Busunternehmen vermissen laut neuer Umfrage politische Unterstützung für umweltfreundlichen öffentlichen Personenverkehr
Während Nachhaltigkeit im Mobilitätssektor immer bedeutsamer wird, spiegelt sich die hervorragende Umweltbilanz von Bussen trotz ambitionierter Klimaziele noch nicht in guten Rahmenbedingungen. Das zeigt die bdo-Konjunkturumfrage 2019/2020. Weitere Problemfelder in der Praxis der Busunternehmen sind der Fahrermangel, der hohe administrative Aufwand und die fehlende Wirtschaftlichkeit im Betrieb von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben. Große Probleme drohen aktuell darüber hinaus durch die Folgen der Ausbreitung de Coronavirus in Deutschland und Europa.
Der Bus als umweltfreundlichstes motorisiertes Verkehrsmittel in Deutschland erhält derzeit noch nicht genug Rückhalt in der Politik. Diese Botschaft hat der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) am 04. März bei der Vorstellung der Ergebnisse seiner Konjunkturumfrage 2019/2020 als ein zentrales Ergebnis bekanntgegeben. Bei der Umfrage unter den privaten Busunternehmerinnen und Busunternehmern kam heraus: Fast 90 Prozent (89,8) der Befragten geben an, dass die hervorragende Umweltbilanz des Busverkehrs in den politischen Rahmenbedingungen nicht angemessen berücksichtigt wird. Diese Einschätzung zieht sich dabei durch alle Einzelbereiche der Branche – ÖPNV, Fernlinienverkehr und Touristik – hindurch. Dieser Umstand ist auch insofern eine Enttäuschung, da ein Großteil der Unternehmerinnen und Unternehmer den Schutz natürlicher Ressourcen gleichzeitig für hoch relevant hält: 61,2 Prozent der Befragten sagten, dass Nachhaltigkeit aktuell ein Thema für sie ist. Und fast die Hälfte (47,3) geht darauf auch schon im Zuge einer umweltschonenden Programmplanung ein.
Antriebswende meist noch nicht wirtschaftlich tragbar. Mehr als 91 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer geben bei der Konjunkturumfrage zudem an, dass Dieselfahrzeuge in den kommenden fünf Jahren nicht vollständig ersetzt werden können. Ein anderes eindeutiges Ergebnis steht in engem Zusammenhang dazu: 92,3 Prozent der Befragten sagen, dass alternative Antriebe derzeit noch nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Ein weiterer negativer Faktor für die Busbranche ist der hohe administrative Aufwand, der sich laut Unternehmerinnen und Unternehmern merklich nachteilig auf das Geschäft auswirken kann. 67,5 Prozent aller Befragten nannten dies als Herausforderung für ihre Arbeit.
Zu den Ergebnissen der aktuelle Konjunkturumfrage sagte bdo-Präsident Karl Hülsmann: „Wir erleben derzeit, dass große Chancen beim Schutz des Klimas ungenutzt bleiben. Denn der Bus als umweltfreundlichstes motorisiertes Verkehrsmittel muss derzeit leider bei allen Versuchen, die Emissionen im Mobilitätssektor zu reduzieren, hinter der Schiene zurückstehen. Das ist mit Blick auf die hervorragende Umweltbilanz unserer Fahrzeuge ungerecht. Es ist vor allem aber auch ein strategischer Irrweg. Denn nur der Busverkehr kann jetzt schnell und flexibel wachsen und Pkw im Straßenbild ersetzen, während im Schienensektor über viele Jahre erst einmal die Infrastruktur ertüchtigt werden muss. So lange kann das Klima aber nicht warten. Und so lange wollen auch die Menschen auf den Straßen nicht warten. Ich hoffe daher, dass wir schon bald den deutlichen Angebotsausbau im Busverkehr erleben.“
ÖPNV: Leichtes Wachstum bei Fahrgästen kommt nicht bei Unternehmen an. Viel ist in der Öffentlichkeit vom Ausbau des öffentlichen Verkehrs zu hören, mit dem die Emissionen sinken sollen. Die Realität sieht anders aus: Etwa 60 Prozent der ÖPNV-Unternehmen konnten für 2019 kein Wachstum bei den Fahrgastzahlen angeben. 42 Prozent sehen die Rendite sogar als ungünstiger an als im Vorjahr. Zudem wird der Fahrermangel im ÖPNV-Segment als besonders gravierend betrachtet: 66 Prozent der Befragten konnten aus diesem Grund bestimmte Fahrten nicht mehr anbieten. Und: Rund 61 Prozent der Unternehmen mit ÖPNV-Schwerpunkt sind der Ansicht, dass Kommunen den Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit nicht ausreichen beachten. Rund 40 Prozent befürchten sogar die Ausweitung der Kommunalisierung durch Direktvergaben.
