bdo fordert ehrliche Debatte über die zukünftige Organisation des ÖPNV – Private Unternehmen können Verkehr effizienter organisieren und Ausgleichsleistungen gering halten
bdo-Präsident Karl Hülsmann ist verwundert über den aktuellen – und für die im ÖPNV tätigen Akteure völlig überraschenden – Vorstoß der Bundesregierung zu einem kostenlosen ÖPNV-Angebot. Er regt diesbezüglich eine offene Debatte über die Planung und Ausgestaltung sowie die Finanzierung des öffentlichen Verkehrs in Deutschland an. Die Ballungsräume stehen hierbei nicht für sich, sondern sind im Zusammenhang mit ihrem Umland und den entsprechenden Verkehrsströmen zu betrachten. Der Verbandspräsident fordert grundsätzlich eine Rückbesinnung auf die Prinzipien der Marktwirtschaft im ÖPNV – zugunsten der Umwelt und der Gesundheit der Fahrgäste.
Der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Omnibusunternehmer (bdo), Karl Hülsmann, hat sich am Mittwoch verwundert gezeigt über den aktuellen Vorschlag der Bundesregierung zur Erprobung eines kostenlosen ÖPNV-Angebots. Jede Initiative, die auf eine Stärkung und einen Ausbau des öffentlichen Verkehrs abziele, sei zwar zunächst positiv zu bewerten, so Hülsmann. „Die von der Bundesregierung angedachten Maßnahmen werden ihr Ziel jedoch verfehlen“, sagt der bdo-Präsident voraus, „da sie sich ausschließlich an Stadtgrenzen orientieren und dabei die täglich in die Zentren einfahrenden Pkw-Ströme aus dem Umland nicht berücksichtigen. Diese tragen allerdings zu einem großen Teil zur Luftverschmutzung in den Städten bei. Einfahrverbote würden die vielen pendelnden Menschen zusätzlich belasten und sind auch nicht realistisch, da es nicht genügend versiegelte Parkflächen an den Stadträndern gibt.“ Hier sei der Umstieg auf den Bus von Haustür zu Haustür notwendig und sinnvoll, so Hülsmann. „Denn so, wie die Luft nicht an den Stadtgrenzen halt macht, machen es die Pendler auch nicht, die ihre Wohn- und Arbeitsorte erreichen wollen.“
Hülsmann ruft in diesem Zusammenhang nachdrücklich auf, jetzt keinen Schnellschuss zu wagen, sondern mit allen wichtigen Beteiligten, dem Bund, den Ländern, den Städten und Landkreisen, sowie den öffentlichen und privaten Verkehrsunternehmen einen sinnvollen Dialog über die zukünftige Planung und Organisation sowie die Finanzierung der öffentlichen Personenbeförderung zu führen.
„Es gibt in Deutschland einen breiten gesellschaftlichen Konsens darüber, dass wir mehr öffentlichen Verkehr wollen“, sagte der bdo-Präsident zum Ausgangspunkt der aktuellen Debatte. „Jetzt müssen wir im zweiten Schritt ernsthaft diskutieren, wie wir auch die Fahrgäste in den ÖPNV bekommen, die bisher den Pkw genutzt haben. Das sind die vielen Pendler. Es bringt ja nichts, wenn mehr ÖPNV-Fahrleistung produziert wird, jedoch nicht die Menschenerreicht werden, die mit einem Umstieg auf den öffentlichen Verkehr tatsächlich zur Lösung des Umweltproblems beitragen können.“
„Private Verkehrsunternehmen können den ÖPNV effizienter planen und organisieren als kommunale Anbieter – und dadurch die notwendigen Ausgleichsleistungen etwa für kostenlose Angebote gering halten“, formuliert Hülsmann weiter. „Gerne bringen wir uns mit dieser Expertise noch stärker ein. Wir brauchen dabei aber eine klare Regelung für transparente und faire Finanzierungsstrukturen mit allgemeinen Vorschriften. Wenn wir es damit möglich machen, dass sich das Potenzial und die Leistungsfähigkeit der privaten Unternehmen voll entfalten, können wir den gewünschten ÖPNV-Ausbau mit vergleichsweise geringeren Kosten stemmen. So wird es doch überhaupt erst möglich, die Umwelt und die Gesundheit der Menschen zu schützen.“
„Ein klares Bekenntnis zu Wettbewerb und Marktwirtschaft im ÖPNV, so Hülsmann weiter, „würde die Verkehrswende über einen Ausbau des ÖPNV leichter finanzierbar machen und dadurch überhaupt erst realistisch werden lassen. Derzeit geht die Entwicklung leider in die entgegengesetzte Richtung und effiziente privatwirtschaftliche Strukturen werden im Zuge einer Kommunalisierungswelle zerstört.“
Der bdo beobachtet aktuell im ÖPNV in Deutschland eine Entwicklung, bei der mehr und mehr Städte und Gemeinden den echten Wettbewerb im ÖPNV-Sektor abwürgen und sich stattdessen auf eine Bevorteilung von kommunalen Betrieben festlegen. Ineffiziente Strukturen können dadurch erhalten bleiben oder sogar neu entstehen. Ein privatwirtschaftlich organisierter Nahverkehr setzt hingegen stärker auf effiziente Angebote und die Gewinnung von Fahrgästen. „Jeder durch Effizienz gesparte Euro ist ein Euro, der direkt in den ÖPNV und damit in den Schutz von Gesundheit und Umwelt fließen kann“, sagt Hülsmann zur möglichen Rolle der privaten Verkehrsunternehmen.