bdo und VDV geschlossen für Reform des Busführerscheins
Mehr Busfahrerinnen und -fahrer braucht das Land! Das machen der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen e. V. (bdo) und der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e. V. (VDV) in ihrem gemeinsamen Positionspapier deutlich. Ohne zusätzliches Fahrpersonal sehen sie nicht nur die Verkehrswende, sondern zunehmend das bestehende ÖPNV-Angebot in Gefahr. Als große Hürde für den Berufszugang in Deutschland identifizieren bdo und VDV den langwierigen und kostenintensiven Erwerb des Busführerscheins und der Berufskraftfahrerqualifikation. Mit konkreten Reformvorschlägen richten sich die beiden Branchenverbände deshalb an die Politik und das zuständige Bundesministerium für Digitales und Verkehr.
Schon heute fehlen bundesweit rund 20.000 Busfahrerinnen und Busfahrer im ÖPNV. Dies hat zur Folge, dass rund 80 Prozent der Unternehmen aufgrund des Fahrpersonalmangels von mittelschweren bis erheblichen Auswirkungen auf ihr Unternehmen berichten. Die Folgen: Fahrpläne werden ausgedünnt, Fahrten fallen aus. Zudem ist mehr als die Hälfte des Fahrpersonals älter als 50 Jahre. Bis 2030 werden daher jährlich durchschnittlich etwa 6.000 Fahrerinnen und Fahrer in den Ruhestand wechseln. bdo und VDV gehen davon aus, dass bis 2030 rund 50.000 bis 60.000 Busfahrerinnen und -fahrer im ÖPNV fehlen werden. Hinzu kommt ein weiterer Bedarf für den ÖPNV-Ausbau und für die Schienenersatzverkehre der umfassenden Sanierungsvorhaben der Bahn.
Die Unternehmen haben bereits zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um dem Fahrpersonalmangel entgegenzuwirken, etwa die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Imageförderung des Berufsbilds oder einer möglichst attraktiven Fahr- und Dienstplanung. Andere Regularien werden vom Bund festgelegt: So ist aus Branchensicht der Erwerb des Busführerscheins und der Berufskraftfahrerqualifikation eine große Hürde für den Berufszugang in Deutschland. Die Kosten und der zeitliche Aufwand für deren Erwerb sind hierzulande deutlich höher als in benachbarten EU-Ländern. Aus diesem Grund machen die Branchenverbände in ihrem gemeinsamen Positionspapier Vorschläge für die Reform der Fahrausbildung und der Berufskraftfahrerqualifikation und mahnen, diese zentralen Maßnahmen zügig umzusetzen, damit der bestehende ÖPNV gesichert und sein Ausbau im Sinne der Verkehrswende realisiert werden kann.
Konkret schlagen die Verbände in ihrem Positionspapier vor:
– Streichung der Pflichtstunden für die Führerschein-Grundausbildung analog dem Lkw
Lkw- und Bus-Fahrer/-innen haben nahezu identische Ausbildungen mit vergleichbaren Fahrzeugen – Entsprechend gleich sollte auch die Fahrausbildung sein. Daher sind wie beim Lkw auch beim Busführerschein die Pflichtstunden der Grundausbildung zu streichen. Das heißt: Die individuelle Bewerberkompetenz sowie die Beurteilung der Fahrlehrerin oder des Fahrlehrers entscheiden darüber, wie viele Fahrstunden – über die besonderen Ausbildungsfahrten hinaus – Bewerber für die Fahrbefähigung bzw. Prüfungsreife benötigen.
– Berufskraftfahrer-Grundqualifikation praxistauglich reformieren
In Deutschland kann die Berufskraftfahrerqualifikation derzeit als sogenannte „beschleunigte Grundqualifikation“ mit 140 Pflichtstunden oder als sogenannte „Grundqualifikation“ im Selbststudium erworben werden. Aufgrund der aktuellen Ausgestaltung der Grundqualifikation wird diese in der Praxis kaum in Anspruch genommen – insbesondere ist das Selbststudium ohne ergänzendes Schulungsangebot eine Hürde. Bei entsprechender Umsetzung wäre die „Grundqualifikation“ jedoch die schnellere Variante der Qualifizierung. bdo und VDV schlagen daher vor, die „Grundqualifikation“ zusammen mit der Busführerscheinausbildung zu schulen, um ein Schulungsangebot zu schaffen. Zudem sollte die praktische Busführerschein- und Grundqualifikationsprüfung – um Synergieeffekte zu erzielen – zusammen geprüft und auch für die Grundqualifikation fremdsprachige Multiple-Choice-Prüfungen eingeführt werden.
Die Fahrerlaubnis und die Berufskraftfahrerqualifikation könnten so deutlich schneller und günstiger erworben werden – mit identischen Ausbildungsinhalten und gleich hohen Prüfungsanforderungen. In einigen europäischen Nachbarstaaten ist dies bereits gängige Praxis. Darüber hinaus werden weitere ergänzende Themen vorgeschlagen, wie die Verringerung doppelter Theorie-Lerninhalte in der Führerscheinausbildung und der „Beschleunigten Grundqualifikation“ sowie die stärkere Anerkennung der Führerscheine von weiteren Ländern.
Karl Hülsmann, bdo-Präsident, sagte dazu in Berlin: „Die aufgeblähten Vorgaben ziehen sich wie ein roter Faden durch die Busfahrausbildung. Während dieselbe Ausbildung in Österreich in weniger als 40 Stunden und für knapp 3.000 bis 4.000 Euro durchgeführt wird, müssen deutsche Busbetriebe mittlerweile bis zu 14.500 EUR veranschlagen. Diese Diskrepanz sprengt endgültig den Rahmen. Wir benötigen dringend eine schlanke und effiziente Busfahrausbildung. Dies ist ohne Abstriche bei der Qualität und Sicherheit möglich – Dafür sorgen die gleichbleibenden Ausbildungs- und Prüfungsanforderungen.“
VDV-Vizepräsident Werner Overkamp: „Es gibt die Einigkeit in der Branche, dass eine Reform der Busfahrerausbildung erforderlich ist und dies neben anderen wichtigen Themen, wie der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei der Dienstplangestaltung und mehr Teilzeitangeboten, aber auch der Verbesserung des Berufsbildes dazu führt, dass wir auch in Zukunft ausreichend Kandidaten für den wichtigen Beruf des Busfahrers und der Busfahrerin gewinnen können. Nur so können wir mittel- und langfristig das ÖPNV-Angebot sichern und weiter ausbauen.“
Das gemeinsame Positionspapier von bdo und VDV finden Sie hier.