Deutschlands erstes ÖPNV-Transparenzregister kurz vor dem Start: „Die neue Onlineplattform wird dringend gebraucht.“
Wissenschaftler der Hochschulen Heilbronn und Worms haben in Berlin über den Projektstand beim Aufbau des ersten ÖPNV-Transparenzregisters für Deutschland informiert. Die bisherige Datensammlung zeigt bereits, dass Aktualität, Konsistenz und Vergleichbarkeit der derzeit einsehbaren Informationen fehlen. Die in der EU-Verordnung Nr. 1370/2007 vorgesehene Transparenz existiert nicht. Der erwünschte Nutzen für Branche und Öffentlichkeit blieb daher bislang aus.
Berlin, den 19. März 2019 – Wissenschaftler der Hochschulen Heilbronn und Worms haben am 19. März im Rahmen der BUS2BUS 2019 in Berlin über das im Aufbau befindliche ÖPNV-Transparenzregister für den Busverkehr in Deutschland informiert. Das Projektteam unterstrich bei der Vorstellung das grundlegende Ziel für das Register, mit dem erstmals Informationen über den nationalen ÖPNV-Markt in Form eines digitalen „Nachschlagewerks“ für die Allgemeinheit zugänglich gemacht werden. Damit entsteht nun jene Transparenz, die in Art. 7 der EU-Verordnung Nr. 1370/2007 schon lange gewünscht und gefordert war. Mit der Berichterstattung wollte die EU-Kommission unter anderem Wettbewerbsverzerrungen im ÖPNV vermeiden und Konsistenz und Vergleichbarkeit erreichen – zum Nutzen der Branche und der Öffentlichkeit.
Die laufenden Arbeiten für das ÖPNV-Transparenzregister haben nun in der Breite gezeigt, was Branchenkenner bislang im Einzelnen wahrnehmen mussten: Insbesondere mit der ex post-Berichtspflicht wird sehr unterschiedlich umgegangen, so dass eine Transparenz noch nicht gegeben ist. Bei 122 Aufgabenträgern ist der jüngste frei verfügbare Bericht nicht aktuell – teilweise datieren die neuesten Informationen aus den Jahren 2011 oder 2012. Nach Recherchen berichten 72 Aufgabenträger derzeit online überhaupt nicht gemäß Artikel 7. Hinzu komme, dass die wenigstens vorliegenden Berichte wirkliche Transparenz schaffen, da es zu wenige oder zu viele Angaben sowie wechselnde Bezugsgrößen gibt. Für Deutschland müsse daher zum jetzigen Zeitpunkt ein Informationsdefizit diagnostiziert werden, während Länder wie Schweden zeigen, dass Transparenz sehr wohl herzustellen ist. Um dies zu verändern, trägt das wissenschaftliche Projektteam derzeit selbst deutschlandweit drei Gruppen von Kennzahlen zum ÖPNV-Markt zusammen: Finanzkennzahlen, Leistungskennzahlen und Strukturdaten wie Einwohner, Fläche und Schülerzahlen, um der Unterschiedlichkeit der Aufgabenträger gerecht zu werden und entsprechende Verhältniskennzahlen bilden zu können. Parallel hierzu entsteht ein Internetportal, auf dem die Daten eingestellt und verfügbar gemacht werden.
„Die bisherigen Arbeiten für die Datenerhebung für das erste ÖPNV-Transparenzregister in Deutschland machen noch einmal deutlich, wie wichtig und notwendig dieses Projekt ist“, sagte Professor Tobias Bernecker von der Hochschule Heilbronn stellvertretend für die beteiligten Wissenschaftler zum Stand und zu den Herausforderungen beim Aufbau des ÖPNV-Transparenzregisters. „Wir sehen bereits jetzt deutlich, dass die von der EU gewollte und für die Bürgerinnen und Bürger mehr als wünschenswerte Transparenz in diesem Markt nicht flächendeckend existiert. Leider sind uns hierbei andere weit voraus. Das wird sich mit der Live-Schaltung des neuen Internetportals gegen Ende 2019 ändern.“
Für die Auftraggeber unterstrich Karl Hülsmann, Präsident des Bundesverbands Deutscher Omnibusunternehmer, die Bedeutung des Projekts: „Die bisherigen Recherchen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, dass wir uns hier ein hohes Ziel gesteckt haben, das sehr umfangreiche Arbeiten erforderlich macht. Wir glauben aber fest daran, dass dieser Aufwand notwendig ist und Wertvolles im öffentlichen Interesse leistet. Die Klimaziele der Bundesregierung, bestehende Schadstoffgrenzwerte und die sich wandelnden Mobilitätsbedürfnisse der Menschen sorgen dafür, dass wir in Deutschland unweigerlich an der Schwelle zu einem deutlichen Ausbau des öffentlichen Personenverkehrs stehen. Um dieses gewünschte und benötigte Wachstum im ÖPNV überhaupt finanzieren und gestalten zu können, brauchen wir eine stabile Faktenbasis. Das ÖPNV-Transparenzregister ist dafür mitentscheidend und somit überaus wichtig für die Gestaltung der Mobilität der Zukunft.“
Weitere Hintergrundinformationen zum ÖPNV-Transparenzregister finden Sie hier.