhöfe an den weiteren Öffentlichen Personenverkehr notwendig. Nägele: „Zentrale Omnibusbahnhöfe müssen auch nahtlos an U-Bahn, S-Bahn und Regionalverkehr angeschlossen sein. Hier besteht Nachholbedarf.“ Als weitere Herausforderung nannte Nägele die Barrierefreiheit im Buslinienfernverkehr: „Wir sollten uns gemeinsam das Ziel setzen, dass mobilitätseingeschränkte Menschen ohne Einschränkungen Zugang zum Öffentlichen Personenverkehr haben. Für den Buslinienfernverkehr wird es für diese Anpassungen angemessene Übergangsfristen geben.“
Auf den gesellschaftlichen Nutzen wies auch Wolfgang Steinbrück, Präsident des Bundesverbands der Omnibusunternehmer, hin: „Durch die Liberalisierung des Fernbuslinien-verkehrs wird den Verbrauchern nicht nur eine günstige, sondern auch besonders umweltfreundliche Alternative eröffnet. Der Bus ist Rekordhalter in Sachen Wirtschaftlichkeit und Klimaverträglichkeit. Jeder einzelne Bus ersetzt auf der Straße gut 30 Pkw. Damit entlastet er die Autobahnen schon heute um mehrere Milliarden Fahrzeugkilometer. Dieser Vorteil für Mensch und Umwelt wird zukünftig noch größer werden.“ Das Bahnmonopol sei im Fernverkehr nicht mehr zeitgemäß gewesen, da in diesem Segment heute zahlreiche eigenwirtschaftliche Verkehre um Fahrgäste werben. Steinbrück weiter: „Dass dies auch gut nebeneinander funktioniert, kann man deutlich auf der Strecke Hamburg-Berlin sehen. Ein gutes Angebot von Bus und Bahn macht den öffentlichen Verkehr attraktiv.“
An der Podiumsdiskussion nahmen neben Staatssekretär Dr. Nägele, bdo-Präsident Steinbrück und RDA-Präsident Eberhardt auch Verkehrsconsultant Ralf Ratzenberger, Yves Mannaerts, Vizepräsident der International Road Transport Union (IRU) und die Unternehmer Gören Schwind von MFB MeinFernbus und Christian Janisch von DeinBus.de teil. Die Veranstaltung wurde moderiert von Anja Smetanin vom Verkehrsclub Deutschland (VCD).