Bustourismus: Die Reisen sind kürzer und bleiben öfter in Deutschland. Kürzer und im Inland. So lässt sich der Haupttrend innerhalb des Touristik-Sektors beschreiben. Während 27 Prozent der Befragten die Buchungszahlen im Inland als günstiger (14 ungünstiger) als im Vorjahr beschreiben, ist es bei Fahrten ins Ausland anders herum. 14 Prozent sehen diese günstiger und 33 Prozent ungünstiger als im Vorjahr. Überwiegend positive Einschätzungen gibt es beim Blick auf den Tagesausflugsverkehr. 27 Prozent erwarten eine günstige Entwicklung, nur 17 Prozent rechnen mit Rückgängen. Für die längeren Busreisen wird hingegen für die Zukunft mehrheitlich mit einer negativen Entwicklung gerechnet. 27 Prozent der Befragten glauben an eine ungünstige Veränderung. 16 Prozent wähnen sich vor einer günstigen Phase. Immerhin: Für die Zukunft rechnen 56 Prozent der Befragten mit Wachstum beim Inlandstourismus. Für Buchungen ins Ausland sind es nur 14 Prozent, die optimistisch nah vorne schauen. 33 Prozent erwarten eine ungünstige Entwicklung.
Fernlinienverkehr: Es wäre so viel mehr möglich. Im Gesamtbild ist für den Fernbusverkehr eine leichte Stimmungsaufhellung zu erkennen, nach den historisch schlechten Werten im Vorjahr. Der Prozentsatz der Unternehmen, die eine ungünstigere Geschäftslage meldete, sank beispielsweise von 55 Prozent auf 33 Prozent. Verbesserungen sahen nun hingegen 26 Prozent statt der 20 Prozent im Vorjahr. Die Werte geben aber damit noch immer keinen Anlass zur Zufriedenheit. 100 Prozent Einigkeit herrscht im Branchensegment, dass die hervorragende Umweltbilanz des Busverkehrs in den aktuellen politischen Rahmenbedingungen nicht ausreichend berücksichtigt wird.
Zum Hintergrund: Die Konjunkturumfrage des bdo bietet bereits zum 15. Mal ein Stimmungsbild der Branche – aufgeteilt in die drei Segmente im Busgewerbe: ÖPNV, Touristik und Fernlinienverkehr. Die vorliegende Brancheneinschätzung des mittelständischen Omnibusgewerbes basiert auf den Aussagen von 425 Entscheidern aus privaten Busunternehmen, die an der Umfrage teilgenommen haben. Für die Darstellung der nachfolgenden Konjunkturergebnisse werden Salden verwendet, welche die Differenz zwischen „günstiger“- und „ungünstiger“-Anteilen im Vergleich zum Vorjahr ausweisen. Grundsätzlich werden die Unternehmen bei der Einschätzung der Lage nach „günstiger“, „gleichbleibend“ oder „ungünstiger“ gefragt.
Die vollständige Konjunkturumfrage des bdo für 2019/2020 finden Sie als Download hier.